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Straight outta Tirol // Interview mit SanTra

Straight outta Tirol // Interview mit SanTra

Hier hat Tirol eindeutig alles richtig gemacht: SanTra. Mit dem Message Magazin hat die vielseitige Künstlerin über Inspirationsquellen, Chaos im Kopf und ihren Weg zur one-girl-show gesprochen. Let’s go.

(c) Bettina Filips

Solo und mit Crew

Mit ihrem Soloprojekt SanTra und ihrer Crew „F63.8“ hat die Tiroler Rapperin und Impro-Künstlerin auch über Landesberggrenzen hinaus von sich reden gemacht. In der Szene ist sie gern gesehen und gehört – ihre vom Publikum als sympathisch, souverän und energiegeladen beschriebenen Auftritte sind bei diversen, auch genreübergreifenden Musikevents ein Highlight: wie zum Beispiel beim Auftritt im Zuge vom Moonshinerz Festival 2023 oder zusammen mit Spilif im pmk in Innsbruck im vergangenen März. SanTras Songs handeln vom Leben und seinen Hürden nachdenklich, kritisch und gleichzeitig humorvoll rappt und singt sie über ihre eigene chaotische Ader, innere Zerwürfnisse, Weltschmerz und die Ambition, sich nicht für andere verbiegen zu müssen.

Gitarren on-off

SanTras musikalischer Ansatz ist vielfältig und experimentell – deswegen gestalten sich ihre Shows kurzweilig und bleiben umso länger im Gedächtnis. Von den Drums bis zum Geigenspiel lässt SanTra nichts aus – ein Instrument hat sie sich allerdings für lange Zeit eher gnadenhalber angetan. „Man möchte es kaum glauben, aber ich spiel echt nicht soo gern Gitarre. Ich hab mich durch die Gitarrenpflicht im Studium richtiggehend durchgequält. Aber hey, es hat meinen Sound definitiv erweitert.“ Da sie als Impro-Künstlerin eine gute Challenge zu schätzen weiß, hat sie sich mittlerweile auch eine eigene „voll geile“ Gitarre zugelegt. „Ich bin ja gerade am Weg, eine one-girl-Show zu werden – mal schauen. Deswegen spiele ich gerade auch Sachen, die mir noch nicht so liegen.“

Input und Inspiration

Auch ihre Playlist spiegelt SanTras musikalische Vielfalt wider, von Maeckes bis Childish Gambino, von Trip-Hop bis Hardcore-Techno. Fragt man sie nach ihrer liebsten Inspirationsquelle, nennt sie Artists wie Venetian Snares und Gotts Street Park. „Neuen Sound zu entdecken pusht massiv meine eigene Kreativität,“ meint SanTra. „Mir gefällt ja auch was komplett anderes als Rap – wie Klassik oder Jazz – kreativ würde ich mich schon sehr limitieren, wenn ich meine Inspirationsquelle auf einzelne Genres beschränken würd. Ich glaube, da offen zu bleiben, lässt die Kreativität nie versiegen.“

(c) Sammy Steurer

Ein Instrument für jedes Thema

Ihre kreativen Skills bringt SanTra nicht nur in ihren eigenen lyrischen Ausdruck ein, sondern findet auch Wege, diese im Alltag spielerisch zu integrieren. „Rap ist etwas, das ich gerne aufgreife und mit dem ich experimentiere“, sagt sie. Rhythmus sieht sie als universelles Werkzeug, das beim Lernen unterstützt – sei es beim Zählen oder Merken. Sie betrachtet Rap als einen vielversprechenden Weg, um mit jungen Menschen in Kontakt zu treten. „Man kann eigentlich jedes Thema verpacken, humorvoll oder ernst, und das ist etwas, das ich gerne vermittle. Es ist wichtig, dass wir schon früh lernen, unsere Gedanken und Gefühle auszudrücken.“

„Weil ich mich so gerne überrasche.“

In ihren Lyrics verarbeitet SanTra persönliche und gesellschaftskritische Themen. „Das hilft mir auch, mich selbst besser zu ordnen.“ Beim Thema ordnen beispielsweise – vor allem im Inneren – vermittelt SanTra einen selbstironischen Zugang, in dem sich wahrscheinlich viele von uns wiederfinden: Im Song „Versteckerlix“ thematisiert sie den Struggle, alltägliche Dinge zu verlegen und verlieren, wenn im eigenen Kopf gerade einfach zu viel los ist. Nachvollziehbar.

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(c) Bettina Filips

1x ohne Beef bitte

Mit anderen Rapper*innen pflegt SanTra einen harmonischen Umgang, setzt auf Kollaborationen und hält sich fern von Disstracks und Beefs: „Bei Battles versteh ich das ja als eigene Kunstform, aber prinzipiell ist das nicht mein Style. Ich muss niemanden dissen. Mir ist wichtig, mich mit den richtigen Leuten zu umgeben, die mich respektieren und gut behandeln – die habe ich – und ich würde mich nie von irgendwas abhalten lassen. Ich glaube, die Szene entwickelt sich positiv weiter und hab auch das Gefühl, es tut sich akut etwas: weniger unreflektierter Sexismus, mehr Reden über Dinge, die wichtig sind.“

Auch wenn sie gerade weniger Zeit im Studio verbringt, ist SanTra bereit, mit neuen Tracks zurückzukehren: „Ich musste mich kurz zurückziehen, um meine Batterien aufzuladen. Inspiration und Motivation kommen in Phasen, wie vieles im Leben. Jetzt bin ich bereit, wieder auf der Bühne zu stehen – vielleicht ja bald mit einer one-girl-show?“