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KATYA denkt in oversize // Porträt

KATYA denkt in oversize // Porträt

Auf Spotify sind es gerade mal zwei Tracks, sieben Minuten und 28 Sekunden, die uns verraten wer KATYA ist. Leichte Gitarren- und Klavier-Klänge, dezente Drums, eine ruhige, zarte Stimme, die dann doch unglaublich kraftvoll darüber schwingt. KATYA macht Musik, die man nicht so einfach labeln kann. Emotional, aber voller Leichtigkeit, der sprachliche Fokus darauf, möglichst verträumt zu klingen. Der Einfachheit halber könnte man sagen, eine Mischung aus Pop, Neo-Soul und R’n’B. Und wenn schon in eine Schublade, dann in die, die das Herz höher schlagen, manchmal vielleicht auch die Tränen fließen lässt.

Wer sich ihren Instagram-Account anschaut, wird schnell merken, dass die zwei Singles nur die Ruhe vor dem Sturm sind. Fast täglich singt sie ihren Followern mit Freestyles und Ausschnitten fertiger Songs entgegen. Es lässt nur erahnen, dass da jemand hoch motiviert ist. Mit den Videos und Song-Snippets, die sie postet, lockt sie Leute an, teasert sie mit kleinen Einblicken. Wer mehr hören will, muss noch Geduld haben. Die Snippets geben aber nicht nur Einblicke, sondern auch ein Gefühl, eine Vorahnung, dass da noch Großes kommen könnte. Im Gespräch erzählt uns die Newcomerin von ihrem Leben – online und offline, von ihrem Faible für oversized Anzüge, von ihrem Werdegang und wo sie noch hin will.

Aufgewachsen in Bad Hall in Oberösterreich sind es Musicals, die die Welt der Musik für sie öffnen. Im Nachmittagsprogramm des Stiftsgymnasiums, das sie in der Unterstufe besucht, spürt sie erstmals ihre Liebe fürs Performen und Singen aufkeimen, als sie die Lieder und Melodien von „CATS“ zum besten gibt. Dann Gitarren- und Klavier-Unterricht, mit elf Jahren der Entschluss, eigene Lieder zu schreiben. Später wechselt sie auf das BORG Linz. Jene Schule, in der etwa die Mitglieder der Bands Bilderbuch, Leyya oder Folkshilfe ihre Kaugummis unter die Schultische geklebt haben.

2020 folgt die Entscheidung – sie geht raus mit ihrer Musik. Aus Katja Frießnegg wird KATYA. Ein Name, der die Kunstfigur von der Person trennt, ihr aber dennoch nahestehen lässt. Und auch einfach weil es grafisch schöner ausschaut. „Goodbye“ heißt der erste Song, den sie mit Freunden in Wien produziert, allein das Timing war „nicht so super„, erinnert sich die Sängerin. Denn einen Monat später beginnt der erste Lockdown in Österreich, erstmal also keine Konzerte. Die eh schon turbulente Zeit wird für KATYA nochmal schwieriger, als die Beziehung mit ihrem Freund in Brüche geht. Ihr zweiter Song „Something New“ markiert den Neuanfang.

https://www.youtube.com/watch?v=C8t91xhvroM&ab_channel=KATYA

„Es war ein riesiger Step, weil es war der erste richtige persönliche Song. Es war auch das Ende einer fünfjährigen Beziehung, ich fühlte mich wirklich lost. Ich hab mir dann gedacht, OK, jetzt konzentriere ich mich auf mich – was man dann halt so probiert. ‘Something new’ war der Schritt, der mein Leben wirklich verändert hat.“ In dieser Zeit kommt sie mehr aus sich raus, bekommt mehr Selbstbewusstsein. „Es ist schon ein bisschen crazy und surreal, was so passiert, wenn man nur einen so kleinen Step macht. Es sind Musiker:innen auf mich aufmerksam geworden, ich hab Anfragen für Features, Songwriting usw. bekommen.“ In dieser Phase lernt sie auch ihre fixen Produzenten und Manager kennen – über Instagram connectet sie sich mit Niklas Apfel und Philip Stoeckenius von Kaltenkirchen. Die beiden helfen ihr dabei, an ihrem Sound zu feilen. Es entsteht ein fixes Team, eine kleine Family.

