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Zum 20-Jährigen von Texta

Zum 20-Jährigen von Texta

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Anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Texta-Crew will das „The Message“ als erstes HipHop Magazin Österreichs in ganz besonderer Weise dieses Jubiläum begehen. Im Laufe der mehr als 15 Jahre – 1997 wurde TM gegründet – kreuzten sich die Wege von Texta und unserem Magazin mehrmals, auch nachvollziehbar, weil Texta so etwas wie ein Flaggschiff von HipHop in Österreich war und mit kontinuierlichem Output dafür sorgte, dass man gar nicht an ihnen vorbeikommen konnte. Dabei war es nicht nur die musikalische Seite, die TM-RedakteurInnen und Herausgeber an Texta interessierten und schätzten. Besonders auf persönlicher, zwischenmenschlicher Ebene war das Verhältnis zwischen den Texta-Mitgliedern und „The Message“ immer stimmig, was vielleicht auch daran lag, wie man auf die aus den USA importierte HipHop-Kultur zuging und in einem weiteren politischen und gesellschaftlichen Zusammenhang verstand.

Wir wiederveröffentlichen zum 20. Geburtstag nun ein Texta-Interview aus dem Jahr 2003, welches von zwei Intimkennern der Szene sowie selbst Musikschaffenden, nämlich dem DJ-/Produzenten-Duo Urbs & Cutex geführt wurde. Wer Texta und diese beiden Musiker kennt, weiß, dass sich hierbei genau die Richtigen treffen. Und so kam ein ebenso zeitloses und informatives wie amüsantes Plauscherl zustande. Aufgrund des ausführlichen Austausches, der damals stattgefunden haben muss, wurde in der nachstehenden Version an einigen Stellen gekürzt und das Interview um ein ganz besonderes Schmankerl angereichert:  Herausgeber und Mitbegründer Daniel Shaked stellte aus seinem Archiv einige bisher unveröffentlichte Bilddokumente zur Verfügung, die in den letzten Jahren gemeinsam mit Texta entstanden sind.

Das gesamte Interview gibt es als weiteres Goodie am Ende in der originalen Printversion nachzulesen, genauso wie den Artikel des heutigen FM4-Tribe Vibes – Hosts Stefan Trischler a.k.a. Trishes.  Im Rahmen einer ausgedehnten Linz-Tour, die das damalige TM-Team um Gerd Bohmann, Daniel Shaked, Trishes und mir antrat, führten wir dort eine Reihe von Interviews, eben auch jenes mit Texta – übrigens ihre Premiere im „The Message“. Es zeichnete sich da schon in seinen ersten Konturen ab, was aus Linz und von den Texta-„Buam“ noch zu erwarten sein würde. Allerdings war doch noch nicht abzusehen, dass wir zwölf Jahre später zum 20er gratulieren dürfen – und natürlich zu all den Errungenschaften, die sie für HipHop in Linz und in Österreich in den letzten Jahren geleistet haben.

Text: Stefan Anwander
Fotos: Daniel Shaked

Das Interview aus dem Jahr 2003, geführt von Urbs & Cutex:

Diese Crew bedarf wohl keiner großartigen Einleitung mehr. Linz kann als die Rap-Hauptstadt Österreichs bezeichnet werden, und Texta sind die Chefs. Das fünfte Album „So oder So“ erscheint im Februar, somit ist es an der Zeit, die Texta-Jungs zum Kaffeekränzchen einzuladen und über Postition und Befinden der rastlosen Band zu sprechen. Anschließend werden die neuen Songs in Albumreihenfolge kommentiert.

Cutex: Was charakterisiert das neue Texta-Album „So oder So“?
Laima: Ich glaube, dass es unsere abwechslungsreichste Platte geworden ist, was HipHop-Spielarten betrifft. Die Letzte war sehr themenreich und ernsthaft, diesmal ist es in gewisser Weise lustiger. Wir rappen so wie bei der Ersten einfach über irgendwelche Themen, nicht so politisch, mehr wie „3 Uhr 10“. Auch in Sachen Beats ist es sehr abwechslungsreich geworden.

