Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
Österreichischer Rap und verwandte Disziplinen liefern derzeit reichlich Stoff. Aufgrund der hohen Dichte an Neuerscheinungen sehen wir uns mit einer Reizüberflutung konfrontiert und kommen kaum noch hinterher. Daher hier der Versuch, in geballter Form möglichst allen erwähnenswerten Österrap-Releases und -Videos der vergangenen Woche eine Plattform zu bieten. Kalenderwoche 47 erwies sich als durchaus hochkarätig besetzt.
Kinetical & P.tah – Ghost
Eines der stärksten österreichischen Rap-Releases des Jahres ist Kinetical & P.tah gelungen. Am 20. November haben sie die „Ghost“-EP – die elf Tracks würden auch gut als LP durchgehen – veröffentlicht, an der sie knapp zwei Jahre geschraubt haben. Vorab erschienene Tracks wie „Done“, „Roller“ oder das Kinetical-Solo „Inbox/Mic Tun Up“ haben die Marschrichtung bereits vorgegeben: Gewohnt bassiger Grime- und Dubstep-Unterbau mit teils 140 BPM trifft auf ähnlich rasante, technisch einwandfrei gespittete Lines. Die Chemie der beiden passt merklich, daran ändert die Zweisprachigkeit – P.tah auf Deutsch, Kinetical auf teils „patoisigem“ Englisch – der Texte nichts.
Unter den vielen Tracks mit starkem Battle- und Representer-Charakter sticht etwa „What You Gonna Do“ mit fast hypnotisierendem Beat von Mirac und Feature des gambischen Vokalisten T Smallz Suso heraus. Vergleichsweise ruhig geht es im P.tah-Solotrack „Wo ich bleib“ zu, der sich als prägnante, ambivalent ausgeformte Wien-Hymne entpuppt. Dass der Dancefloor im Wiener Werk bei der am Freitag stattfindenden Releaseshow glühen wird, ist jedenfalls Formsache. Neben den beiden erprobten Live-MCs werden dabei auch die UK-Bass-Exporte Capo Lee und Compa auftreten.
Average – 1 Uhr 30
„Zuerst voll mit Alkohol, dann voll mit Adrenalin“ – was so gegen 01:30 Uhr passiert ist, ist am morgen nach einer durchzechten Nacht mitunter nur noch vage in Erinnerung. Von diesem Level ist Average im gleichnamigen Track jedoch weit entfernt, schließlich entpuppt sich „1 Uhr 30“ als realistisch nacherzählte Tragödie. Beginnend mit einem vermeintlich unbeschwerten Fußweg durchs nächtliche Wien in Folge eines Partybesuchs, endet er – Spoiler alert! – mit der Wahl des Notrufs 144 und der Feststellung, dass leider jede Hilfe zu spät kommt. Tragischer Storyteller, fein umgesetzt. Flip hat den Beat beigesteuert, Tobias Scheichl das teils in menschenleeren Ottakringer Straßen (ergo nicht der Ottakringer Straße) entstandene Video.
Gloriettenstürmer – Machtlos
Still und heimlich haben sich die Gloriettenstürmer kürzlich ihrer Schönbrunner Herkunftszuschreibung entledigt. Doch dem geschulten Auge entgeht nichts! Für liebende Ohren liefert das Herzbuben-Duo weiterhin schlagergetränkte Liebes- und Liebesleidlieder, wie die neue Single „Machtlos“ unterstreicht. „Pure Romantic Trap“, so die treffende Selbstbeschreibung der Stürmer. Muss man – wie den im Video in Szene gesetzten Mustang – einfach ins Herz schließen.
Arkan45 – 45 Räuber
„45 Räuber kommen nachts in deine Stadt“ – Einen kleinen Teil der Hook und den Titel „45 Räuber“ hat Arkan45 von einem gleichnamigen Track aus dem Jahr 2016 recycelt. Bei der damit einhergehenden Qualitätssteigerung und Weiterentwicklung auf allen Ebenen kann aber getrost vom Upcycling die Rede sein. Auf seiner neuen Single zeigt sich der mittlerweile in Berlin stationierte Voralberger Rapper – die 45 entspringt übrigens der Postleitzahl seiner Heimatstadt Hohenems – grüblerisch, spitzen gegen das stumpfe Rap-Business und die Exekutive inklusive.
Der traurige Gärtner – Leise rieselt der Schnee
Passend zum derzeit frostigen Wetter und der langsam nahenden Weihnachtszeit (s/o an alle, deren Ohren beim Billa-Besuch noch nicht hinterrücks durch „Last Christmas“ und Konsorten tyrannisiert wurden), startet Der traurige Gärtner mit „Leise rieselt der Schnee“ seine fünfteilige „Skalt-Saga“. Die von Mirac produzierte „Skalt“-EP soll am 10. Dezember erscheinen und eine crazy Weihnachtsgeschichte erzählen. Ganz nach dem adventlichen Vorbild gibt es ab sofort eine wöchentliche Videoauskopplung, der Startschuss fällt schon mal winterlich-cloudig aus.
Mace feat. Amun Mcee – Sekundentakt
Seit über fünf Jahren fungiert Mace nun schon als Back-up-Rapper von Dame, gemeinsam haben sie mittlerweile über 200 Konzerte gespielt. Durch einige Singles, die eine ähnliche Zielgruppe ansprechen, konnte sich auch Mace in jüngerer Vergangenheit eine solide Reichweite schaffen. Zumal der Sound merklich auf eine gewisse Massentauglichkeit getrimmt ist, ist auch dem musikalischen Lebenszeitoptimierungs-Ratgeber „Sekundentakt“ ein glatter, poppiger und phrasenhafter Charakter schwer abzusprechen. Potenzial für Ö3-Airplay ist bestimmt vorhanden. Als Featuregast rundet mit Amun Mcee ein alter Bekannter ab, der sich vier Jahre nach seinem Album „Pharao“ zurückmeldet und auch wieder neuen Solo-Output plant.