Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
Pünktlich zu ihrem zehnjährigen Jubiläum haben die Droogieboyz im Oktober mit „Belächelt, Bewundert, Bekämpft“ ein neues Album veröffentlicht. Mit dem Titel nehmen Richy und Guilty bewusst Bezug auf ihre Entwicklung als Rapper – und darauf, wie sie im Wandel der Zeit beäugt wurden. Nachdem ihr erstes Mixtape „Paragraph 83“ stark Rapid und dem Kurven-Lifestyle gewidmet war, haben sie sich inhaltlich sukzessive vom Fußballplatz entfernt, ohne ihre system- und polizeikritische „Xindl“-Attitüde aufzugeben. Dieser Background verfolgt die Droogieboyz aber bis heute: Konzertankündigungen außerhalb Wiens werden österreichweit mit rigorosen behördlichen Auflagen quittiert, die unweigerlich zu einer Absage führen.
Wir haben Richy, Guilty sowie ihren Produzenten Doni Balkan im Büro von FFS Boo-Kings & Management zum Interview getroffen, um neben musikalischen Entwicklungen etwa auch die Aufarbeitung der unfreiwilligen Tourabsage Anfang 2017 und den Umgang mit anderen auf Vorurteilen und -strafen basierenden Schikanen zu thematisieren. Darüber hinaus dreht sich unser Gespräch um die Macht der Kirche sowie die Bedeutung von Ehrlichkeit bei der Erziehung von Kindern.
Ihr bezeichnet „Belächelt, Bewundert, Bekämpft“ als euer mit Abstand professionellstes Werk. Auf welchen Ebenen macht sich das bemerkbar?
Guilty: Mit diesem Mann (deutet auf Doni Balkan, Anm.). Es war erstmals so, dass wir uns immer zu dritt getroffen haben und den Sound entwickelt haben. Alle Beats sind von ihm.
Richy: Bis jetzt haben wir immer irgendwelche vorarrangierte Beats gepickt. Diesmal haben wir uns mit ihm hingesetzt. Er hat zu uns gesagt: ‚Heast, zeigt’s ma was euch taugt!‘ Er hat sich das angehört, die BPM-Zahl von einer Nummer genommen und im gleichen Tempo produziert. Nachdem wir was drauf gerappt haben, hat er alles noch arrangiert und an die Lyrics angepasst. So haben wir bis jetzt noch nie gearbeitet.
Guilty: Wir haben viel herumprobiert, viele Nummern wieder gestrichen. Unser erstes Tape „Paragraph 83“ war innerhalb von zwei Monaten im Hochsommer fertig, jetzt haben wir über ein Jahr gebraucht.
Richy: Naja, den Plan hatten wir seit einem Jahr, aber seit März sind wir es wirklich angegangen.
Was für eine BPM-Zahl hat sich da herauskristallisiert?
Richy: Man muss Kompromisse eingehen, ich mag’s ja um einiges langsamer als er. Das meiste bewegt sich zwischen 85 und 90 BPM, aber wir haben auch Beats mit 112 BPM.
Guilty: Wir haben vier, fünf Trap-Nummern oben. Hätten wir früher nie gemacht, aber es ist bisschen die kreative Tür aufgegangen und es hat einen roten Faden bekommen.
Doni Balkan: Bei den alten Sachen war viel Westcoast-Sound dabei, bei diesem Album haben sie sich weiterentwickelt. Es fängt mit Westcoast an und hört mit dem heutigen Zeitgeist auf.
Guilty: Du sitzt mit dem Westcoastigen halt in einem gewissen Flow drinnen, aus dem du nicht großartig ausbrechen wirst – feiern wir eh alle und ist auch cool zum Mitschunkeln. Aber als Künstler fehlt dir bisschen der Anspruch und die Herausforderung. Da sind die neuartigen Beats leiwander, wenn du nicht alles so extrem verarbeitest, wie es dir immer präsentiert wird. Ich geh‘ da voll drüber, aber es steckt trotzdem ein Haufen Message drin.
Bezieht ihr das „Bekämpft“ im Albumtitel rein auf die Exekutive, oder beispielsweise auch auf andere Wiener Rapper?