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C: Hängt es damit zusammen, dass sich Texta nicht auf einen Style festnageln lassen wollen? Schließlich wurde das Album „Blickwinkel“ gerne als Conscious-Rap bezeichnet.
Flip: Wir denken nicht darüber nach, das kommt von alleine.

C: Die Leute wollen ja immer glauben, dass Musikschaffende über ihr Tun soviel nachdenken.
Flip: Das trifft auf die letzte Platte sicher zu. Bei „Verdächtig“ hatten wir z.B. Monate über ein Konzept nachgedacht, darüber, wie wir den Song schreiben sollten. Danach wussten wir, dass Texta sowas nicht mehr toppen würde können. Deshalb haben wir uns diesmal gehen lassen, haben einfach Beats durchgehört und ließen uns Themen einfallen. Wir dachten nicht über Konzepte nach. Unsere Message kommt sowieso automatisch hinein.

Laima: Ausserdem ist das Spontane ja auch ein Teil von uns, wir sind ja lustige Typen.

Dan: So wie gestern beim Konzert (Gelächter).

Skero: Wäre das letzte Album locker gewesen, hätten wir dieses wahrscheinlich ernster gemacht.

Huckey: Beim nächsten machen wir es ganz extrem und sperren uns monatelang ein, das totale Konzeptalbum!

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C: Gibt es schon Pläne für das nächste Album?
Laima: Nein. Was mir noch zum Arbeitsprozess einfällt – wir hatten uns diesmal für drei Tage in ein kleines Haus im Nichts zum Texteschreiben zurückgezogen, da gab es nicht mal ein Wirtshaus!

Skero: Ausserdem gibt es zum ersten Mal keine Solotracks …

Dan: Keine MC-Solos, dafür von mir ein DJ-Track!

Huckey: Das lag auch an der Beats-Auswahl, beim letzen Mal achteten wir diesbezüglich mehr auf Album-Homogenität. Diesmal waren wir spontaner und nahmen einfach das, was uns gefiel. Manchen Leuten fällt ja gar nicht auf, dass Texta auch Solotracks haben.

Flip: Nichtmal der Böastab wusste, dass „Nachtmensch“ eine Solonummer von Skero war.

C: Ist ja ein Kompliment, wenn Texta so corporate gesehen wird.
Huckey: Wir wollten diesmal einfach Spaß haben und darauf bauen, dass gute Songs letztendlich auch ein gutes Album machen.

C: Wurde der Vorgänger „Blickwinkel“ zu einem Akt der Anstrengung, musstet ihr euch zusammenstreiten?
Flip: Das war schon eine ziemliche Kopfgeburt.

Skero: Das hat keiner gewürdigt, und deswegen … (Gelächter)

Flip: Nein, ich bin schon froh darüber, diesmal kam es eben mehr aus dem Bauch.

C: Würdet ihr euch als Album-Band bezeichnen?
Laima: Auf jeden Fall.

Skero: Welche Bands sollen das bitte sein?

Laima: Eine Single-Band sind wir nicht. Wir können uns auch nie für eine Single entscheiden, wenn alles fertig ist.

Skero: Wir machen nur Hits und fragen uns dann nur, welches der Haupthit ist (Gelächter).

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C: Ihr macht ja nebenbei auch Ragga, das übersehen viele.
Skero: Das soll auch Underground bleiben, für die Sound Systems.

Laima: Uns wurde unterstellt, wir würden Ragga machen, um mehr Kohle zu verdienen. Mein erster Text für den Texta-Kapu-Song war ein Ragga über den Jörg Haider! Wir hören ja auch Ragga, warum sollen wir uns dafür rechtfertigen, es selber zu machen?

