Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
Auch neben der jüngsten Huhnmensch-EP „Promille Tape“ sowie einer Remix-EP zum 2018 erschienenen Album „Ghost“ von Kinetical & P.tah hatte die vergangene Woche einiges zu bieten. Wie gewohnt hier im Round-up zusammengefasst.
Ael Deen & Tizudemjay – On Point EP
Wien trifft Linz: Nachdem sich der Wiener Rapper Ael Deen auf seiner „11:12„-EP im Frühjahr von einer melancholischen, gefühlsvollen und soundtechnisch ruhigeren Seite gezeigt hat, steht nun der Herbst im Haus. Mit dem Linzer Produzenten und Rapper Tizudemjay kreiert er auf „On Point“ einen 808-lastigen und atmosphärischen, leicht trappigen Sound. „Schwelge oft in meinen Daydreams / In fünf Jahren sind wir mainstream“, heißt es auf „Swayze“, der vorab erschienenen Single zur EP. Die fünf Songs sind ein Zusammenspiel aus Experimentierfreudigkeit, musikalischem Talent und Gespür für guten Sound. Auf der EP wird es mal ruhiger, melodischer und auch intimer („Dejavu“), mal schieben die beiden ernsten Gedanken und den Anspruch auf inhaltliche Tiefe beiseite und konzentriert sich auf eine im Ohr bleibende Hook („Leftlane“). Tizudemjay und Ael Deen wissen die Stärke ihrer unterschiedlichen Stilrichtungen und Stimmbilder zu nutzen, das Kollabo-Projekt kann durch diese Vielfältigkeit glänzen.
Hightauer & Rice Master Yen – Mängelwesen EP
Seit geraumer Zeit als Saxofonist, Breakdancer und Host bei den „Chilla Jam„-Veranstaltungen aktiv, erweiterte Hightauer heuer sein Spektrum und veröffentlichte im März mit „Affentempel“ seine Debüt-EP als Rapper. Am Freitag erschien mit „Mängelwesen“ ein Nachfolger, erneut gratis via Bandcamp erhältlich. War das Erstlingswerk noch von Dom Beats produziert, arbeitete der Wiener diesmal mit Rice Master Yen zusammen. Abseits davon lassen sich viele Parallelen ziehen: Erneut dominiert auf den sechs kurzgehaltenen Tracks entspannter Sound mit starken Jazz-Einflüssen. Auf diesen rappt der Lulatsch leichtfüßig drauflos, versinkt in seinen Gedanken und kommt dabei immer wieder auf die Liebe für gute Rauchwaren zurück. Daneben dringen immer wieder gesellschaftskritische Töne durch, etwa auf dem jüngst visualisierten Track „Zeitfenster„. Raptechnisch noch mit Luft nach oben, fällt die EP dennoch kurzweilig und unterhaltsam aus.
Juna Shawty – Siaße Tschick & Model Chicks Vol. 2
Auch Juna Shawty setze vergangene Woche zum zweiten Streich an und sorgte für eine Fortsetzung seiner EP-Reihe „Siaße Tschick & Model Chicks“. Auch diesmal ist der Name Programm – der Rapper aus der Crew Gutaussehende Stoner inszeniert sich als Player und rappt über den Lifestyle, zwischen „5 Chicksens“ herumzuswitchen: „Keine Kohle für Designer / Und trotzdem klär‘ ich eure Weiber / Sorry, bra, ich muss schon weiter / Denn ich hatte jede gute Oide in Vienna zweimal“, spuckt er auf „Keine Designer“ große Töne. Ganz so oberflächlich und monothematisch geht es im Laufe der fünf Tracks dann doch nicht zu, schließlich kommt es auf „Am Start“ noch zur obligatorischen Aufarbeitung eines Gspusis, an dem das eiskalte Playerherz nach wie vor hängt. Passend zum Grundthema, dominieren auf den fünf tracks eingägige Sounds mit Newschool-HipHop-Charakter und RnB-Einschlag.
pan kee bois – Sorry
In die Fußstapfen von aufstrebenden HipHop-Boybands wie Brockhampton oder BHZ scheinen die pan kee bois (benannt nach einem Meidlinger Asia-Restaurant?) treten zu wollen. Für die siebenköpfige Crew aus Wien/Purkersdorf verlief die Anfangszeit schon mal vielversprechend: Heuer haben sie die EP „Preset“ und das Album „WW“ veröffentlicht, im Sommer sorgten sie am Frequency für Moshpits und gute Stimmung. Hitpotenzial ist definitiv da, die Bois setzen schließlich auf energiegeladene Trap-Beats, Raps über ihren Lifestyle und fallen darüber hinaus durch extravagante Erscheinungsbilder auf. All das untermauern sie mit der neue Single „Sorry“, mit der sie gleich das nächste Werk „Reset“ ankündigen. Für die Produktion ist wie gewohnt Crewmember Hennezy – sonst bekannt unter dem Namen srsly – zuständig, der zuletzt auch die Beats zu den KeKe-Tracks „Malibu“ und „Fugazi“ beigesteurt hat. Ein weiteres Indiz dafür, dass das „Racing Team“ auch im kommenden Jahr auf der überholspur bleibt.