Richy: Es ist der Grundbegriff für alles. Aber natürlich geht’s besonders um die Polizei, die ja leider immer ein Auge auf uns wirft, weil wir vom Fußballplatz kommen. Und sie kommen mit schwachsinnigen Argumenten daher – sie tun ja so, als wäre nach einem Droogieboyz-Konzert alles zamghaut. Bei jeder Techno-Party passiert mehr als bei uns.
Guilty: Zuerst waren wir die Nazis, dann haben wir alles kaputt gemacht, jetzt machen unsere Fans alles kaputt. In Wahrheit sind wir eh von Anfang an bekämpft worden.
Richy: Dass die Polizei zeitweise deppat reagiert, sieht man ja zum Beispiel an der Anzeige von Steffen Hofmann bei seinem Abschiedsspiel, weil er am Ende alleine am Feld stehend eine Bengale gezündet hat. Das ist von der gleichen Person ausgegangen, die uns auch immer wieder Schwierigkeiten macht. Er legt es voll darauf an und es ist ihm komplett wuascht, dass das ein spezieller Moment war.
Die seitens der Behörden erzwungene Absage eurer Anfang 2017 geplanten Österreich-Tour ist definitiv von einem szenekundigen Beamten der Rapid-„Fanpolizei“ ausgegangen?
Richy: Ja, genau.
Wie habt ihr diese Situation aufgearbeitet?
Richy: Nachher haben wir schon einen Cut gemacht. Wir haben gesehen, dass die Nachfrage außerhalb Wiens da ist, dir von den Beamten aber immer Steine in den Weg gelegt werden. Wir haben die Tour ja schon drei, vier Monate vorher bekanntgegeben, die Termine waren fixiert. Wenn ich dann vier Tage vor dem Start damit komme, ist das reine Willkür – auch damit wir nicht mehr darauf reagieren können. Das zeigt, dass es menschlich nicht okay ist.
Im November 2017 war der Ablauf identisch, als ein gemeinsamer Auftritt mit Mundpropaganda in Amstetten geplant war. Habt ihr noch Hoffnung, irgendwann ein Konzert außerhalb Wiens spielen zu können?
Richy: Da müsst ma Nummer eins in den Charts sein (lacht). Aber außerhalb Österreichs geht’s ja, wir haben in Nürnberg vor 350 Leuten gespielt. Auch dort hat unsere Fanpolizei hingeschrieben, was alles kommt, dass Hooligans mit Bussen hinfahren und was weiß ich – wobei ich bis aufs allererste Konzert noch keinen einzigen richtigen Hooligan bei uns gesehen habe. Es hat aber eh geheißen: ‚Na, wir schauen uns das an und ziehen es durch.‘ Und danach haben uns die Veranstalter gesagt: ‚Jungs, ur leiwand, jederzeit wieder!‘
Guilty: Anstatt dass die Leute checken, dass wir von unten kommen und trotzdem was auf die Füße stellen – in Amerika nennt man es „The American Dream“. Dort gibt es schwer vorbestrafte Leute, die für einen schulischen Effekt auf kleine Kinder einreden und ihnen sagen: ‚Machts des und des ned!‘ Bei uns würde das nie gehen. Da kannst du nie mit Kindern reden, wenn du mal vorbestraft bist, obwohl es ja extrem viel Sinn machen würde. Aber es werden dir Steine in den Weg gelegt – auf eine Art und Weise, wo du weißt, dass sie dir schaden wollen und dich miesmachen wollen.
Hast du mal aktiv angefragt, in einer Schule auf Kinder einreden zu können?
Guilty: Selber nicht, aber ich interessiere mich schon länger dafür und habe mir paar Leute angeschaut, die Life-Coach-Sachen machen. Ich habe bemerkt, dass ich gut mit Kids darüber reden kann und ur auf sie wirke. Wenn ich mit meiner Tochter einen Ausflug mache, hängen zwölf Kinder an mir: ‚Komm, kannst du das, oder das?‘ Die sehen mich nicht wie ein Erwachsener im Schock, sondern mit ehrlichen Augen. Die sehen mich als den Menschen, der ich bin. Ich würde das schon voll gerne machen. Und ich lebe das jeden Tag vor, habe zwei Kinder und eine Familie, war im Football-Nationalteam und gehe jeden Tag hackeln. Ja sicher, ich mach oage Musik, weil ich sie halt mag und ehrlich bin. Aber wie soll ich es denn noch anders machen?