Huckey: Mickey Kodak hat ja auch schon mal eine Ragga-Punk-Split-Platte gemacht. Das Übergreifende ist wichtig, wenn es Spaß macht, sollte man es einfach machen.

Skero: HipHop hat sich sowieso zum Parasiten entwickelt, der jede Musikrichtung überfällt und kopiert.

Flip: Es hat sich aber auch aus verschiedenen Genres entwickelt.

Skero: Für mich gibt es z.B. diese deutschsprachige HipHop-Szene nicht mehr, die Jams veranstaltet und sich Underground nennt. Hunderttausende hören HH, die das nicht so streng sehen und auch andere Sachen hören.

Flip: Die österreichische HH-Szene sind sowieso nur tausend Leute, und das ist hoch angesetzt. Ich spreche von richtigen Headz …

Laima: Das merkt man auch in Linz. Zu Jams mögen viele Leute kommen, aber wenn ein J-Live an einem Mittwoch ist, siehst du, wieviele darüber Bescheid wissen.

Flip: Da kommen dann achtzig.

Dan: Andererseits spielen dann die Beginner im vollen Posthof …

Laima: … und könnten ein zweites Mal vor noch fünfhundert Leuten spielen.

C: Das sehe ich auch so. Der große Deutschrap-Boom ist eh längst verflogen, habt ihr trotzdem Schwierigkeiten mit gewissen Schichten, gibt es Leute, die euch nicht „real“ finden?
Dan: Wir haben mit niemanden ein Problem, umgekehrt ist es auch so.

C: Texta hält ja auch die HipHop-Dogmen nicht so hoch, ihr seid sowas wie eine Konsensband.
Flip: Es gibt sicher Leute aus der Szene, die uns nicht mögen, ich mag ja auch nicht alle HipHopper. Wir haben aber viele Fans, die aus dem Gitarren-, Electro- und FM4-Lager kommen, das ist in Österreich eh die einzige Überlebenschance. Wenn du nur von der HH-Clique leben willst, dann mach bitte Musikkassetten.

Huckey: Da gibt es auch viele Ältere, z.B. hat uns eine 78-jährige Frau eine Mail gesendet, dass ihr „Hädiwari“ so gut gefallen würde, weil das so in der Tradition von Jandl stünde. Sie wollte auch den Originaltext von uns haben. Das konnte ich nicht glauben.

Skero: Wir wollen die neuen Texte auf unserer Homepage auch in Hochdeutsch übersetzen, weil diesmal ja auch Kroaten und Schweizer mit von der Partie sind.

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C: Wenn man auf die Musik eingeht – was ist neu, was hört ihr euch an, was beeinflusst euch? Wurden neue Strömungen berücksichtigt?
Skero: Wir hören natürlich nur Urbs & Cutex! (Gelächter)

C: Aha, Coverversionen also?
Skero: Genau, hahaha.

Urbs: Mir ist aufgefallen, mehr Funk-Schwerpunkt, was echt cool ist.
Flip: Es ist tanzbarer, clubbigere Beats, aber nicht zu jiggy, irgendwo zwischen Just Blaze …

U: Hat das damit zu tun, dass du jetzt mehr deejayst?
Flip: Ich weiß nicht. Vor fünf Jahren habe ich den kommerziellen US-HipHop echt grauenhaft gefunden, diese Puff-Daddy-Phase habe ich gehasst. Das Notorious BIG-Album „Life after Death“ halte ich musikalisch einfach nicht aus … bis auf drei, vier Nummern, der Rest ist fürchterlich, dieser 80er-Sound. Dann kamen Neptunes, Just Blaze, Kanye West, die den souligen Sound weiterentwickelten, wo auch die Samples wiederkehrten, was mir immer taugt. Das Drumprogramming an sich hat sich einfach geändert, so einen Primo-mäßigen Beat mache ich in einer halben Stunde, sowas kickt mich nicht mehr, deshalb habe ich diesmal mehr Synthies verwendet und Sounds mit dem Sampler selber gebastelt, damit es 2003-Style wird und nicht wie 1993.

