Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
Österreichischer Rap und verwandte Disziplinen liefern derzeit reichlich Stoff. Aufgrund der hohen Dichte an Neuerscheinungen sehen wir uns mit einer Reizüberflutung konfrontiert und kommen kaum noch hinterher. Daher hier der Versuch, in geballter Form möglichst allen frischen Österrap-Releases und -Videos der vergangenen Woche eine Plattform zu bieten. Im Vergleich zum extrem ereignisreichen Herbstbeginn geht es nun zwar wieder etwas ruhiger zu, dennoch sind auch in der Kalenderwoche 45 einige Videos erschienen.
Kravali – Leavin
Ob ein zerbrochenes Liebesverhältnis, oder doch die Zeit als Teil der Linzer HipHop-Crew 3MinutenEi – Kravali wagt mit „Leavin“ einen Rückblick auf vergangene Tage, einen Bruch samt Neuorientierung. Bei der fein umgesetzten Aufarbeitung baut der Linzer Rapper auf einen eingängigen Beat von GC, ergänzende Bratschenklänge sorgen für eine melancholische Komponente. Der Track ist auf dem ziemlich genau vor einem Jahr erschienenen Debütalbum „Die dunkle Seite des Mundes“ vertreten, das Video hat der vor psychedelisch inszenierten Straßenbildern in Erscheinung tretende Kravali hingegen erst kürzlich gebastelt.
Chev Chelios – Trust The Process
Der jungen Crew East West Alliance entspringend, tritt Chev Chelios nach drei Jahren erstmals solo in Erscheinung. Bei seiner am 11. November über YouTube erschienenen EP „Trust The Process“ wird der Wiener von einigen Veteranen der hiesigen HipHop-Szene unterstützt – während Splank White als Mentor sowie als Featuregast auf „Ni Na Drogama“ fungiert, stammen die Beats von Inyaearz, Zaza Mank und PMC. Auf „Hydra“, der ersten Singleauskopplung, macht sich Chev Chelios mit ansprechendem Flow für mehr Realness und gegen den (Autotune-)Einheitsbrei stark. Im Video dreht der Rapper seine Runden am nächtlichen Karlsplatz.
Nachtrag: Ursprünglich wurde Chev Chelios an dieser Stelle für den Anfangs-Vergleich („Jungs aus meinen Reihen schießen scharf wie Milošević“) kritisiert. Es dürfte sich dabei aber tatsächlich nicht um den ehemaligen serbischen Präsidenten Slobodan Milošević, der als Schlüsselfigur der Jugoslawienkriege im Zuge des Kosovokriegs vom ICTY wegen Völkermords und einigen anderen Kriegsverbrechen angeklagt wurde, gehandelt haben, sondern um den jugoslawischen Rekordnationalspieler Savo Milošević. Bildungslücke geschlossen.
Ein ganz ähnlicher Vergleich kommt im Track „West Philadelphia“ mit dem gleichnamigen sozialen Brennpunkt in der US-Metropole. Das dazugehörige GoPro-Video hat Chev Chelios allerdings nicht in Philly, sondern in Moskau gedreht.
N.I.K.O. – Captain Homer
Das im September erschienene N.I.K.O.-Album „Unter Strom“ ist um eine Singleauskoppelung reicher. Nachdem bereits „Euphrat & Tigris“, „Legitimation“ und „Madeleine“ mit Video versehen wurden, folgt nun „Captain Homer“. Während sich Frontmann Nikolai Selikovsky auf Selbstfindungstrip begibt, sticht auch Eva Brandner am Piano heraus. Nur logisch, dass die beiden bei der visuellen Ausgestaltung die Hauptrollen bekleiden.
Merlin Miller – Super 95
Mit „Alles und Nichts“ hat Merlin Miller kürzlich ein Buch voller Kurzgeschichten veröffentlicht, auch das Release seines zweiten Albums „Voyager“ dürfte immer näher rücken. Nach dem Titeltrack sowie „Schall & Rauch“ liefert der Bregenzer jedenfalls einen weiteren Appetizer: Auf dem von seinem Hausproduzenten Bernhard Fetz produzierten „95 Super“ packt er den 80er-Jahre-Synth-Flavour aus und stellt sich angesichts der schnelllebigen Gesellschaft die Frage: „Realität oder Illusion?“
Kevin Cool – Die Schöne
Ebenfalls an einem Release werkelt Kevin Cool, dessen Debüt-EP „Hassliebe“ noch heuer erscheinen soll. Als Vorboten präsentierte er kürzlich die Single „Die Schöne“, die visuell stimmig umgesetzt ist. Auf vokaler Ebene klingt der Track hingegen zu stark wie ein unausgegorener Yung Hurn-Verschnitt.
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