„Man nimmt den Leuten die Chance, was zu reißen“
Mit welchen Hürden siehst du dich aufgrund deiner Vorstrafen konfrontiert?
Guilty: Ich bin ja schwer vorbestraft und das wird dir bis ans Lebensende angekreidet – da ist ganz egal, ob du 17 warst. In Amerika sind Leute, die als Kinder Raubüberfälle begangen haben, Richter und Sheriffs geworden. Daran hapert es bei uns komplett – wobei ich jetzt nicht weiß, wie es bei Leuten mit leichten Vorstrafen ist. Aber wenn ich aufs Gericht gehe, tut es weh. Da liegt so ein Akt von meinem Vorleben. Dass das schon 15 Jahre her ist, interessiert niemanden. Da heißt es: ‚Ich muss Sie aufgrund Ihrer Vorstrafen verurteilen.‘ Du kannst dich ja nicht einmal selbstständig machen, weil du keinen Gewerbeschein für Waren aller Art kriegst. Du kannst kein Unternehmen aufbauen. Man nimmt den Leuten die Chance, was zu reißen. Die sagen mir, dass ich mich frühestens im Jahr 2027 selbstständig machen kann. Oida, dann ist meine Tochter erwachsen, da brauch i des nimma machen! Du redest davon, mit Kindern zu reden, aber ich darf mich ja nicht einmal selbstständig machen und Leiberl verkaufen. Manche Sachen gibt es nur bei uns, das ist ja nicht einmal in Deutschland so.
Was hat den Ausschlag gegeben, selbst in diesem Bereich aktiv werden zu wollen?
Guilty: Als ein Freund gefragt hat, ob ich mit seinem Sohn reden kann. Habe ich gemacht und dabei einfach gemerkt, dass ich viel zu sagen habe. Ich weiß genau, was in einem abgeht, der zwölf, dreizehn ist und dem schießt’s grad quer in die Birn. Aber ich habe zweimal Vater werden müssen, um diese Denkanstöße zu kriegen. Früher wäre das nie zustande gekommen. Aber mit Kindern hackeln kann ich mit der Vorgeschichte eh komplett knicken.
Denkt ihr, dass vielen Sozialarbeitern die Erfahrung fehlt, mal ganz unten gewesen zu sein?
Guilty: Die ganzen Sozialarbeiter und Psychologen sind ja Vollspasten, die nichts darstellen!
Richy: Naja, Vollspasten würde ich nicht sagen.
Guilty: Heast, ich bin von Bewährungshelfer zu Bewährungshelfer gereicht worden, die sind ja nicht mit mir klargekommen.
Richy: Weil die halt nur ausgebildet sind, um mit irgendwem zu reden. Aber wenn da wer vor dir jemand sitzt, der das auch erlebt hat, kann er natürlich ganz anders mit dir reden und anders einwirken. Aber da sitzen halt Leute, die das studiert, aber in der Praxis nie erlebt haben.
Guilty: Für mich gehören viel mehr Menschen her, die mal auf der Straße waren – und ich war auf der Straße –, die wissen, wie es rennt. Aber du hast lauter kaasweiße, überarbeitete Ökomenschen, die nach Tschick und Kaffee stinken, fette Augenringe haben und eh nicht damit klarkommen. Die arbeiten halt die Leute ab.
Richy: Man hakt das ja im Vorhinein wie einen Termin am Arbeitsamt ab: ‚Heast, i muaß gach zum Bewährungshelfer auf a Stund.‘ Es wird von dir nicht als etwas gesehen, das dir weiterhilft. Es ist etwas, das du machen musst, damit sie nicht zurück in den Knast schicken. Weil es die Auflage ist und dort sitzt du dann ja auch wie im Büro vor einem Schreibtisch.
