Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
1/3 Instrumentals, 1/3 Underground-Deutschrap, 1/3 Emotrap, wo hoid jemand bissi…
In dieser Reihe widmen wir uns monatlich den neuen Releases der Beat- und Instrumental-Szene. Das Meer an großartigen Beats wird von Tag zu Tag größer und nur die wenigsten Produzenten erhalten gerechtfertigte Credits. Darüber hinaus gibt es regelmäßige Instrumentalreihen – viele der Projekte gehen allerdings in der Flut an Releases einfach unter und werden nicht mit eigenen Artikeln gewürdigt. Dennoch sind sie relevant genug, um ihnen eine Plattform zu bieten.
Text: Simon Huber & Simon Nowak
The Gaslamp Killer – Heart Math
Mit seinem haarigen Erscheinungsbild und ähnlich eigenwilligen Tracks zählt The Gaslamp Killer seit vielen Jahren zu den schillerndsten Produzenten und DJs. Als Mitbegründer des Labels Brainfeeder und Resident der mittlerweile eingestellten „Low End Theory“-Clubnächte prägte der Kalifornier zudem die L.A.-Beatszene mit. Nebenbei sei erwähnt, dass sich The Gaslamp Killer und jene Frau, die 2017 via Twitter Betäubungs- und Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn äußerte und daraufhin von diesem wegen Verleumdung verklagt wurde, im vergangenen Jahr mit einem gemeinsamen Statement auf ein Fallenlassen gegenseitiger Anschuldigungen einigte. Was in dieser Clubnacht, deren vermeintliche Geschehnisse ein wenig an den Fall Freddie Gibbs in der Grellen Forelle erinnern, genau passiert ist, wird somit im Verborgenen bleiben – wir lassen das mal so stehen.
Widmen wir uns nun lieber dem Musikalischen, denn nach einer längeren Pause gibt es wieder mal Output von The Gaslamp Killer. Mit „Heat Math“ hat er kürzlich seine dritte LP veröffentlicht, der Aufwand dahinter war gewohnt hoch. Um seine Vision eines Albums mit modernem, psychedelischen Library-Music-Sound zu erfüllen, versammelte er eine ganze Truppe an Instrumentalisten, Vokalisten und Bands wie The Heliocentrics oder Black Flower um sich. Die 15 Tracks sind dementsprechend aufgeladen, bieten viele Emotionen, Layer und experimentierfreudige Sequenzen. „The music is filled with tons of Heavy Drums, Psychedelic Synths, String Arrangements, Brass, Voices and so much more, all Drenched in Delay and Rinsed in Reverb“, fasst es der Beitext zusammen. Definitiv sein bisher stärkstes Werk und eines der einprägsamsten Alben des laufenden Jahres.
DJ Smokey & Soudiere – Only 2 Left Alive
Bereits in der Vergangenheit immer wieder mit gemeinsamen Tracks in Erscheinung getreten, haben sich DJ Smokey & Soudiere kürzlich für „Only 2 Left Alive“ auf Albumlänge zusammengeschlossen. In Phonk-Gefilden sind die beiden unbestritten Koryphäen, die dem charakteristischen Sound seit einigen Jahren den Stempel aufdrücken – Smokey gilt neben Namenspatron Spaceghostpurpp sogar als Erfinder des Subgenres, das sich irgendwo zwischen smoothem Instrumental HipHop und 90er-Memphis-Rap-Samples ansiedelt. Obwohl sich die Releases seit Jahren konstanter Beliebtheit erfreuen und immer mehr internationale Kollektive wie Purpleposse, Always Proper oder Holy Mob aus dem Boden schießen, deutet der Titel Gegenteiliges an. Wohl schlichtweg ein Weg, den eigenen Status in der Szene zu zelebrieren. Durchaus verdient, denn die beiden liefern wie gewohnt auf Top-Level ab – schöne Soundbilder und feine Drums treffen auf diesmal dezenter eingesetzte Vocal-Schnipsel.
fthmlss – Misplaced
Eines der ambitioniertesten Instrumentalreleases im August lieferte fthmless. Der Produzent aus Manchester ist im Zuge der Produktion von „Misplaced“ quasi unter Beat-Sozialwissenschaftler gegangen, hat die Gesellschaft und die Rolle des Menschen in dieser Welt hinterfragt. Der Weg führte für ihn in die Natur, wie die durchschimmernden Field Recordings von Wasserfällen und Co bezeugen. Die daraus entstandenen Tracks klingen organisch und originär – es herrscht eine träumerische, ruhige Grundatmosphäre, gleichzeitig sorgen die Percussion-Rhythmen, Industrial-Schnipsel und tiefe Bässe oft für einen bouncigen Effekt. Der gedankliche Zwiespalt fügt sich musikalisch sehr harmonisch. Und die Conclusio des Künstlers selbst? „Suffice to say, that below the surface of this project is a feeling that a lot of humanity has felt over the past year: a need for real change and an awakening“, wird er zitiert.