C: Das war auch immer charakteristisch für Texta, dass der Sound stets upgedatet wurde mit einem Blick auf den NY-Sound.
Dan: Das glaube ich auch, das kommt vom Auflegen. Egal, ob es sowas wie The Clipse ist, auf einer guten Anlage burnt es einfach.

C: Um kurz einzulenken: Das ist gerade das, was mir zurzeit bei den meisten Independet-Produktionen abgeht. Aber auch an der hochgelobten Ty-Platte finde ich kaum Gefallen.
Skero: Ist das dieser Engländer? Da ist eine Nummer drauf, die mir gefällt, der Rest …

Flip: Mit der kann ich schon was anfangen. Ich wollte einfach diesen Dancehall-Synthiesound reinbringen, damit es grooviger und clubtauglicher wird. Genau das schaffen die Deutschen nämlich überhaupt nicht. Alle sagen, sie machen Sachen für den Club – Creutzfeld & Jakob oder dieses und jenes ist so clubbig geworden, dann hörst du dir diesen Scheiss an, und … also in diesem Club will ich nicht sein, wo diese Musik gespielt wird.

Huckey: Die hätten gern diese Clubs, aber es gibt dort diese amerikanische Clubkultur und -landschaft einfach nicht.

Flip: Die haben einfach keinen Soul.

Skero: Ich glaube, in Deutschland ist einfach dieser Eigenständigkeitsgedanke über Bord geworfen worden. Zuerst versuchte jeder, sein Ding zu machen, jetzt wollen alle so gut wie möglich amerikanische HipHopper sein, bei der Additude angefangen – jetzt reden sie sogar schon über ihre Waffen, obwohl ich mir sicher bin, dass dort niemand eine Waffe mit sich herumträgt. Über Drogen lasse ich mir ja noch was erzählen, aber so ist es definitiv nicht. Die nächste Generation zieht sich womöglich diese Sachen rein und reflektiert dann nicht mehr.

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U: Texta ist ja kein normales Rap-Projekt mehr, sondern ein Dokument eures Lebens, außerdem seid ihr mehr wie Freunde.
Huckey: Wir streiten trotzdem …

Laima: … wie die Schweine!

Skero: Jeder einzelne von uns ist überzeugt, dass er im Prinzip die Band ist. (Gelächter) Und diese Illusion haben wir uns über Jahre erhalten.

C: Flip, du besprichst ja heimische Demokassetten für ein gewisses Magazin, wie sieht es aus mit Ösi-Rap? So wie ich das sehe, steht das Textliche oft weit hinter den meist ganz ordentlichen Beats zurück. Die Raps handeln vom Rap- und HipHop-Machen, was ja das denkbar uninteressanteste ist.
Flip: Natürlich. Es gibt auf unserem Album keinen einzigen Song, der sich mit HH beschäftigt, aber als junger MC – über was willst du rappen? Schule, oder die nervige Schwester, die sagt: „Dreh die Musik leiser?“ Wenn du dich als junger Mensch mit HH identifizierst, willst du klarerweise darüber reden. Vielleicht gibt es noch was politisches, oder, wenn es gut geht, Storytelling, aber das wird im deutschsprachigen Raum am wenigsten verwendet. Ich schaue auf das Feeling, den Flow, die Stimme, das Potenzial, und ob es etwas Eigenständiges hat.

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Skero: In Wien hat sich eh einiges getan.

Huckey: Ich sehe es nicht so krass, gerade aus Österreich kommen viele interessante Platten. Suche mal so etwas wie Kamp bei den Deutschen.

Flip: Es hat weder ein Toplevel noch ist es kommerziell erfolgreich, aber es ist eben zurzeit nicht einfach mit deutschsprachigem Rap, z. B. eine Nummer ins Radio zu bringen oder sich in Deutschland zu etablieren. In ein paar Jahren wird es sicher Texta-Nachfolger geben, die anders sind, aber auch gute Musik machen.