Guilty: Dabei gehören die Kids rausgerissen und geflasht.
Richy: Es ist halt wie in der Kirche.
Wie kommst du darauf?
Richy: Denen rennen die Leute davon – ja warum? Du gehst in die Kirche und lernst von klein auf, dass du in Demut hin musst und ja nichts sagen sollst. Das ist doch ein Schwachsinn. Geht’s doch eine, seid’s fröhlich, redet’s miteinander! Man kann das doch auch auf eine andere Art kommunizieren. Der Geistliche kann mir das ja auch anders beibringen, es muss nicht so steril sein.
Guilty: Über eine kleine Sekte lachst du, wenn dort irgendeine Zeremonie ist. Aber in der Kirche ist es ja genau dasselbe: ‚Wir bitten dich erhöre uns!‘ – das musst du mal aushalten. Ich habe ja nicht einmal kirchlich geheiratet.
Wart ihr früher oft in der Kirche?
Guilty: Ja, als Kind schon. Mir ist da immer ur schlecht geworden, ich habe ur oft kotzen müssen. Auch in der Schule. Ich weiß noch, wie sie mich immer von der Bank rausgeholt und vor die Tür geschickt haben. Des Teufels Kind (lacht).
Richy: Es ist halt nichts Sympathisches, Der Weihrauch und…
Guilty: Es macht ja auch keinen Spaß. Vergleiche das mal mit der Gospelkirche. Die feiern das ab und gehen heiser heim, weil sie alle gesungen haben. Das könnte ich mir noch eher vorstellen – ein Sonntagstreffen mit der Familie.
Ist euch der Stellenwert von Religion in der heutigen Gesellschaft zu hoch?
Richy: Stellenwert nicht unbedingt, aber sie sind halt sehr mächtig. Es zeigt schon, dass Kurz Bundeskanzler wird und zwei Wochen später vorm Papst im Vatikan auftaucht. Da weißt du schon, worum es geht, wenn die Politiker einmal runterfahren. Ich weiß von meinen Roots am Land, dass ihnen dort die Hälfte gehört. Diese Institution wirst du nicht mehr wegkriegen.
Guilty: Du kannst so arg reininterpretieren und so besessen sein, dass du alle andere angreifst und dich so in Sachen reinsteigern, die dort stehen. Jede Religion gegen die andere. Überall gibt’s ein Update: Wir werden immer besser, leben länger, alles ist cool und schöner als früher. Aber wir legen die Hand auf ein Biachl, das irgendwann mal irgendwer geschrieben hat – weil der Gott war’s ned – die Leute sind verrückt, hacken sich die Köpfe ab. Wie viel Blut ist für den Glauben geflossen? Warum kann nicht jede Religion Frieden predigen? Das leuchtet mir nicht ein. Ich glaube nicht, dass etwas, das du mit Blut vertreiben musst, nur irgendwie die Wahrheit sein kann. Jetzt passiert uns das wieder und wir sehen es auf YouTube. Es ist ja auch im Wortschatz ur verankert, das kriegst du gar nicht weg. Das ist eingeimpft und wird ja schon den Kindern erzählt.
Richy: ‚Wenn du nicht brav bist, kommt das Christkind nicht!‘ Es ist ja gut, dass Kinder ein bisschen einen Traum haben, aber man sollte mit ihnen von klein auf ehrlicher umgehen. Was machst du vom ersten Lebensjahr bis zum sechsten, siebten, wie auch immer? Du belügst das Kind mit lauter Geschichten – Christkind, Osterhase, Weihnachtsmann.
„Ich werde wahrscheinlich auch irgendwann mit meiner Tochter dasitzen und einen Ofen rauchen“
Wie wichtig ist und war euch diese Art der Ehrlichkeit bei der Erziehung eurer Kinder?
Richy: Ich war früh geschieden, darf mir die Erziehung meiner Tochter nicht so anheften. Das hat schon meine Ex-Frau übernommen. Aber trotzdem habe ich sie alle zwei Wochen gesehen und man muss ja trotzdem aufpassen, was man sagt und macht. Sie ist jetzt Volksschullehrerin, also ich glaube, das ist ganz gut gegangen.
