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Abgesagte Droogieboyz-Konzerte: Behördliche Willkür?

Abgesagte Droogieboyz-Konzerte: Behördliche Willkür?

Droogieboyz
Die Droogieboyz sahen sich gezwungen, kurzfristig umzudisponieren. Foto: Daniel Shaked

Im Rahmen ihrer „Gemeindebau Flava“-Tour wollten die Droogieboyz mit Unterstützung von Vearz und Esref im Jänner und Februar erstmals Konzerte außerhalb Wiens spielen. Vor dem Tourabschluss in ihrer Heimatstadt sowie Auftritten in Nürnberg und München hatten die Rapper Gigs in Graz, Traun, Wörgl und Klagenfurt geplant. Sämtliche Konzerte in Österreich – mit Ausnahme von Wien – wurden jedoch kurzfristig abgesagt, nachdem seitens der Behörden vier Tage vor dem Tourstart sonderbare Bedingungen in Bezug auf den Ablauf gestellt wurden. Zusätzlich zu verstärkten Einlasskontrollen und einem Alkoholverbot wurde eine rigorose Lautstärkebegrenzung vorgeschrieben, die eine Live-Show praktisch unmöglich macht. Unsere Infos über den Inhalt der Auflagen stammen von den Künstlern, die am 4. März ein Zusatzkonzert in der Simmeringer Location Simm City spielen.

Die genauen Ursachen für die kurzfristige, drastische Ausweitung der Auflagen sind zwar nicht zu eruieren, doch die Verortung der Droogieboyz in der Fußballfanszene dürfte ein erheblicher Faktor sein. Richy und Guilty haben ihre Zugehörigkeit zur Rapid-Fanszene schließlich stets offen zur Schau gestellt. Textlich haben sie sich zunächst überwiegend einem „Kurven-Lifestyle“ gewidmet, der verbale und körperliche Auseinandersetzungen mit verfeindeten Fangruppierungen, übermäßigen Alkoholkonsum und einen starken Zusammenhalt innerhalb der eigenen Anhängerschaft vereint. Doch ihrer offensichtlichen Rapid-Affinität zum Trotz haben die Droogieboyz seit jeher eine bunt gemischte Hörerschaft. Neben einigen HipHop-Heads und Rapid-Fans können sich schließlich auch zahlreiche Anhänger anderer Fußballklubs mit dem Sound und den Inhalten des Rap-Duos identifizieren – zweifellos auch so mancher Anhänger der Wiener Austria. Textlich haben sich die Rapper zwar zunehmend vom Fußballplatz entfernt, dürften mit ihren kompromisslos gehaltenen Lyrics, eingängiger Systemkritik sowie einem martialischen Unterton aber bis heute ein ähnliches Publikum ansprechen.

In Wien sind die Droogieboyz bereits sechsmal aufgetreten, einmal davon im gut gefüllten Gasometer. Obwohl der Umgang von (Fanklub-)Anhängern der beiden Wiener Bundesligaklubs Rapid und Austria nicht uneingeschränkt respektvoll ist und es mitunter zu tätlichen Auseinandersetzungen kommt, gab es bei diesen Konzerten weder gezielte Störaktionen noch flagrante Reibereien. Bei Auftritten außerhalb Wiens dürfte die Polizei aber besonders große Sicherheitsbedenken haben, schließlich könnten Fans verschiedener Fußballvereine für Probleme sorgen. Da die Tour bereits im Herbst angekündigt wurde, erscheint das Vorgehen der Behörden dennoch unverständlich. Was rechtfertigt es, ein paar Tage vor dem ersten Konzert unvermittelt Auflagen zu erteilen, die einen Ablauf der Tour praktisch unmöglich machen? Das kann nicht im Sinne der Künstler, Veranstalter und Fans sein. Eine Pressesprecherin der Landespolizeidirektion Wien war zu keiner Stellungnahme bereit, da die Zuständigkeit in den jeweiligen Bundesländern liege. Seitens der Wiener Polizei seien jedenfalls keine Warnungen oder Anregungen an die jeweiligen Dienststellen weitergegeben worden. Wir haben daher bei Richy nachgefragt, was hinter diesen drastisch verschärften Auflagen stehen könnte.

The Message: Was waren die konkreten Bedenken der Behörden?
Richy: Keine Ahnung. Mit uns als Band/Crew hat keiner seitens der Behörden gesprochen. Wie wir aber alle wissen, sind wir Droogieboyz aus dem Block West enstanden und diese Zugehörigkeit allein dürfte schon Anlass genug für etwaige Bedenken sein. Es ist ja nicht so, dass jedes Jahr eine neue Rap-Crew aus der Fussballszene in Österreich hervorkommt und vor vollen Hallen in der eigenen Stadt spielt. So gesehen sind wir – oder besser gesagt waren wir, weil es ist ja auch schon wieder vorbei (hehe) – die ersten, die versucht haben, die Heimatstadt zu verlassen, um unseren Fans in anderen Städten Österreichs die Chance zu geben, uns live zu sehen. Die Polizei nahm wahrscheinlich an, dass dies andere Fussballfans, die dem SK Rapid nicht diese Liebe entgegenbringen wie wir und in der jeweiligen Stadt beheimatet sind, zum Anlass nehmen könnten, durch diverse Störaktionen vor, während und nach dem Konzert für Unruhe zu sorgen. Aber wie gesagt, mit uns hat keiner kommuniziert.

