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„Ich bin ein 100-prozentiger Soundcloudrapper“ // Lazy$wan & fface128

„Ich bin ein 100-prozentiger Soundcloudrapper“ // Lazy$wan & fface128

Fotos: Niko Havranek

Hier, im charmant-ranzigen Ottakringer Café Weidinger, das heuer sein 90-jähriges Bestehen feiert, sind schon Größen wie Helmut Zilk und Ernst Happel eingekehrt. Aber auch jüngere Phänomene wie Stefanie Sargnagel und Voodoo Jürgens bestellen hier gerne ein alkoholhaltiges Kaltgetränk. Neben zwei kleinen kläffenden Hunden und einem Pärchen, das wohl gerade ein Tinderdate hat, sitzen wir mit Lazy$wan und fface128 vom team128. Das vor Kurzem gegründete Label besteht aus zwei Produzenten und sechs Rappern – manche davon kommen aus der Emo- und Punkszene, andere aus der Rapecke. „Die Mischung macht den eher speziellen Sound aus, wir würden ihn als Trap-Newschool-Sound bezeichnen“, sagt fface128. Das sei auch die Musik, die sie am besten verkörpere. Prinzipiell gehe es schon um HipHop, aber das Lebensgefühl komme aus einer anderen Ecke, hakt Lazy$wan ein. Kaum ist eine Zigarette fertig geraucht, zündet er sich auch schon die nächste an. Fetzigere Beats, punkigere Texte und Screamparts. „Trap-Künstler sind die New-Wave-Punker“, sagt er.

Der 19-Jährige ist ob seiner jungen Jahre schon sehr lange musikalisch aktiv. Auf seinem Soundcloud-Profil tummeln sich über 60 Tracks, viele davon findet er gut, manche lösen aber auch „Cringe-Momente“ in ihm aus, wie er selbst sagt. „Die Tracks hätte ich nicht veröffentlichen dürfen, aber die gibt es jetzt nun mal und man kann sehen, wie ich mich gesteigert habe“, sagt Lazy$wan. Mit 13 Jahren hat er zu rappen begonnen, damals noch im Karaokemodus mit Songs von Sido und Cro. Mit einem Redemikro zum Zocken und Audacity („ein absolutes Scheißprogramm“) sind die ersten Nummern entstanden – und selbst das war nur Zufall, erst nach einem Jahr hat er es überhaupt ausgehalten, seine eigene Stimme zu hören. „Ich wusste nicht, dass ich das kann,“ erzählt er retrospektiv. Heute denkt er viel über seine Texte nach, macht neben den Boombap-Songs auch viel Trap, vor allem mit den team128-Leuten.

Das Label hätten sie nicht aus „Business-Gründen“ gegründet, sondern weil sie Bock drauf hätten, Musik zu machen. „Es ist aber schon der Plan, dass wir an die Decke gehen“, sagt Lazy$wan lächelnd. Vergleichen können und wollen sie sich mit niemandem in Österreich, international noch am ehesten mit den Suicideboys, Lil Peep oder die deutsche Cosmo Gang. Lil Peep ist sowieso das große Vorbild für den 18-jährigen fface128, hat er sich auch ein Hufeisen als Reminiszenz an die Schläfe tätowieren lassen. „Was ich feier, das mach ich auch. Ich kann Trap, wo mehr Vibe übermittelt wird, und wirklich gute Texte schreiben“, sagt Lazy$wan. Dabei hat er selbst auch noch einen ganz anderen musikalischen Einfluss genossen. „Mein Papa ist der größte Bob-Dylan-Fan der Welt“, erzählt er stolz. Dieser hätte alle Platten von Dylan, sei fast schon ein Fanatiker und habe ihm so die Brücke zu Country und Rock gelegt. Johnny Cash sei auch noch gut, aber dann gäbe es außer HipHop nicht mehr viel andere Musik für ihn.

Und weil HipHop eben so eine große Rolle in beider Leben spielt, sind sie auch in die Mittwochsveranstaltungen der 808Factory im Camera Club involviert, besonders fface128. Sie fänden es schade, dass man nirgends unter der Woche HipHop hören und „chillen“ kann, ohne Tanzzwang. Deswegen engagiert 808Factory jeden Mittwoch Wiener DJs, ergänzt von Wochenendveranstaltungen mit Lex Lugner, Asadjohn oder kürzlich das Konzert der US-Rapperin Chynna. Lokale Veranstaltungen kennt fface128 aber nicht nur aus Veranstalterseite, sondern auch als Teilnehmer, hat er doch vor zwei Jahren beim Dreistil-Battle – noch unter anderem Namen – mitgemacht. „Da habe ich begonnen, ein bisschen zu rappen und erst rausgefunden, was es für Möglichkeiten gibt, mich dann in die amerikanische Szene reinversetzt, da bin ich auch geblieben“, sagt er. „Wenn man da mitgeht, kann man Trends setzen“, fügt Lazy$wan hinzu und spannt so einen Bogen zu ihrem sehr zeitgeistigen Sound.

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Kontrastprogramm dazu seine Oldschool-Schiene: „Euer scheiß Trap-Sound wird langweilig“ rappt Lazy$wan auf „Destiny“. Auf einem Boombap-Beat regt er sich über deutschsprachigen HipHop auf, die Rapper, die nicht mit Herz dabei sind und nur Fanboxes verkaufen wollen. „HipHop geht ein bisschen zugrunde. Was mir fehlt, ist die Lyrik, auch in Trap kann man mehr Gedanken reinstecken, ohne dass es flach ist“, sagt er. Worüber sich Lazy$wan abseits der Musik aufregen kann, ist das sogenannte Gutmenschentum. Er war früher selbst auf Demos, hat sich die Sturmmaske aufgesetzt und Tomaten geschmissen, was er auch als Revolutionsphase gebraucht hätte. Heute bereut er das ein wenig und bezeichnet genau diese Linksradikalen als „Pussys“, weil sie sich im Schutz der Maske alles erlauben würden, vom Steineschmeißen bis Polizistenbeleidigen. Statt sich vor die FPÖ-Zentrale zu stellen, damit niemand mehr durch kann, schreibt er heute lieber einen Song darüber, da erreiche er mehr Menschen. Mit diesem Ansatz haben die Mitglieder des jungen Labels team128 noch einiges vor sich, modellieren aber schon mit ihrem ersten Album die heimische Trap-Szene neu – vor allem bei Live-Auftritten, wo sie schon mal den ganzen Club in Ekstase versetzen. Live zu sehen ist das team128 am 14. April bei Rap im Beisl im Flex Café sowie am 19. Mai bei der Gürtelsquad. Ihre erste Videoauskopplung aus dem soeben erschienenen Album „Barbed Wire“ präsentieren sie über The Message:

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