„Doktor Heisenberg, wenn Prezident das Mic anwirft/
Passieren Dinge, die ein Savas nie begreifen wird“
(Prezident in „Shub Niggurath“)
Es ist keine neue Tatsache: Chartplatzierungen sind kein Indikator für gute Musik. Wenn dem so wäre, dann hätte der Wuppertaler Prezident wohl schon einige Male von der 1 gelächelt. In der Tat scheint Geld, Ruhm und der ganze Kram für Prezident aber nur eine sehr rudimentäre Rolle einzunehmen, wurde ja jeglicher musikalischer Output bisher for free an die Massen gebracht (stöbert die Seite einfach mal durch und ladet am besten alles). Und eigentlich sollte diese Strategie beibehalten werden, da aber die rasant wachsende Anhängerschaft geradezu darum bettelte, endlich auch mal ein Release des Whiskeyrappers in Händen halten zu dürfen, gibt es das neueste Werk „Kunst ist eine besitzergreifende Geliebte“ erstmals auf CD zu kaufen. Eine Investiton, die getätigt weren sollte, denn: „Kunst ist eine besitzergreifende Geliebte“ bietet großes Kino, soviel sei eingangs gesagt.
Schon der erste Track „Shub Niggurath“ gibt die Marschrichtung vor: mit
„Ohne großes Vorgeplänkel, sturer Loop, monotones Sample/
‚Ne Snare die zwiebelt wie ‘n Schlag auf den Oberschenkel“
wird die musikalische Grundlage skizziert, auf der Prezident mit den Worten spielt, als seien es seine Großenkel. Und wie er das macht, zeigt von großer Klasse – die Vielzahl an Querverweisen zu politischen Theoretikern und Schriftstellern beeindrucken; im Gegensatz zu vielen anderen seines Genres, die Kluges sagen, nur weil’s klug klingt, hat man bei Prezident hingegen den Eindruck, dass er sein enormes Wissen in seinen Rap eben deshalb einfließen lässt, weil er schlichtweg gar nicht anders kann. Dies stellt für den Hörer manchmal eine Herausforderung dar, auf die man sich aber einlassen sollte – ein Prezident-Album bildet schließlich mehr als so manches Buch – und liefert gleichzeitig mehr Unterhaltung als ganze Fernsehabende, denn punkto Storytelling spielt dieser ebenfalls ganz oben mit: egal ob auf dem beklemmenden „Schlingpflanzen“ oder dem, vom Film „13“ inspirierten „Sechs Kammern“ – der Whiskeyrapper erzählt unglaublich dicht und atmosphärisch seine Geschichten.
„Ich setz noch einen drauf, um dich zum nächsten Zug zu bequemen/Solltest du unser kleines Spiel nicht überleben/werd ich das gesamte Geld deiner Familie übergeben/und jetzt vergiss sie schnell, tu mir den einen Gefallen/sei ein freier Mann, jetzt, wo du bist frei bist von allem/von allen Sorgen, Zwängen, von leiser Furcht und nackter Angst/bevor mein altes Eisen Rost ansetzt in deiner nassen Hand/Drück schon ab“
(Prezident in „Sechs Kammern“)
Sozialkritik gibt es schließlich auf „Menschenpyramiden“ und dem Endzeitstimmung-verbreitenden „Tag des Zorns“ zu hören – und zwar in einer überlegten, reflektierten Form. Seine eigene Stellung im Game thematisiert Prezident auf „Classic Coke“, wo er mit Zeilen wie „ich will mich nich ma beklagen, doch erblick diese Blagen/ mit ihren Hipstervisagen und Namen dick auf Plakaten/was soll das Klingeltoncharts schielende Indiegehabe? (…) Prezident, in diesem Land und in dieser Sprache/einer der fünf besten MCS, würd ich mindestens sagen“ die Konkurrenz und sich selbst beleuchtet. Womit wir wieder den Bogen zur Einleitung schließen können: ja, eine vernünftige Auflistung der besten deutschen MCs wird wohl nicht (mehr) ohne Prezident auskommen können.
In „Kunst ist eine besitzergreifende Geliebte“ finden wir also ein nur von Skills so strotzendes Manifest vor, das einem regelrecht in seinen Bann zieht. Fast wirkt es so, als wären Canibus und Stoupe The Enemy Of Mankind in Wuppertal gelandet und hätten als Prezident und Epic Infantry (der sich für die meisten Produktionen als zuständig zeigte) das Nachfolgealbum zu „Rip The Jacker“ geschaffen. Davor kann man nur seinen Hut ziehen – Chapeau!
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soundcloud.com/prezident-whiskeyrap
(thomki)