Laima: Der Boom in Österreich wird noch folgen, viele sitzen in den Startlöchern.

Flip: Musik macht man, damit es den Leuten gefällt, und über einen Response wie bei der Rückgrat-Präsentation freue ich mich extrem. Hier schaffen das nur wenige Gruppen – begeisterte Kunden zu finden, die auch aufs Konzert gehen und abfeiern. Es hat sich in den letzten Jahren verbessert, ich denke da an die HipHop Connection, Doppeltes Risiko, Hörspielcrew oder MA Doppel T, es geht überall was.

C: Inwieweit, findet ihr, ist US-HipHop als folkloristische Vorgabe wichtig? Texta orientiert sich schließlich ja an US-Standards.
Flip: Da kann keiner vorbei.

Skero: Jeder, der das leugnet, ist ein Idiot.

C: Ich habe das Gefühl, dass es eben nicht so ist.
Huckey: Das trifft vielleicht auf die Fanta-4-Gefolgschaft zu, die sich nicht für den Ursprung interessiert.

C: Aber gerade das Musikfernsehen brachte so eine Monokultur, es gab nur Deutschrap und sonst nichts, allein der Wu-Tang Clan ging noch durch.
Laima: Aber jetzt ist es auch so, dass Dorfdiscobesucher US-Rap gut finden und Deutschrap scheisse, das ist ja eben jetzt Mainstream.

Skero: Aber in Deutschland gehen auch Redman-unkundige Leute zu Deutschrapkonzerten. Wer sich weiterentwickeln will, muss immer über den Teich schauen, weil dort die interessanten Dinge geschehen. Bei vielen Gruppen merke ich, dass die nur Deutschrap hören, die sind auf dem aktuellen deutschsprachigen HipHop-Level und weiter gehts nicht. Bei Samy Deluxe oder Savas merkst du aber, dass das Freaks sind und sich täglich amerikanischen HH reinziehen.

Flip: Ich orientiere mich schon an den Ami-Standards, aber peinlich wird es, wenn diese Thematiken übernommen werden, ganze Sätze, oder wenn Weiße über N***as erzählen, da muss ich kotzen. Manche laufen im Crips-Look herum … natürlich sehen wir nicht aus wie Österreicher vor fünfzig Jahren, wir sind auch alle geprägt von einer Konsumgüterindustrie, die uns Kleidung anpreist. Das taugt mir auch, denn der Style ist nun mal global, du fährst nach China oder nach Japan und siehst Leute, die sich wie Nas anziehen. Peinlich wird’s, wenn du deine Identität verlässt und erzählst, wie tuff es in deiner Hood in Berlin oder Düsseldorf ist, da ist es so gefährlich, dass du eine Waffe brauchst.

Skero: Teilweise agieren die Leute schon so, als ob sie danach streben würden, dass ihre Umgebung so wird, wie es in den Videos dargestellt wird.

Flip: Wenn die dann des Nächtens in Queens oder in der Bronx herumlaufen würden, hätten sie die Hosen so gestrichen voll …

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U: Wenn man sich die musikalische Entwicklung der letzten Jahre ansieht, kann man das nur mit Globalisierung subsummieren, überall auf der Welt gibt es Rap. Europa bezieht sich hauptsächlich auf Amerika, während die Afrikaner sagen, „Wir machen daraus Afro HipHop“.
Flip: Stimmt so auch nicht ganz.

U: Es dringt zumindest so durch. Für euch wäre Folklore-Crossover ja auch eine Option.
Skero: Die Amis nehmen ja auch gerade orientalische Sounds, die sind viel offener, als bei uns gedacht wird.

