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Toyan – Spar With Me Culture And Don Carlos – Roots & Culture

Toyan – Spar With Me Culture And Don Carlos – Roots & Culture

Eine Insel, knappe 12.000 qkm groß, keine drei Millionen Einwohner – und ein schier unerschöpfliches Reservoir an Musik: aktuelle und aus früheren Epochen. Neben Heartbeat, Soul Jazz, Greensleeves, Pressure Sounds, um nur die bekanntesten Labels zu nennen – Steve Barrows Blood And Fire musste leider w.o. geben –, kommt nun auch VP mit einem Reissue-Sublabel, Reggae Rewind bzw. 17 North Parade nach der ehemaligen Label/Studio-Adresse in Kingston betitelt, auf den Markt. … Beide oben genannten Alben sind 1982 erschienen, wurden von Henry „Junjo“ Lawes produziert und von der High Times Band und Roots Radics Band eingespielt. Wie immer auf einem unglaublich hohen Niveau, es kann nicht oft genug gesagt werden. Toyans „Spar With Me“ (Hoanzl) ist ein weiterer Beleg dafür, dass dieser in der Kritik oft etwas stiefmütterlich abgehandelte frühe Singjay ganz große Performances lieferte. Mit seiner extrem geschmeidigen Stimme zwischen Gesang und Toasting reitet er souverän die Top-Riddims der frühen Dancehall-Phase, wechselt zwischen Höhen und Tiefen, zelebriert Längen, forciert – nie über Gebühr – das Tempo, zeigt Engagement und Humor. Es ist an der Zeit, Toyan in den Olymp der Dancehall-Götter aufzunehmen….Joseph Hill, kürzlich verstorbener Sänger vonCulture, verließ Anfang der Achtziger kurz die Band, um sich an einer Solokarriere zu versuchen. Don Carlos, der als Black-Uhuru-Sänger berühmt geworden war, sprang für ihn ein. Das aus dieser kurzen Phase stammende Album „Roots & Culture“ (Groove Attack) kann man als Mainstream bezeichnen, in dem Sinne, in dem Peter Tosh oder der Burning Spear der späten Achtziger und Neunziger das waren: relaxt swingend mit einer leichten Affinität zum Rock’n’Roll. Der Stil bzw. Sound könnte manchem Hörer zu sehr „Middle of the Road“ sein, ich würde aber für Offenheit plädieren, man würde ein perfektes Album versäumen. Wie dem auch sei: allein die beiden abschließenden Bonus-Tracks sind das Geld der gesamten CD wert und sollten selbst „elitäre“ Reggae-Fans überzeugen.

Hans Grausgruber