Die US-amerikanische Sängerin und Produzentin Abra wirkt in Jeans-Latzhose und mit blondem Pferdeschwanz am Samstagabend im Café Leopold wie die Reinkarnation einer R’n’B-Queen aus den späten 80ern oder frühen 90ern. Als sie gegen 1 Uhr das erste Mal in Österreich auf die Bühne kommt, ist der Club zum Bersten voll und draußen wartet noch immer eine ziemlich lange Menschenschlange darauf, vielleicht doch noch reingelassen zu werden, um einen Blick auf die coolste R’n’B-Künstlerin der Stunde zu erhaschen. Vielleicht hätte FM4 am Nachmittag doch nicht so viel Werbung für die „großartig klingende“ Musikerin zwischen „Trap-Musik und Miami Vice“ machen sollen.
Dabei macht es das Publikum Abra anfangs gar nicht ganz so einfach – bis auf die vorderen Reihen stehen alle ziemlich steif rum. Das kann aber auch durchaus an dem Rauch-Hitze-Dunst liegen, der sich wie ein Schleier über die zusammengedrängte Menschenmenge legt. Da fällt uns wieder ein, warum wir den schlauchförmigen Salon des Café Leopold für Konzerte als ungeeignet empfinden. Die Show, die Abra abliefert, ist allerdings erstklassig: Sie startet stimmgewaltig mit „Come 4 Me“, dem Intro zu ihrer aktuellen EP „Princess“, und man fühlt sich gleich ein bisschen wie in der melancholisch-poppigen Traumwelt einer 16-Jährigen mit Liebeskummer.
Von so viel Charme lässt sich das Publikum dann doch recht schnell erweichen, bei „Roses“ ist schon viel mehr los und spätestens bei „Crybaby“ stört sich niemand mehr an der Hitze.
Abra, die First Lady von Awful Records, erscheint auf der Bühne ein ganz kleines bisschen schüchtern, wenn sie zwischen Mikrofon und Controller herumhuscht – was aber perfekt zu ihrer Musik und ihrem Image als „Darkwave Duchess“ passt. Und wenn sie tanzt, strahlt das eine verdammt mühelos wirkende Coolness aus, die mitreißt. Nach ihrer Erfolgsnummer „Fruit“, für die sie das Publikum auffordert, alle Handylichter anzumachen, geht Abra circa um 2 Uhr von der Bühne, kommt nach ausdrücklicher Forderung dann aber nochmal für zwei Zugaben zurück und lässt die Wiener Fans in einer obskuren, hippen und retro-charmanten Atmosphäre zurück. „Wenn sie so weitermacht und mit den richtigen Producern zusammenarbeitet, traue ich es ihr zu, sogar bis in Aaliyah-Sphären vorzudringen. Der Weg ist lang, wenn sie fokussiert bleibt, ist alles für sie möglich„, fasst der beim Konzert anwesende Grazer Rapper MILE den gerechtfertigten Hype um Abra zusammen.
Text: Annina Bachmeier & Julia Gschmeidler
Fotos: Marlene Rosenthal
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