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Austro Round-up // November 2021

Austro Round-up // November 2021

Bacardy52

Das November-Round-up mag verhältnismäßig kompakt wirken. Das liegt in erster Linie daran, dass wir bereits gesondert über die Alben/EPs von JerMC & food for thought, Hinterkopf, Verifiziert und TubAffinity berichtet haben. Davon abgesehen gab es ein paar weitere größere Releases – und natürlich jede Menge neue Tracks. Wir haben einiges in der Austro Round-up-Playlist auf Spotify gesammelt, einen kleinen Teil der Videosingles auch textlich behandelt. Für einen noch umfassenderen Single-Überblick, diesmal inklusive Donna Savage-Interview, können wir auf die neue WNMR-Ausgabe verweisen. Einen interessanten Einblick geben zudem Kinetical & P.tah in der jüngsten Blunttalk-Ausgabe.

Text: Simon Nowak, Hilde Mayer, Michi Koffler

Releases

Bacardy52 – Von Mönchs- bis Wienerberg

Nach „Pflanzen“ veröffentlichte Bacardy52 kürzlich sein zweites Album „Von Mönchs- bis Wienerberg“. Auch wenn der Rapper nach einem Abstecher in den Niederlanden inzwischen selbst in Wien lebt, ist seine Heimat Salzburg auch auf diesem Album wieder Thema. So zeichnet schon der Albumtitel seine Reise vom Salzburger Mönchsberg bis zum Wienerberg nach – ähnlich divers ist das Album musikalisch gestaltet. Grundlage für die Sounds bildet so eine Mischung aus Trap und Drill, aber auch softere, ernster anklingende Parts, wie beispielsweise auf dem Song „Karmakonto“ haben es aufs Album geschafft.

Auch sprachlich lässt sich im Album nicht wirklich ein roter Faden finden – einzelne Refrains werden auf Spanisch getextet, Parts auf Flämisch vorgetragen. Und Bacardy selbst? Der rappt inzwischen auf Hochdeutsch, Salzburger bleibt er aber trotzdem, wie er auf „Chinatown Kiffn“ selbst textet. Dieser Salzburger HipHop-Hintergrund lässt sich auch im allgemeinen Soundbild erkennen, die Connections zur Hanuschplatzflow-Crew dringen durch.

Inspiration für seine Songs zieht Bacardy52 hauptsächlich aus dem Reisen und das lässt sich auch im Album hören. Vielfältigkeit, unterschiedliche Sounds und Sprachen prägen sein zweites Album. Entstanden ist seine neue Musik kurioserweise weder in Wien, noch in Salzburg, sondern in Holland – also ohne jegliche Bergkulisse.

Christl – A Room For Her Own

Dass Christls Musik nicht nur aus einzelnen Hits, sondern aus meist vielfältig ausgeprägten Kunstprojekten besteht, die ihre Musik untermalen, zeichnete sich seit ihren ersten Veröffentlichungen ab. Erste Aufmerksamkeit hatte die Künstlerin so beispielsweise durch ihre Kunstaktion gegen sexuelle Belästigung auf den Straßen Wiens erreicht, inzwischen kann sie Auftritte auf mehreren namenhaften Events für sich verbuchen. Im November veröffentlichte die Musikerin mit „A Room For Her Own“ ihre erste EP. Inspiriert wurde Christl dabei von Virginia Woolfs gleichnamigen Buch, das sich, wie ihre eigene EP, mit der Frage nach gesellschaftlichen Erwartungen und der Befreiung eben dieser beschäftigt.

„Wie viel Raum gebe ich mir selbst mit meiner Kunst?“ und „Welche Räume nehme ich ein oder werden mir geboten?“ sind zentrale Fragen, die Christl in den Songs beschäftigen. Diese Selbstfindungsreise zieht sich auch musikalisch durch die EP – so werden experimentelle Soundscapes mit energetischen, aber trotzdem melancholisch anklingenden Songs verknüpft, auf denen Christl mit starker Sprache ihre Messages klar macht. Eine EP, die nicht nur musikalisch, sondern auf vielen Ebenen überrascht und überzeugt.

Brown-Eyes White Boy – Bunte Tage

Vergangenes Jahr waren es noch “Graue Tage”, mittlerweile hat sich die Wetterlage beim Salzburger Rapper Brown-Eyes White Boy geändert. “Bunte Tage” heißt seine neueste EP, erschienen Anfang November. Bunt ist aber, wie die Tracks zeigen, nicht unbedingt besser als Grau, dafür aber abwechslungsreicher und reflektierter. “Scheine grün und das Ottakringer gelb und ich weiß auch selbst, ich red zu viel über Geld.” heißt es auf “1A” beispielsweise. Anspielungen auf die verschiedensten Farben finden sich genügend, so ist die Rede von Augen, die ruby sind und Grünem, das mies hittet.

