Etwa ein Jahr ist es her, dass der Kontrabassist und Sänger Miles Mosley das letzte Mal in Wien aufgetreten ist. Damals spielte er als Bassist an der Seite des Saxophonisten Kamasi Washington in der Ottakringer Brauerei. Mosley und Washington sind Teil des losen Jazzkollektivs Westcoast Get Down. Nach dem gigantischen Hype um Kamasi Washingtons Debütalbum „The Epic“ 2015, folgten 2017 gleich vier Soloalben anderer WGD-Künstler, darunter „Drunk“ von Thundercat, welches das Klischee des zurückhaltenden Bassisten in der zweiten Reihe auf brachiale Weise widerlegt hat. Der Frontman von heute spielt Bass. Diesem Prinzip bleibt auch Miles Mosley auf seiner neuen Platte „Uprising“ treu. Trotz seiner raumfüllenden Jazzstimme steht der Bass bei ihm immer im Fokus.
Im gemütlichen Ambiente des bestuhlten Porgy & Bess wirken Mosley und seine Band anfangs etwas fehlplatziert. Mit Barret, Fliegerbrille und Schulterpanzer mimt der Bassist den Guerillaführer und setzt sich in seiner ersten Ansage selbst das Ziel, das Publikum weg von den Stühlen, zum Tanzen zu bringen, was bis zur letzten Zugabe leider nicht wirklich gelingt. Die Schuld dafür liegt aber keineswegs bei den Musikern – vom ersten Song an sorgt die Band mit Klavier, Saxophon, Trompete und Drums für eine druckvolle Kulisse, in der sich Mosley an seinem Kontrabass austoben kann. Mit einer Menge an Effektgeräten und Pedalen entlockt der Frontman seinem Bass eine breite Palette an Sounds, die teilweise eher nach Synthesizern als einem Instrument aus Holz und Saiten klingen. Besonders zur Geltung kommt das bei einigen reduzierteren Songs, bei denen neben dem Bass nur das Schlagzeug zu hören ist. Mosleys klare, starke Stimme passt perfekt zu den warmen Melodien und der fast immer gut gelaunten Grundstimmung des Sets. In Soloparaden überzeugt neben Mosley vor allem der Pianist Cameron Graves. Optisch mit langer Lockenpracht und Lederkutte eher im Trashmetal zuhause, fliegt er geradezu über die Tasten des Flügels. Als Begleitinstrument geht das Klavier im Mix leider oft unter. Die beiden Bläser sorgen für eine schöne klassische Bigbandnote, konnten aber in den Soloteilen nicht mit den anderen Musikern mithalten. Vor allem das abstrakte Spiel des Saxophonisten wirkt im ansonsten eher geordneten Arrangement etwas unpassend.
Besonders in der zweiten Hälfte des Konzerts überzeugte Miles Mosley und seine Band mit melodiösem Soul und zugänglichem Jazz. Das Publikum wartet mit dem Tanzen dennoch bis zur letzten Zugabe. Für die Stimmung wäre ein Stehkonzert deutlich besser gewesen, wie Thundercat vor Kurzem ebenfalls im Porgy & Bess bewiesen hat. Nach dem Konzert stürmt ein kleines blondes Mädchen im Grundschulalter die Bühne und bedankt sich mit Umarmungen und Schokolade bei den Musikern – einen schöneren Abschluss für ein Konzert kann man sich kaum ausdenken.
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