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„Ingredients“ Folge 1: Retrogott & Hulk Hodn

„Ingredients“ Folge 1: Retrogott & Hulk Hodn

Retrogott&Hulk Hodn1

Zurück in den güldenen gedruckten Tagen des The Message Magazines. Da gab es eine Gusto-Serie namens „Ingridients“. Protagonisten aus dem Musikbereich gewährten dort Einblicke in ihre Kochmanuskripte und richteten dann das favorisierte Mahl mit den hungrigen Redakteuren an. Und weil wir noch immer begierig danach sind, entschieden wir uns dafür, „Ingridients“ wieder aufleben zu lassen. Da wir es organisatorisch nicht hinbekamen, eine Küche aufzutreiben, verkam die Kochanleitung unserer ersten Hobbyköche zu einer theoretischen Trockenübung. Mit viel Wasser-im-Mund-Zusammenlaufen ob des Hungers.

Text und Fotos von Felix Diewald

„Ganz egal was, Hauptsache immer dasselbe“, antwortete Wittgenstein stets, wurde er nach seiner Lieblingsspeise gefragt. Welchen Stellenwert hat Essen in eurem Leben?
Retrogott:
Ich esse auch gerne mal was anderes. Trotzdem freue ich mich immer wieder auf bestimmte Gerichte.
Hulk Hodn: Immer dasselbe wäre mir auch zu langweilig. Aber ich esse auch gerne, auch wenn man es mir nicht ansieht.

In unserem letzten Interview meinte Kurt (Retrogott, Anm. d. Red), dass er früher sehr gerne Käsekrainer und Schnitzel gegessen hatte, sich mittlerweile aber aus dem Wurstgeschäft zurückgezogen hat. Ist Retrogott jetzt Vegetarier?
Retrogott:
Ich bin hab mich von den Würsten wegbewegt. Aber ich kann trotzdem auch mal eine essen.

Was war der Grund dafür, das Gewissen?
Retrogott:
Man kann das auch Gewissen nennen. Ich würde es weniger spektakulär einfach als eine geschmackliche Entscheidung bezeichnen. Auf mich macht diese Masssenproduktion, Massentierhaltung manchmal einen komischen Eindruck. Eigentlich kommt man aber auch nicht drum rum als Fleischkonsument. Trotzdem, die Überlegung „Wie viele Tiere auf einmal esse ich eigentlich gerade?“ finde ich manchmal – abstrakt. Da esse ich lieber ein Stück Fleisch, ein Steak oder so,. Ich fühle mich wohler, wenn ich ein Stück von einem Tier esse, als wenn ich grade ein „Best-of-Hundert-Schweine“ in einem Natur- oder Kunstdarm in meinem Mund ist. Ich sehe da eine Entfremdung, die sich irgendwie nicht gut anfühlt, aber das ist was völlig Subjektives.

HulkhodnWie ist das im Alltag, kocht ihr ausgiebig?
Hulk Hodn:
Bei mir zuhause wird öfter gekocht, aber ich bin eher der Typ, der gerne essen geht. Da ist die Vielfalt sehr hoch. Die Koch-Skills überlasse ich einfach lieber den Profis.
Retrogott: Ich mag’s echt gerne zu kochen. Letztens hab ich mit einem Saxophonisten gesprochen und der meinte, dass Musiker oft so kochen, wie sie Musik machen. Ich sehe da bei mir eine starke Parallele zum Beats machen. Das war auch nicht immer so. Ich hab mich dazu hinbewegt, dass ich Wert drauflege, wie ich einzelne Sounds eque, da relativ lange rumfrickle, bis ich auf der Frequenz bin, die ich mag. Und ich finde bei Gewürzen ist das auch oft so – viele Leute sagen: „Heute koch ich was mit Curry“ und knallen die ganze Tüte Curry hinein. Ich mag das, echt Nuancen setzen. Deswegen macht mir Kochen sehr viel Spaß. Leider komme ich nicht oft dazu.

Kann man sich als Endkonsument bei den diversen Gütesiegeln und Bio-Zertifikaten sicher sein, das Angepriesene zu bekommen?
Hulk Hodn:
Ich glaube, da kannst du dir gar nicht sicher sein. Im Endeffekt sind das auch einfach nur Labels, die da drauf sind. Entweder man vertraut der Sache oder man geht wirklich zum Bauern um die Ecke – was bei mir in der Stadt nicht möglich ist.

See Also

Kauft ihr Bio-Produkte?
Hulk Hodn:
Ja schon.
Retrogott: Also ich greife schon eher zum Bio-Fleisch als zum anderen. Andererseits, wenn ich jetzt zu einem Metzger gehe – dem ich aus welchem Grund auch immer Vertrauen schenke – dann muss da nicht BIO draufstehen. Weil die Bio-Sache ist auch nur ein Label mit vielen Schummelmöglichkeiten. Ich hab mich noch nie genau damit befasst, aber ich glaube wenn da eine Zutat Bio ist, gilt das Ganze als biologisch. Was ich bei Bio – fernab von den Produktionsbedingungen – gut finde: da sieht man nicht so viele Geschmacksverstärker und hundert verschiedene Es auf der Verpackung. Ob das jetzt wirklich glücklicher Mais oder Gen-Mais ist – ich weiß nicht.
Hulk Hodn: Ich versuche lieber zu kontrollieren, dass die Sachen einigermaßen frisch sind. Wenn du Pasta machst, dass du nicht die Pasta aus dem Glas nimmst sondern die selber machst. Das reicht mir schon.

Retrogott

Hier das von Kumpel Brous One überlieferte Rezept zur:

Pastel de choclo à la Retrogott & Hulk Hodn

cc by GraceconF
cc by GraceconF

Frischer Mais wird vom Kolben geschnitten, gestampft und gekocht. Nach Belieben Zucker, Milch und Salz beifügen. Es entsteht ein Maisbrei. Dazu wird Hackfleisch (aus ganz vielen verschiedenen Tieren) gemacht. Traditionell wird dieses mit Zwiebeln angebraten. Neben Salz, Pfeffer und Chili wird mit Kreuzkümmel gewürzt. Das Hackfleisch kommt in einen Römertopf und bildet unten eine Schicht. Drüber kommt der Maisbrei. Hie und da noch ein gekochtes Ei, eine Olive, Rosinen. Optional auch noch im Ofen geschmorte Hühnerschenkel. Bis der Inhalt braun ist, wird der Römertopf im Ofen gelassen. Und fertig ist die deftig-süße Mais-Hackfleisch Pastete.