BEWB macht sich die Welt so wie sie ihm gefällt und das ist anscheinend eine Mischung aus Hedonismus und Selbstreflexion. Auf neun Songs, von denen nur zwei über zwei Minuten lang sind, rappt er über seine Versuche, sich zu bessern, genießt aber dazwischen auch mal das Leben. Neben Anspielungen auf “That 70s Show” und Wortspiele über Smoothies, teilt er auch aus. “Wenn ihr alle Künstler sind, was ist dann Kunst” rappt er auf “Hunnid Bands”. Neben der vollen farblichen Palette ist aber auch Klag-technisch einiges vertreten. Ruhige, atmosphärische Beats lösen trappige, schnellere Sounds ab und machen unsere Tage Anfang Dezember dann doch wieder bunt.

Fantast – Fantast

Ein gleichnamiges Release von Fantast? Da war doch schon mal was, oder? Richtig! Bereits Anfang 2020 hat die Wiener Crossover-Formation eine selbstbetitelte EP veröffentlicht. Damals mit vier Tracks bestückt, gibt es jetzt quasi zugleich einen doppelt so langen Nachfolger und eine Jumbo-Version des Debüts. Schließlich haben Fantast drei der alten Tracks mitgenommen. Macht aber durchaus Sinn, denn das Trio bleibt seinem Stil auf neuen Tracks wie „Repeat“ oder „Hiit“ treu – inhaltlich wie musikalisch.

So treffen poetisch angehauchte englische Texte, die sich um existenzielle Fragen und den persönlichen Umgang damit drehen, auf schwere, experimentelle Klänge mit Electronic- und Industrial-Anleihen. „Wie konnte es nur soweit kommen und warum machen wir so weiter?“, so die zentrale Fragestellung. Willkommen in der Melancholie der Zukunftslosigkeit! Dazu gibt es ein interessantes Soundbild, das Komplexität und catchyness vereint. Wunderbar.

Singles

Von Seiten der Gemeinde – Wolffreie Zone

Die idyllischen Bilder trügen – in Tirol geht es immer wieder gehörig rund, wie Von Seiten der Gemeinde schon in der Vergangenheit mehrmals in Tracks aufgearbeitet haben. Im Jänner geht die Saga mit einem Album weiter, das auf den schillernden Namen „Almen aus Plastik“ hört. Das „Heilige Land“ bringt eben doch sehr spezielle Charaktere und Ereignisse hervor, die Lokalsender-Sprachfetzen scheinen Chrisfader, Testa und Yo!Zepp Steilvorlagen am Fließband für eine satirische Aufarbeitung in Mundartrap-Form zu liefern. Als ersten Auszug präsentierte das Trio im November „Wolffreie Zone“. Eine gewohnt unterhaltsame audiovisuelle Abhandlung eines vermeintlichen Nischenthemas, bei dem das Trio einige Parallelen zu einer weitgreifenden Debatte, der „Flüchtlingskrise“ 2015 zieht. „Es geht um das Schüren von Ängsten, Einwanderung, Grenzen, Panikmache, Verschwörungstheorien und in erster Linie um die Verrohung der Sprache, die sachliche Diskussionen zunehmend verunmöglicht“, schreiben sie dazu. Der Wolf ist eben nur einer von vielen unerwünschten Gästen auf Tiroler Boden – wie aktuell etwa auch eine serbische Familie, die ein Haus erwerben will, zu spüren bekommt.

mehrYEAH – Süssstoff

Über eine zufällige Begegnung an einem Filmset in Georgien zusammengefunden, arbeiten Rapper MCHg und Produzent mohnrovia seit geraumer Zeit gemeinsam an Musik – unter dem Namen mehrYEAH. Auf den ersten Blick hat sich das Wiener/Steirer Duo mit der Single „10dag Extra“ und der jüngsten Veröffentlichung „Süssstoff“ ganz den Essensmetaphern verschrieben. Letztendlich steckt eine wichtige Message dahinter. So widmet sich der neue Track dem Thema Depressionen. MCHg rappt aus eigener Erfahrung über dieses Gefängnis und den schweren Ausweg, auf den er nach langem Kampf zurückblicken kann. Ein deeper Track mit ebenso berührender visueller Umsetzung. In einer Zeit, in der die anhaltende Pandemie und eine zunehmende politische Spaltung als zusätzliche Belastungen auftreten, auch ein Zeichen, das signalisiert: ‚Ihr seid nicht alleine!‘.

Bei dem Track alleine möchten es mehrYEAH nicht belassen. So ist für 2022 im Rahmen einer Veranstaltungsreihe mit Liveacts und zugeschaltenen Betroffeneneine Kooperation mit GoOn, der steirischen Suizidprävention, geplant. „Da in meinem Bundesland die Selbstmord-Rate, speziell unter Männern, anscheinend sehr steigt, wollen sie etwas finden, das auch Männer anspricht und wo man sie abholen könnte. Und da passt der Song – und vor allem das Video – wie die Faust auf’s Aug. Und sollten wir es schaffen, auch nur einen dieser Suizide mit unserem Beitrag zu verhindern, haben wir den Zweck schon mehr als erfüllt“, schreibt MCHg. Eine durch und durch unterstützenswerte Sache.