Wer hat die Auflagen in welcher Form kommuniziert?
Die Bewilligung mit Auflagen kam vom Rathaus Traun Abteilung Polizei. Aus Graz wissen wir, dass die Wiener Polizei Warnungen an die jeweiligen Dienstellen ausgesendet hat. Wird in Traun nicht anders gewesen sein.

Wurden die teils absurden Auflagen (Stichwort Lautstärkebegrenzung) auch begründet?
Nein. In dem Bescheid gab es 25 Auflagenpunkte, wo unter Punkt 9 angegeben wurde, dass ein Ordnerdienst von zehn Security-Mitarbeitern zu stellen ist. Unter Punkt 11 wurde verboten, alkoholische Getränke mitzubringen und der Verkauf oder die Verteilung von alkoholischen Getränken am gesamten Veranstaltungsgelände untersagt. Ausgenommen von diesem Verbot waren alle Getränke unter 3% Alkohol. Unter Punkt 13 stand, dass bekannten oder potentiellen Unruhestiftern sowie Personen, die unter Einfluss von Alkohol oder Drogen stehen, der Zutritt zu verwehren ist. Sollten solche Personen erst im Veranstaltungsgelände angetroffen werden, sind sie von dort wegzuweisen. Und unter Punkt 15 wurde festgelegt, dass im gesamten Publikumsbereich ein A-bewerteter, energieäquivalenter Dauerschallpegel von 93dB LAeq nicht überschritten werden darf. Nach 22.00 Uhr ist der Dauerschallpegel auf 85dB LAeq zu reduzieren. Die restlichen Punkte waren die üblichen Auflagen wie Fluchtwege, Beleuchtung oder Fassungsraum.

Habt ihr bereits bei der Organisation bestimmte Vorkehrungen getroffen, um die Sicherheit zu erhöhen?
Bei unseren Konzerten achten wir stets auf Sicherheit und nehmen deswegen auch, je nach Anzahl der Besucher, zum hauseigenen Sicherheitsteam Securitys aus den eigenen Reihen hinzu. Im Gasometer waren es sechs Mann und in der Szene Wien zwei bis drei Leute. Diese setzen wir quasi als Pufferzone zwischen den Besuchern und den hauseigenen Securitys ein. Damit, wenn es zu einem Problem kommt, unsere Leute gleich vor Ort sein und durch ihren Bekanntheitsgrad in der Szene deeskalierend auf die Besucher eingehen können. Jeder weiß, dass gegenüber einem fremden Security-Mitarbeiter die Hemmschwelle niedriger ist als gegenüber Leuten, die man kennt. Das hat bisher auch immer ganz gut funktioniert und deswegen gab es auch nie große Probleme bei unseren bisherigen Veranstaltungen.

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Was habt ihr versucht, um die Tour zu retten?
So kurz davor kann man nichts mehr retten. Da kann man nur schauen, dass unsere Live-Gigs nicht durch überzogene Auflagen in Verruf kommen. Weil spätestens eine halbe Stunde nach Einlass weiß jeder Gast über die Auflagen Bescheid und die Begeisterung dafür hält sich in höchster Wahrscheinlichkeit sehr in Grenzen. Da kann nix gscheids rauskommen. Weder von uns als 85dB-Act noch von den Fans, die ohne ihr geliebtes Bier auskommen müssen.

Bleibt ihr auf den bisher entstandenen Kosten sitzen?
Natürlich haben wir in die Sache, wie jede andere Band, die auf Tour geht, finanziell investiert. Aber das ist jetzt nicht der Weltuntergang für uns. Vielmehr ist der Zeitaufwand und die Arbeit, die man vor einer Tour hat, nicht mehr gutzumachen. Um unseren Support tut es uns unendlich leid. Allen voran Esref mit seiner Eastblok Crew, die sich ab Tag eins von Bekanntwerden der Tour mit uns den Arsch aufgerissen haben und wir ihnen leider durch die bekannten Umstände nicht gebührend danken können. Und unser Booking und Managment (FFS Boo-Kings & Management, Anm.), das 24 Stunden rund um die Uhr für uns da war. So etwas tut zehnmal mehr weh als irgendein Geldschein, der verloren geht.

Ein ausführliches Statement der Droogieboyz zur Teilabsage ihrer Tour gibt es hier.

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