Flip: Da geht es eben darum, was hot ist, und wenn es funktioniert, ist es der Hot Sh*t. Das amerikanische HH-Business funktioniert komplett anders als das Europäische. Ein Rapper wird gesignt, dann werden Beats geshopt um Hunderttausende Dollar, die Neptunes und Dre kosten mehr, Primo ist inzwischen billiger – so läuft das, das definiert den Sound und macht den US-Mainstream ein bisschen fad, jeder hat was von den Neptunes, Megahertz oder Rockwilder. Im New Yorker Studio fragten sie sogar mich, ob ich Beats zu verkaufen hätte. Produktionstechnisch gibt es dort für Europäer durchaus Möglichkeiten. Wir haben ja 5 Tracks bei Unique Studios abgemischt, die machten Run DMC, Naughty by Nature, Big Punisher, Mobb Deep’s „The Infamous“ … das war eine coole Erfahrung, bei der Arbeit zuzusehen und Feedback zu bekommen.

Laima: Eine Stylepolizei hat es im deutschsprachigen Rap auch gegeben, besonders vor 3 Jahren, dann haben die Berliner einiges verändert. Deutschrap ist jetzt erst in seiner Entwicklungsphase.

Flip: Da wurde noch immer keine Idendität gefunden! Das wird vielleicht auch nie geschehen.

U: Das wurde in einem einzigen Jahr derartig ausgebeutet, dass alle nur abgelenkt waren, jeder dachte, er müsse für einen gewissen Markt produzieren. So gut das zweite Album von Deichkind sein möge, aber es ist ein Zeichen von Verwirrtheit.
Skero: Findest du?

Huckey: Es war sicher eine Flucht nach vorn.

Texta fotografiert von Daniel Shaked

Flip: Da gab es eine Zeit, als Leute nach Hamburg zogen, nur um einen Deal zu ergattern. Nico Suave bekam zwei- oder dreihunderttausend Mark Vorschuss, das war nur mehr ein Big-Playa-Game. Samy Deluxe hatte damals am besten gepokert. Jetzt verkauft z.B. D-Flame 1.500 Stück in Deutschland, die stellen das sofort ein und stecken keinen Cent mehr rein. Die Industrie ist eben scheiße, die Gier hat alles verbockt.

Skero: In Deutschland gibt es eben Berufsrapper, in Österreich konnte wahrscheinlich nur Falco davon leben. Dadurch hast du eine ganz andere Einstellung und bist viel gelassener in deinem Tun.

C: In Österreich gab es eben immer nur Underground. HipHop ist hier vielleicht doch nur eine Pop-Facette, die einfach abgesägt werden kann, wenn die Leute in Marketingumfragen einen Crossover-Sound bevorzugen.
Flip: Die Marketingabteilungen machen natürlich alles, wovon sie glauben, dass es ihnen was bringt. Ich habe gestern zufällig bei der Tankstelle in einem heimischen Jugendmagazin herumgeblättert und über einen bald stattfindenden Rapstar-Contest gelesen. Dem Gewinner winkt ein Plattenvertrag, und ein Platz in den Charts sei schon gesichert. Außerdem fand sich darin noch eine HipHop-History, da stand, dass der Text von „Rapper’s Delight“ missverstanden wurde und so der Gangsta Rap entstand, dann haben das die Native Tongues wieder geradegebogen, weiters feierte der deutsche HipHop seine Erfolge, von Österreich keine Rede, deswegen muss der Rapstar-Contest her.

Laima: Damit es endlich Rap in Österreich gibt!

 

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Auf dem Jubiläums-Album „XX“ gibt es eine Best Of-Auswahl der Texta Hits aus den letzten zwei Dekaden zu hören. Darauf befindet sich auch der Bonus-Track „Drahtseilakt“, welcher als Video erschienen ist – wenn auch Skero dabei schon nicht mehr vertreten ist.

In dem Sinne wünschen wir allen Musikliebhabern der Texta-Crew und dem Tonträger Records-Umfeld alles Gute und bedanken uns für die Schaffung dieses epischen Beitrags zur österreichischen Musiklandschaft.