Ron21 – Highway To Hell | Shutter Island/Hard Knock Life

In den vergangenen Jahren schon mit einigen vielversprechenden Singles in Erscheinung getreten, war es heuer verdächtig ruhig um Ron21 – zumindest bis in den Herbst hinein. Dafür schließt der Rapper aus der Großfeldsiedlung das Jahr mit einem intensivem Programm ab. Nach seiner Teilnahme an den drei Tracks der Representer-Serie „Großfeld Onetake“ präsentierte er mit „Shutter Island/Hard Knock Life“ und „Highway To Hell“ kürzlich zwei Videos als Vorboten seines „Shutter Island“-Tapes, das am 16. Dezember erscheint – inklusive einem amüsanten Ambros-Skit am Ende.

See Also

Aber Gimmicks beiseite: Ron21 bleibt seinem Stil treu und liefert pointierte bildliche Einblicke ins Leben am Stadtrand, ungeschönte Hoodstories eben. Dass er als Rapper das Potenzial hat, über die Siedlung und den Bezirk hinauszustrahlen, war schon vorher klar – nun deutet er an, sich neben dem technisch ohnehin starken Level auc htextlich nochmal auf ein neues Level gehievt zu haben.

Nike101 & Dinka Maximus – Kickflip

Nike101 meldet sich mit der Single „Kickflip“ zurück und sie kommt in guter Begleitung: Als Feature holt sich die Wienerin keine geringere als Dinka Maximus an die Seite. Auf einem Beat von 333Sebby holen die beiden uns direkt in den Wiener Skatepark und fallen vor allem mit großer Klappe und provokantem Style auf – so entsteht ein Song, der ebenso für alteingesessene HipHop-Fans, als auch für Streetgirls wie gemacht ist. Die Oldschool-Sounds, die von PMC Eastblok gemixt wurden, unterstreichen diesen Vibe und sorgen für den perfekten Song fürs Gelingen des nächsten Kickflips.

Spitting Ibex – Dingo Jackson

Mit einem aufwendigen und spektakulären Video beenden Spitting Ibex das Kapitel „Love Hate Fear Fate“. Jenem Album, das mittlerweile seit knapp zwei Jahren veröffentlicht ist. In einem Gerichtssaal gedreht, hat die Wiener Crossover-Band „Dingo Jackson“ in Kurzfilm-Manier visualisiert – zu einem Track, der sich in eher ironischer Manier dem Thema Gerechtigkeit widmet und nun mit dem Video eine „Extended Version“ erhalten hat. Für die Hauptfigur, gespielt von Sängerin Aunty, eine aussichtslos erscheinende Situation, die gestützt von viel Detailarbeit, einer Menge Schauspieler*innen aus dem Bandumfeld sowie zwei professionellen Schauspielern ihren Lauf nimmt. Nicht nur eines der längsten, sondern auch eines der gelungensten österreichischen Musikvideos anno 2021.

Almost Famous – N.O.M.B.

Almoust Famous sind in der österreichischen Musikszene zwar noch nicht famous, aber könnten durchaus auf dem Weg sein, sich einen guten Namen zu machen. Mit „N.O.M.B.“ veröffentlicht die vierköpfige Formation, deren einzelne Acts bereits aus früheren Formationen wie Viech, oder Those God Damn Hippies bekannt sind, jetzt ihre bereits dritte Single. Musikalisch zu hören bekommt man darauf eine Palette der verschiedenen Soundeinflüsse der einzelnen Künstler*innen, die sich zu einer passenden Mischung aus R’n’B, Soul und HipHop-Elementen vereinen. Doch der Song kommt nicht allein daher – so wurde im selben Atemzug in Form eines Doppelreleases auch die Single „Voodoo“ veröffentlicht.

Schwesta Ebra – Bebi

Wie man wichtige Themen anspricht und dabei gleichzeitig gute Musik macht, zeigt uns Schwesta Ebra. Neben ihrem Comedy-Content auf diversen Social-Media-Kanälen, releast die Beatzarilla-Künstlerin schon seit dem Frühjahr diesen Jahres Tracks über Dickpicks, Rassismus und toxische Männlichkeit. “Wenn Yung Hurn Feminist wäre”, beschreibt Der Standard die Musik. Ihr neuester Song “Bebi” feiert die Liebe in Form eines Four-to-the-Floor-Bangers. “Wer auch immer dein Bebi ist oder nicht. Du verdienst Liebe, Respekt und Anerkennung.” steht am Anfang des zugehörigen Videos. Es ist ein Zusammenschnitt aus Zusendungen ihrer Fans und zeigt die Liebe in all seinen Facetten.

Weiteres

Weitere Releases

Beatbangers – Einheizbrei 2

Weitere Videos

Bibiza – Zeit vergessen
Drexor – Winner
Gola Gianni & Eli Preiss – D.O.D
Hinterkopf – Noch nicht
HipHop Joshy & Vorsicht Pfui – (100:0)
JerMc & food for thought – Li Ziqi
Phöönix, Andzijo & Rhimo – Laber mich nicht zu
Rheventon – Enter The Void
Smooth Monkey – Adios
Soulcat E-Phife – Blood and Water
Texta – Blindflug
YKO & Hightauer – Tag