„Lagos Jump. Original Heavyweight Afrobeat Highlife & Afro-Funk“ – das ist der schwergewichtige Titel dieser Compilation, und schwergewichtiger noch ist jener Teil der Liner Notes, der den Versuch unternimmt, die Ursprünge all dieser Musik zu erklären. Dann wird’s einfacher, die Musik sollte leicht runtergehen wie der sprichwörtliche Bischof über den Samtteppich. Im Wesentlichen trifft der ellenlange Titel die Sache schon: runde, leichtfüßige, gitarren- und saxbetonte, swingende Highlife-Musik aus Nigeria und Ghana macht den Gutteil dieser Compilation aus. Süße, süße Highlife-Musik von „Guitar-Boy Superstar“ Sir Victor Uwaifo (gelegentlich auch Awaifo geschrieben, ihm hat Soundway unter diesem Titel soeben ein ganzes Doppelalbum gewidmet) darf ja auf keiner ernstzunehmenden Compil fehlen, Rex Williams lässt einen karibischen Calypso-Wind durch Westafrika wehen und Ifeanyi Eddie Okwedy & His Maymores Dance Band (um auch einmal einen vollen Bandnamen wiederzugeben) bringt uns zu Gemüt, wozu man damals, in den frühen 70er, und wohl auch heute noch, über Stunden tanzen konnte.
Dazwischen platziert der Compilator geschickt – für all jene in unseren Breiten, deren Ohren noch in der Volksschule des Hörens sitzen – einige wundervolle Funk-Titel wie Ify Jerry Krusade’s „Everybody Likes Something Good“ (was für ein Name, was für ein Titel!) oder The Faces mit „Tug of War“, Songs, die auch in den USA eingespielt hätten werden können, wäre da bei Zweiterem etwa nicht dieses etwas andere Saxo-ooh und dann diese funky-freaky abgedrehte Psychedelic-Gitarre. Wow! Altmeister Peter King (dem 2002 auch schon eine Strut-Doppel-LP, „Shango“, gewidmet war), der eine musikalische Kategorie für sich ist, ist mit einem Afro-Latin-Hybrid vertreten, Dynamic Africa, die selbst der Compilator als eine „obskure Band“ tituliert, pflegen einen fast schon akademisch jazzigen Zugang zu afrikanischen Rhythmen, was weder den hohen Level ihres Spiels noch den Fun-Faktor schmälert (die Band wanderte später in die USA aus), und Bela Johnson spielt rohen, rohen afrikanischen Blues mit Wurzeln im Palmwine-Stil, fast jedes Instrument ist als Rhythmus-Instrument eingesetzt. Und dazwischen gibt’s jede Menge fetter Crossovers: Sir Shina Peters (noch ein Nigerian Superstar) spielt einen Hybriden aus Juju-Gitarre, Fuji-Percussion und typischen Afrobeat-Vocals mit fantastischem Finish! Tony Tete Harbour & The Star Heaters of Nigeria swingen ihren Highlife-Mix mit viel karibischem Feeeling. Eric Showboy Akaeze präsentiert Afrobeat mit klassischen Fela-Vocal-Arrangements, nur dass der Sond seiner Royal Ericos-Band schräger, schriller, funkiger ist, als wir das von Fela kennen. Usw., usf. Ein Best-Best of Nigeria – für Einsteiger ist der Käse ist ausgelegt. Für schon Süchtige könnte die Reissue-Lawine, die da anzurollen scheint, teuer werden.
Hans Grausgruber
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