"The hardest thing to do is something that is close…
Gleich zu Beginn eine harte Wahrheit: Die meisten Biopics sind Müll und dienen lediglich als Utensil zur großkotzigen Selbstbeweihräucherung. Daher stand erst Recht in Frage, warum gerade das von Dr. Dre und Ice Cube koproduzierte biografische Drama rund um die einst „gefährlichste Gruppe der Welt“, N.W.A., sich positiv vom Rest abheben sollte. Die Gefahr, dass sich die beiden mit dem filmischen Epos ein glänzendes, glatt-gebügeltes Monument zur Eigenwerbung schaffen wollten, war schließlich durchaus gegeben.
Im Vorfeld zur, von „20 Years of Hip-Hop“ initiierten Preview im Haydnkino (Props dafür) herrschte daher eine komische Stimmung, irgendwo zwischen Vorfreude und der Angst, den Mittwoch anstatt eines Champions League-Qualifikationsspiel für typischen Hollywood-Krams geopfert zu haben, vor. Positive Vorab-Kritiken und US-Hype hin oder her.
Doch die Zweifel waren unberechtigt, denn Regisseur Felix Gary Gray, filmtechnisch bislang eher auf seichterem Terrain unterwegs (die Musikvideos für unter anderem Ice Cube, Dr. Dre und Cypress Hill können sich allerdings sehen lassen) bewies ein Gespür für die richtigen Bilder und Details. Gray setze den bekannten Plot gekonnt in Szene und verzichtete dabei weitgehend auf den üblichen Kitsch und Pathos, der so oft Produktionen der Traumfabrik mit einem fast ekligen Teint umgibt. Seine vollen Stärken spielt „Straight Outta Compton“ jedoch erst bei Szenen aus, die der amerikanischen Gegenwart entrissen sein könnten: Grays Darstellung der Polizeigewalt in Compton schockiert – und führt einem schmerzlich vor Augen, wie wenig sich dahingehend seit 1988 geändert hat.
Um wirklich zu packen, braucht es aber auch die richtigen Schauspieler, und da sticht unter den drei Hauptdarstellern (die Figuren MC Ren und DJ Yella sind halt immer nur irgendwie dabei) besonders Ice Cube-Sprössling O’Shea Jackson Jr. positiv hervor. In den Nebenrollen brillieren Paul Giamatti als Jerry Heller (der zu „Straight Outta Compton“ einen gemeinsamen Filmeabend mit seinem Anwalt geplant hat) und R. Marcus Taylor als Suge Knight. Beide wirken realitätsnah und lebensecht – auch wenn, vor allem bei der Geschichte Jerry Hellers, der Plot doch ein bisschen arg einseitig wirkt. Der Anwalt wird also einiges zu tun bekommen.
Die Schattenseiten des Erfolg finden auch bei „Straight Outta Compton“ Eingang, der dramaturgische Höhepunkt liegt dabei im Tod Eazy-Es. Die Entfernung des tätlichen Angriffs von Dr. Dre auf TV-Modertorin Dee Barnes aus dem Plot stößt aber sauer auf. Passte wahrscheinlich nicht (mehr) zum Image des Kopfhörer-Moguls. Ein etwas fahler Geschmack zu einem ansonsten sehr, sehr ordentlichen Film, den man natürlich nur im Originalton sehen sollte (will mir die deutsche Synchro gar nicht vorstellen).
„Straight Outta Compton“ läuft ab morgen in den Kinos
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