Gemeinsam arbeiten sie an neuen Songs, nutzen die Zeit der ewigen Lockdowns zum Schreiben und Produzieren. Wie der neue Sound klingen wird, bleibt vorerst noch offen. Ähnlich soll es laut KATYA schon sein, zumindest wenn man die Weiterentwicklung ihrerseits und die Antischlager-Vibes der Boys mit einberechnet. Mit dem Nicht-Veröffentlichen der 10-15 Songs, die sie mittlerweile am Start hat, stellt sie sich selbst auf eine Geduldsprobe. „Ich war am Anfang eher so, alles schnell rausbringen, aber der Philip hat mich ein bisschen zur Realität zurückgebracht. Er hat gesagt: ‚Hey, in der Musik hast du manchmal nur eine Chance und die müssen wir gscheid nutzen.'“ Die Musik bleibt also vorerst daheim, bis ein fixer Plan steht. „Wenn wir das rausbringen, soll’s halt gleich groß werden.“

Kleider machen Leute, hat mal irgendwer gesagt und wenn KATYA ihre oversized Sakkos trägt, dann ist das wie eine Metapher ihrer eigenen Träume und Zukunftspläne. „Ich bin eine Person mit großen Träumen. Vielleicht drifte ich da manchmal zu arg ab. Aber ich würde schon gern mal große Hallen füllen“, erzählt sie und man glaubt ihr, dass sie es Ernst meint. Mit derselben Ernsthaftigkeit trägt sie die geerbten Anzüge ihres Opas und entwickelt damit fast einen Signature-Look. „Mein Kleiderschrank besteht zu 90 Prozent aus oversized Sachen, aber dadurch möchte ich nicht meinen Körper verhüllen. Unter dem Anzug trag ich manchmal nur einen BH, ein Crop-Top oder was auch immer. Ich finde diesen Kontrast ganz schön, mir gefällt das und es ist auch ein Statement.“

Wer sie so reden hört, merkt, dass ihrer Familie ihr nicht nur Sakkos in Übergröße mitgegeben hat, sondern auch eine gewisse Offenheit und Ehrlichkeit, mit der sie durchs Leben geht. Das macht sich auch auf Social-Media bemerkbar. Und das feiert vor allem die Generation junger Leute, die von den Künstler:innen ihrer Zeit mehr wollen als nur ihre Kunst: Privates, Emotionales, sneak peeks in Studio-Sessions und Einblicke ins Leben. „In honor of this very important day I decided to share a snippet of my song UNKNOWN which is about my panic attacks and anxiety disorder. I wanna speak up for all the people who also struggle with mental health problems and are too scared to say it out loud“, postet sie beispielsweise auf Instagram.

„Ich teile das gerne, aber ich verstehe natürlich, wenn jemand sagt, hey, das ist anstrengend, ich muss die ganze Zeit laufend etwas posten. Ich persönlich finde es extrem wichtig, dass man Themen wie Depressionen enttabuisiert und zeigt – mir geht es auch mal schlecht und es ist ok.“ Wer so viel Persönliches teilt, muss leider auch mit Hate-Kommentaren rechnen. „Irgendwelche Menschen schreiben mir, dass ich nur Aufmerksamkeit will, andere Leute fragen mich, ob ich wieder in die Magersucht reingerutscht bin. Ich finde das extrem übergriffig. Es ist wichtig, dass man das ausblenden kann und sich nicht unterkriegen lässt.“

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Genau aus diesem Grund feiert sie Menschen wie Christl Clear und Ina Holub Vorbilder, die sie früher vielleicht gebraucht hätte. Denn die zunehmende Diversität und Sichtbarkeit von verschiedenen body types, gab es damals noch nicht. Eher war es geprägt von Low-Rise-Jeans-tragenden Girl-Bands und der kindheitlichen Naivität, mit der man sich kritisch-unhinterfragt GNTM anschaute. Sich diese Attitude und Selbstsicherheit aufzubauen, hat bei KATYA also lange gedauert. „Ich habe lange mit meinem Körper gehadert, aber irgendwann, nach langjähriger Therapie, bin ich zu einem Punkt gekommen, wo ich sagen konnte, ich mag mich so wie ich bin und wieso sollte ich das nicht posten.“

Themen wie diese und auch die generellen Ups and Downs im Leben finden einen Platz in KATYAs Liedern. Erfahrungen werden verarbeitet und zu Hymnen gemacht für Menschen, die mit Ähnlichem struggeln. „If you can relate, we are miles away from being ok, from the body we hate, if you can relate, let’s make a change and break out the cage“ heißt es auf ihrem Song „Can You Relate“. Durch die schlechten Phasen findet sie einen anderen Zugang zur Musik. „Ich schreibe dadurch auch ganz andere Songs.“ Die Texte entstehen dabei ganz unterschiedlich. Manchmal kommen Zeilen aus dem Nichts, die erstmal einfach aufgeschrieben werden. „Meistens entstehen Texte aus Ereignissen oder Personen, die mir wichtig sind, die mich beschäftigen. Es ist schwierig zu erklären eines führt zum anderen, es gibt ein ausschlaggebendes Wort und das fügt alles irgendwie zusammen.“

„You’re like the moon to me, such a beauty in heaven, Im left down here feeling like hell, you say that you shine just for me but you’re shining for everyone else.“ Daraus entstehen Zeilen wie diese, die bis jetzt nur als Instagram-Snippets zu hören sind. Es warten jedenfalls zahlreiche Releases auch mit dem Produzenten ESCHES in Berlin wird fleißig getüftelt. All das wartet nur auf den richtigen Moment und das tun wir auch.

KATYAs nächstes Konzert findet am 14. April in der Superbude im 2. Wiener Gemeindebezirk statt.