Palavra – Sehne nach mehr
Mit der Reise über den persönlichen „Pilgerweg“ scheint Palavra zu sich selbst gefunden zu haben. Auf „Sehne nach mehr“ zeigt er sich – im Kontrast zum Songtitel – dankbar für alles, was er bisher erreicht hat und zufrieden damit, wo er sich jetzt befindet. Der Weg dahin brachte ihn offenbar auch seinem persönlichen Sound näher. Der Track ist seine erste Eigenproduktion, für 2020 stellt er noch mehr davon in Aussicht. Wie schon bei „Alles oder Nichts“ und „Mirage“ ist das Video mit dem iPhone aufgenommen. Die langsame Kameraführung harmoniert hervorragend mit dem ruhigen Beat und den in warmen Farben gehaltenen Aufnahmen des Rappers, samt untergehender Sonne im Rücken. Gegen Ende der ersten Strophe erhöht Palavra die Rap-Geschwindigkeit, schafft es aber problemlos durch die Lines, ohne an Gelassenheit zu verlieren. Eine durch und durch stimmige Produktion, trotz der einfachen Mittel – und einer seiner bisher stärksten Tracks.
Sweetboyblondey – Traurig
In der breiten Masse ist Cloud-Rap nicht unbedingt für inhaltlichen Tiefgang bekannt, Stichwort Dadaismus. Dass das eine das andere nicht ausschließen muss, zeigt Sweetboyblondey mit „Traurig“. Auf seinem Album „Sweet Radio Projekt“ erschien der Song bereits im August, nun folgte das Musikvideo. Auf subtile Art und Weise schaffen es Song und Video, eine fast unbemerkbare, aber enorm starke Melancholie zu transportieren. „Mein Kampf im Inneren. Liebe. Ein Laster. Die Essenz aus all Leben. Wie schwierig es aber ist. Ein auf und ab“, wird zu Beginn des Videos eingeblendet. Kampfszenen in Slow-Mo am Häuserdach, Auf- und Abfahren im Lift. „Sie ist traurig / Tränen in ihrem G’sicht weil ihr Herz bricht / Sei nicht traurig / Meine Seele kalt, bitte wärm mich“ – Sweetboyblondey fragt sich, wie tragisch Liebe sein kann und sieht im Spiegel „einen Jungen, der sich schmückt mit Tränen, die er nachts alleine weint“. Lyrisch bestimmt nicht einer der versiertesten Raptexte, gibt der Track dennoch überraschend ehrliche und intime Einblicke in die Gedankenwelt eines Musikers, der seine Emotionen in seiner Musik widerzuspiegeln weiß.
Sidney – Jetzt oder nie
„Jetzt heißt es jetzt, jetzt oder nie / Diggie ja ich flex, flexe mit mei’m Team / Jetzt wird besetzt, denn wir entern Wien“. Sidney ist „high of life so als wär’s ein orger Spliff“, scheint noch viel vorzuhaben und alles dafür zu geben. Inhaltlich nicht sein stärkster Song, für einen klassischen Representer-Track aber auch ganz okay so. Was viel mehr überzeugt, ist die hohe Qualität und Liebe zum Detail, sowohl soundtechnisch als auch visuell. Das Video ist in der Grellen Forelle in Wien entstanden, wo Neonröhren für spannende Lichteffekte sorgen und im Schwarzlicht mit der Gang in grellen Outfits Minigolf gespielt wird. Sidney versteht eben sein Handwerk und die Kunst, ein ansprechendes Gesamtbild zu erschaffen.
Beatbangers & Devillion – Killamanjaro
Neues aus der Feuerfabrik: Die Beatbangers und Devillion machen gemeinsame Sache und werkeln gerade am Album „BhD“ (Bangers hoch Dev). Als ersten Vorboten präsentierte die Ländle-Niederösterreich-Kombo kürzlich „Killamanjaro“. Ein gewohnt smoother Representer-Track, der viel 90er-Flavour bietet und zum dezenten Kopfnicken animiert. Auch der ein oder andere Seitenhieb ist darauf zu hören: „Man kann gar nicht so breit sein / Was die meisten hier liefern ist Scheiße zur Primetime“. Das dazugehörige Video ist enstanden, als die Beteiligten rund um einen Gig in Niederösterreich herumgestreunt sind.
Text: Simon Nowak, Chiara Sergi & Francesca Herr