Beatnick Dee – Order & Chaos
Schon seit einiger Zeit auf meiner „Producer to watch“-Liste ist Beatnick Dee. Bislang etwa mit Beats für Co$$, Vinnie Paz, Ras Kass oder Blu in Erscheinung getreten, fesselten mich seine Produktionen am 2019 mit dem Rapper Pheo veröffentlichten Album „Patience“. Im August ließ Beatnick Dee sein erstes Instrumentalalbum „Order & Chaos“ folgen. In Beattape-Form gehalten, legte der mittlerweile in L.A. wohnende Brite gewohnt viel Wert aufs Sounddesign. Er lässt den Tracks auch bei kurzer Spielzeit viel Raum zur Entfaltung. Seinem Selbstverständnis als vielseitiger Produzent entsprechend bieten sie zwischen Boombap und Trap, smoothen Klängen und düsteren Bangern viel Abwechslung und dabei durchwegs freshen Sound. Den Titel dürfte Beatnick Dee bei der Aneinanderreihung der Tracks wörtlich genommen haben – so geht es von „Old Friends“ zu „Cold Swamp“ und die Tracks gewinnen in der zweiten Hälte an Schwere.
Maverick Soul – Synergy LP
Zuletzt mit D’n’B-Tracks auf der EP „We In Here“ in Erscheinung getreten, fühlt sich Maverick Soul auch an der Schnittstelle zwischen traditionellem HipHop-Sound und elektronischen Klängen wohl. Davon zeugt sein neues Album, auf dem obendrein starke Soul-Einflüsse durchdringen – passend also, dass er es „Synergy“ genannt hat. Die zehn Tracks sind über einen Zeitraum von mehreren Jahren entstanden und dabei gut gereift. Punchige Drums treffen auf Neo-Soul-Melodien und prägnante Basslines. Erschienen über das Londoner Label Emcee Recordings, bietet „Synergy“ wohlige, eingängige Klänge mit klarer Handschrift.
Covid Antifa – Quarantine Dreams
Einer der Vorteile dieses in vieler Hinsicht besonderen Jahres ist wohl die Tatsache, dass es zahlreiche Produzenten genug Zeit gegeben hat, an Musik zu arbeiten, lässt sich dies oft auch in häuslicher Quarantäne umsetzen. Der US-amerikanische Rapper Tom Cavallaro hat sich dafür in das passende Produzenten-Pseudonym Covid Antifa geschmissen, die daraus entstandenen Beats nun als Album „Quarantine Dreams“ veröffentlicht und skizziert mit Tracks wie „One Spliff A Day“ seinen mutmaßlichen Lifestyle der vergangenen Monate.
Duuq – 16 Step Utopia
Auch wenn „16 Step Utopia“ Duuqs Debütalbum ist, kann er schon auf eine lange musikalische Historie zurückblicken. In seiner Kindheit spielte er Tenorhorn, anschließend wechselte er zur Bassgitarre und begann, in Bands zu spielen. Mittlerweile fokussiert sich der Münsteraner aufs Produzieren – sein Debüt ist kürzlich über Krekpek Records erschienen und bietet auf 16 Tracks kraftvollen, sphärischen Sound. Die eigenständigen Basslines erscheinen ob seiner Erfahrung als Bassist selbstverständlich, auch darüber hinaus ist alles top und mit Liebe zum Detail arrangiert. Stilistisch lassen sich die Tracks schwer einordnen, sie bewegen sich irgendwo zwischen Westcoast-/G-Funk-, Boombap-, Neo-Soul- und Downtempo-Sound.
Doctor Bionic – The Love Frequency
Mit „The Love Frequency“ veröffentlichte die Band Doctor Bionic trotz gleichbleibendem Kern in leicht divergierender Besetzung ihr bereits viertes Album. Organischer JazzHop-Sound mit analogen Instrumenten, den man nach wie vor überraschenderweise relativ selten findet.
