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RJD2-Interview

RJD2-Interview

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Mit seinem auf Def Jux erschienenen Solo-Debut „Deadringer“ konnte RJD2 im Jahre 2002 Heads und Kritiker gleichermassen begeistern. Selten zuvor hatte die Kombination von HipHop-Beats und epischen Songstrukturen so gut geklungen. Umso enttäuschter waren manche, dass sich seine zweite LP „Since We Last Spoke“ von den HipHop-Wurzeln zeitweise weit entfernte. Nach seinem spätsommerlichen Vier-Turntable-Intermezzo ohne Kopfhörer war sich aber zumindest die Wiener Crowd wieder einig: Der Mann ist ein Guter. Den Eindruck hatte RJD2 beim Verfasser dieser Zeilen schon Stunden zuvor hinterlassen, als er trotz sichtbarer Jetlag-Erscheinungen interessante Antworten gab. Ein Resultat: Die zuvor skeptisch weggelegte neue LP wurde am Ende doch noch gekauft. So geht das, liebe Musikindustrie!

Dein erstes Projekt, dass es auf Platte geschafft hat, war MHz (gemeinsam mit den MCs Copywrite, Camu Tao und Jakki the Mota Mouth). Wie kam die Gruppe zusammen?

Wir sind alle aus Columbus, Ohio. Die Jungs waren alle in der Szene aktiv, machten Battles und Shows und ich war zu der Zeit ein Battle DJ – kein besonders Guter, aber doch (lacht). Und weil Columbus nicht so groß ist, liefen wir uns irgendwann über den Weg. Sie hatten eine Show und ihr DJ tauchte nicht auf. Ich sollte an dem Abend sowieso auflegen und übernahm am Ende eben auch den DJ-Part ihrer Show — das war der Anfang.

Und das Produzieren ging bei dir erst später los?

Es fing ungefähr zu der Zeit an, als ich sie traf. Mir wurde klar, dass ich nicht mehr länger Scratch-DJ sein wollte, weil ich darin für mich keine Zukunft sah. Ich kaufte mir also 1997 meinen Sampler und so fing ich zu produzieren an.

Was für ein Gerät war das?

Das war damals eine MPC 2000, heute verwende ich einfach die XL-Version davon plus Pro Tools, Keyboards, Gitarren und so weiter…

Ihr seid dann ziemlich schnell auf Bobbito Garcia’s Label Fondle ‚Em untergekommen. Das muss ja umwerfend gewesen sein, denn da kamen ja wirklich sehr gute Sachen raus…

Ja, es war eine großartige Einführung in die Welt des Plattenmachens. Es war ein prestigeträchtiges Label, obwohl sie nicht besonders viele Platten verkauften. Wenn man da 5.000 Singles verkauft hat, war das viel. Und damals war es ja noch viel leichter, 12 Inches zu verkaufen. Aber es war cool, speziell weil es Fondle ‚Em jetzt nicht mehr gibt und ich sehr stolz bin, Teil davon gewesen zu sein. Bobbito hat das Label nie wegen dem Geld gemacht, es wurde nicht eine einzige Promo-Scheibe verschickt. Es war ihm egal, wer das Zeug spielte oder auch nicht. Was Bobbito mit Fondle ‚Em machte, war in vieler Hinsicht auch eine Vorlage für Def Jux. El-P sah sich an, was Rawkus richtig machte und was Fondle ‚Em richtig machte. Er sah also die gute künstlerische Richtung von Fondle ‚Em und den künstlerischen Fuck Up bei Rawkus, sah aber auch, dass Fondle ‚Em nicht wirklich „upwardly mobile“ waren. Bobbito wollte keine Alben machen, wollte keine großen Mengen verkaufen, das war ihm egal. ‚Promotion — who cares? Marketing — who cares?‘. Diese Dinge funktionierten aber wiederum bei Rawkus ganz gut.

Warum haben sich MHz später aufgelöst?

Wir sind alle noch immer cool miteinander aber irgendwann kam Eastern Conference und boten Copywrite an, eine Solo-12“ zu machen. Und ich ermutigte ihn, denn eine Möglichkeit für ihn war ja im Endeffekt eine Möglichkeit für uns alle. Camu hatte da mehr Probleme damit. Zuvor hatten alle als Team gedacht, danach ging es plötzlich mehr um Soloplatten. Und ich kann das auch irgendwie verstehen, denn wenn ich jetzt mit einer Gruppe unterwegs wäre, wäre das ein organisatorischer Albtraum: Die Terminkalender von drei Leuten koordinieren, Tickets besorgen und so weiter… Jetzt, wo ich alles selbst mache, ist das sehr einfach.

Wie bist du dann mit El-P und Def Jux in Kontakt gekommen?

Copywrite hat El über Bobbito getroffen, die waren Freunde. Er spielte El dann ein Demo von mir vor und rief mich später an, dass El interessierte wäre, eine Single rauszubringen. Und diese Single wurde zur EP und die EP schließlich zum Album…

Waren auf diesem Demo eher Beats oder schon die Art von Songs, die dann später „Deadringer“ ausmachten?

Von den späteren Songs war da „June“ drauf und „Ghostwriter“ auch… das war’s.

Was hat dich anfänglich inspiriert, deine HipHop-Herangehensweise mit ausgedehnten Songstrukturen zu kombinieren?

An irgendeinem Punkt nimmt sich wohl jeder Musiker vor, mehr sein zu wollen als die Summe seiner Einflüsse. ‚Ich muss mein eigenes Ding machen, meinen eigenen Sound finden…‘ Als ich zu Produzieren begann, fiel mir auf, dass das noch nicht wirklich gemacht wurde. Leute wie Prince Paul haben verschiedene Cut&Paste Sachen gemacht, aber niemand hat sich so stark um die Harmonien und das Timing gekümmert. Die wirklich guten Cut&Paste Platten sind aus der DJ-Perspektive entstanden, niemand hat versucht, es nach einer Band klingen zu lassen.

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Hast du irgendeine musikalische Ausbildung?

Ja, ich ging auf eine künstlerische High School, wo es ein Musikprogramm gab. Die Hälfte der Zeit lernte ich also Komposition, Musiktheorie oder Klavier. Ich spielte später auch Gitarre in einer Jazz Combo, aber das war irgendwie nicht mein Ding. So fing ich mit dem DJing an…

Waren deine Instrumentenkenntnisse auf „Deadringer“ schon zu hören?

Nein. Auf dem neuen Album sind einige Live-Instrumente zu hören, auf „Deadringer“ fast gar nichts — nur zwei kleine Keyboard-Lines. Du verwendest also vorwiegend Samples. Wir werden da jetzt keine Namen nennen…

Natürlich nicht.

…aber es klingt großteils nicht nach dem üblichen Funk- & Soul-Sachen. Wie findest du deine Samples?

Ich habe da schon meine speziellen Favoriten, Künstler und Labels, aber ich halte die Augen immer offen. Früher habe ich vieles übersehen, aber es gibt auf jeder Platte etwas zu samplen, auch auf Country-, Heavy Metal- oder Bluegrass-Scheiben. Es ist dort nur nicht so offensichtlich. Wenn du zum Beispiel eine Roy Ayers Platte mitnimmst, die ist von vorne bis hinten samplebar, weil es ja eigentlich schon der Prototyp von Rap-Musik ist. Das ist ein no-brainer. Wenn du aber eine bizarre Pop/Rock Scheibe von 1981 oder irgendwelchen Midwest Shit nimmst, ist es nicht so leicht, aber du kannst trotzdem etwas finden.

Text & Interview: Stefan Trischler