Was bei der Musik zählt ist die Qualität. Da das aber leider nicht immer so ist, highlighten wir hier diejenigen, die im übrigen Geschäft wenig oder schiefe Aufmerksamkeit bekommen. Dieses Round-up soll speziell Frauen und queeren Personen einen Platz bieten, die im vergangenen Monat releast haben. Und deren Musik von Qualität ist. Stay tuned!
H.E.R. – I Used To Know Her Pt. 2 // EP
H.E.R. hat einen ganz bestimmten, melancholischen Vibe. Ab und an klingt sie ein wenig gekränkt. Oft hat die Stimmung mit einem Verflossenen zu tun. Zusammen mit RnB-Drumsets, teils drückenden Beats und einer sanften Stimme funktioniert das Konzept. Das neue Projekt „I Used To Know Her Pt. 2“ bietet dazu noch ein wenig Gesellschaftskritik – genauer gesagt Sexismus-Kritik – und andere Anspielungen zur Fehlerhaftigkeit moderner Beziehungen. Im Vergleich zum ersten Teil „The Prelude“ ist Part zwei eher ruhig gehalten, die Songs etwas weniger dramaturgisch, das Gesamte wirkt auf den ersten Lauscher etwas monoton. Die Tracklist liest sich wie ein sehr beunruhigendes Tagebuch. Von „Can’t Help Me“ über „Fate“ zu „Lord is Coming“ macht man sich Sorgen, doch vor allem im letzten Song des Albums zeigt H.E.R, dass Reflexion in ihr vorgeht. Von Kapitalismuskritik über Gun-Violence bis zum Denial of Black History füllen die Lyrics eine bedrückende Stimmung, in Form eines melodischen Poetry-Slams sorgt sie für eine Zusammenfassung ihres Weltschmerzes: „But are we really trying when kids are dying and depression is trending?“
Joanna – Nymphomane
Bei Joanna geht es meistens um Liebe, Zärtlichkeit, Sex und Leid. „Nymphomane“ dreht sich es um eine Nymphomanin, eine Größenwahnsinnige (mégalomane), unrealistische Begehren (désirs irréels), Tränen (les larmes) sowie Scheitern/Ende/Ruin (naufrage). Mehr ist ohne gute Französisch-Übersetzung nicht zu sagen, aber das sagt eh schon viel. Bei dieser Musik wird eben ein ganz bestimmtes ästhetisches Gefühl vermittelt. Viel Text gibt es nicht, dafür aber viel Empfindung und optische Reize. Apropos: Seien wir ehrlich, heutzutage sind Audio-Clips auf YouTube nicht wirklich spannend zu betrachten, das Video zum etwas älteren Song „Séduction“ aber alle Mal!
Reverie & Louden – Glass House
„I love how she can be so poetic, feminine, savage, and ruthless all at the same time“, schreibt ein Fan in seinem Kommentar zum neuen YouTube-Video von Reverie und dem Produzenten Louden. Der Flow ist fein, der Beat trotz seiner Simplizität stimmig, die Stimmung erinnert dank überlegter Ruthlessness ein wenig an IAMDDB. Ein gelungenes Gesamtpaket, ebenso übrigens wie der Song „Bout it, Bout it“ der vergangenes Monat mit Feature von Gavlyn erschien.
https://www.youtube.com/watch?v=qG-airjbbmE
Adi Amati – Die Uhr läuft
Die Kielerin Adi Amati mit Wurzeln in Italien und Ghana singt und rappt à la RnB auf Afrobeats. Ihre deutschsprachigen Texte plädieren für mehr Optimismus, Frieden und Spiritualität. Im Video zeigt sie sich, wie auch ihre Tänzer, in ghanaisch inspirierten Outfits. Percussions verleihen dem Sound eine spannende Note.
Connie Constace – Fast Cars
Connie Constance exerziert die platonische Liebe zu jemandem, der schnelle Autos fährt, ripped Jeans trägt und „Coca-Cola figures“ begehrt. So richtig scheint ihr dieser Lifestyle nicht zu gefallen. Fazit: „Superstars aren’t set in stone, I could never play a role.“ Video, Sound und Lyrics sind sehr poppig und haben eine flaue, wohl wahre Message: Ruhm und Reichtum machen einen nicht zu einer „original creature“.
Tommy Genesis – Tommy Genesis // Album
Das erste Studio-Album von Tommy Genesis erscheint mit einer Art audiovisuellem Trailer. Mythologische Symbolik vermischt sich mit kontrastreicher Hypersexualität und bewirkt ein spannungsgeladenes optisches Kunstwerk. Die oft nicht sehr gesättigten Texte der bisexuellen Künstlerin beschreibt sie selbst als „Fetish Rap“, denn neben Sex geht es höchstens mal um Gefühlslagen. „There is no you but there’s still me“, tröstet sich Tommy bei Herzschmerz und schwankt zwischen liebevoller Resignation („It’s Ok„) sowie schamlosem Lob an sich, „Tommy„, selbst. Die Energie, die auf den Zuhörer übertragen wird, ist machtvoll und stiftet neben anfänglichem Erstaunen um so größere Neugier und Faszination. Im Frühjahr geht Tommy auf Welttournee mit Auftritten in Hamburg und Berlin. Eine Show der kanadischen Rapperin ist sicherlich eine Erfahrung wert!
Ivy Sole – How High
Ein musikalisch fein umgesetztes Liebesgedicht, dass ganz luftig leicht durch unser offenes Fenster geströmt kommt. Der Song von Ivy Sole erschien im September auf dem ebenso stimmigen Album „Overgrown„, in dem sie geschmackvoll Boombap-Beats mit souligen Flows in Old-School-Manier mit funkigen und poppig-elektronischen Vibes mischt. Im Album geht es des öfteren um die Liebe. Was in „How High“ mit romantischer Ästhetik vermittelt wird, kann die Rapperin aus Philly aber auch mit technisch ausgeklügelten Metaphern ausdrücken, die nicht losgelöst von sozialkritischen Themen sind. „I wanna love the way mama and Ruby loved me. Help them form their first sentences, survive the police“, denkt Ivy über mögliche eigene Kinder nach. Als „black, queer, radical“ gehört man gleich zu mehreren benachteiligten Menschengruppen. Auch wenn sie zugibt: „Don’t know if I could teach them forgiveness, ‘cause I ain’t mastered it“, vermittelt Ivy Sole ihren Zuhörern fast ausschließlich gute Vibes.
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