Tortilla Kartout – Baby Bone Boy
Laut Eigenbeschreibung ist Tortilla Kartout ein „chill dude living in LA making chill, kooky and grotesque beats.“ Auf das neue Album „Baby Bone Boy“ trifft „grotesque“ wohl am ehesten zu. Dieses widmet der Schlagzeuger seiner Liebe zu Videospielen und psychedelischen Beattapes. Die Kombination ist ein Potpourri aus 8bit-Samples, Windows2000-Ästhetik und dennoch Bangerpotenzial.
Saltfeend – Skydrone
„Welche spacigen Effekte soll ich nehmen? – Ja.“ So in etwa müssen die Gedanken von Saltfeend bei der Produktion des sieben Track starken „Skydrone“ gewesen sein. Und was soll man sagen: Er hat den perfekten Mittelweg gefunden, das geplante Sci-Fi-Adventure ohne überladene Beats umzusetzen. Da wird wohl der ein oder andere Track in Zukunft (höhö) öfter mal in meiner privaten Playlist laufen.
Mr. Backside – Unidentified
Zu den konstantesten Produzenten Deutschlands gehört Mr. Backside. Seit 2011 hat der Siegener über das Label Amajin Records zahlreiche Beattapes releast, die Zweistelligkeit ist längst erreicht. Heuer knüpft er nahtlos daran an – auf das im März erschienene „Galaxy Dreams“ folgte im August „Unidentified“. Wie gewohnt spielte Mr. Backside dabei seine Leidenschaft für B-Movie-Samples und andere obskure Quellen aus, bastelte daraus raue, kurzweilige Tracks mit Banger-Potenzial. Ein bewährtes Rezept, das immer wieder aufgeht.
Ess Be – The Other Side Of Tomorrow
In den vergangenen Jahren bereits regelmäßig als Produzent für den kalifornischen Rapper Sareem Poems in Erscheinung getreten, veröffentlichte Ess Be kürzlich erstmals ein Soloprojekt – „The Other Side of Tomorrow“ soll der Startschuss einer Reihe an Instrumentalreleases sein. Mit seinem Debüt liefert der Produzent aus Michigan entspannten, sphärischen Sound, der oft ziemlich bouncig rüberkommt. „I would describe it as an eclectic and experimental music journey. You’ll hear everything from Futurefunk to Trap Soul, Future, Hip Hop, Soul and more“, meint er dazu.
Dezi-Belle
Last, but auf keinsten Fall least mal wieder eine Vielzahl neuer Releases aus dem Hause Dezi-Belle. Auch auch dieses Mal ist es schwer, eins davon besonders hervorzuheben, sind doch alle auf ihre Art und Weise einzigartig. mellow dive („the willow“) und Elsei („Unexpected Reams“) setzen auf verträumte, entspannte Beats, während Rene Schier („Summer“) noch die letzten schönen Sommertage musikalisch untermalt. Q-Cut („Hereeyeth“) zeigt nach dem eher sperrigen und gerade deshalb genialen „Oliphant Critters“ neue, leicher zugängliche Facetten von sich. Den Hauptpreis hat am Ende aber dann doch jmidsdv verdient, der mit „Internatsjahre sind keine Herrenjahre, 1. Kapitel (1972): Und An Den Wänden Old Shits“ und dem dazugehörigen Teeniedrama auf jeden Fall das Albumtitelgame vorerst durchgespielt hat – vermutlich aber nur, bis Kapitel 2 folgt. Wir sind schon mal gespannt.
Compilations
Weitere
Ähnliche Posts
- Beatshizzle (Juli/16) // Beats & Instrumentals
In dieser Reihe widmen wir uns monatlich den neuen Releases der Beat- und Instrumental-Szene. Das…
- Beatshizzle (Februar/18) // Beats & Instrumentals
In dieser Reihe widmen wir uns monatlich den neuen Releases der Beat- und Instrumental-Szene. Das…
- Beatshizzle (August/17) // Beats & Instrumentals
In dieser Reihe widmen wir uns monatlich den neuen Releases der Beat- und Instrumental-Szene. Das…
1/3 Instrumentals, 1/3 Underground-Deutschrap, 1/3 Emotrap, wo hoid jemand bissi rumschreit.