Guilty: Meine Tochter ist sowieso voll in mein Leben einbezogen. Wenn ich mit meiner Frau daheim diskutiere, diskutiert und fragt sie mit. Da muss ich auch schon auf sie eingehen. Wie er sagt: Einfach ehrlich begegnen, mit dem ganzen Drumherum. Meine Tochter geht jetzt zum Beispiel seit der dritten Klasse nicht mehr in Religion, weil sie das für sich selbst entschieden hat.
Richy: Mir ist wichtig, dass meine Tochter über mein Vorleben Bescheid weiß. Jetzt nicht alles zu hundert Prozent, aber schon, aus welcher Ecke ich komme. Ich verstecke auch keine Raucherei mehr vor ihr – ich mein, jetzt ist sie 23. Ich würde es ur cool finden, wenn Eltern mit ihren Kindern den ersten Joint rauchen – wenn es dem Kind oasch geht, kannst du eingreifen. Wenn sie mal heimkommt, belügt sie dich wahrscheinlich auch nicht mehr und sagt halt einfach, dass sie eingeraucht ist.
Guilty: Einer muss den Vorreiter machen. Bei mir in der Familie habe ich damit angefangen, mittlerweile kiffe ich auch vor meinen Eltern. Ich will für meinen Vater schon ein starker Bua sein, wenn er mich sieht. Früher habe ich nie vor ihm geraucht, war aber trotzdem eingeraucht. Ihm habe ich das auch als Letztes gesagt: ‚Heast, hurch zua: I bin ned auf Heroin oder so und du brauchst ned glauben, dass es mich nicht interessiert, was du erzählst. I bin afoch nur immer eingraucht.‘ Er weiß, wie es mir geht und ich habe ein gutes Verhältnis zu ihm. Ab und zu macht er sogar einen Zug – hätte ich mir früher nie gedacht. Aber ich werde wahrscheinlich auch irgendwann mit meiner Tochter dasitzen und einen Ofen rauchen.
Ab welchem Alter fändest du es vertretbar, mit deiner Tochter zu kiffen?
Guilty: Ab 18. Da muss sie schon volljährig sein. Wenn ich dann keine gesetzliche Obhut mehr über sie habe (lacht). Sie zeigt ja manchmal mit dem Finger auf mich und sagt: ‚Ich werd nicht rauchen.‘ Haben wir als Kinder alle gesagt. Wenn sie beim Sport so fokussiert bleibt, erübrigt sich das aber vielleicht eh und sie sagt: ‚Papa, du bist ur langweilig, sitzt immer nur auf der Couch!‘ Wird man sehen. Aber sie wird sicher mal eine Zigarette nach der Schule rauchen und ihre Erfahrungen machen.
Zurück zur Musik: Inwieweit betrachtet ihr euch noch als musikalische Stimme der Kurve?
Guilty: Haben wir uns eigentlich nie so wirklich.
Richy: Auf „Paragraph 83“ haben wir diesen Stempel aufgedrückt, damit man sieht, woher wir kommen. Die Leute haben uns gepusht, sind hinter uns gestanden. Das war schon extrem. Aber mittlerweile sind wir fast keine Stimme der Kurve mehr. Klar kommt in den Texten mal ein Bezug vor – oder irgendein Seitenhieb.
Aber es wirkt schon so, als würde eure Hörerschaft bis heute größtenteils aus dieser Ecke kommen.
Richy: Die sind den Weg halt voll mitgegangen und man muss auch sagen, dass wir ohne diese Kurve gar nichts wären. Aber wenn man heute auf unsere Konzerte schaut, würde ich sagen, dass ein Drittel der Leute aus der Fußballszene sind, ein Drittel sind HipHop-Leute und ein Drittel würde ich als Allesfahrer bezeichnen – die sind auf einem Droogieboyz-Konzert und sagen: ‚Hey, gemma Hooligans schauen!‘, am nächsten Tag gehen sie zu Gigi D’Agostino und tanzen. So kann man das mittlerweile einteilen.
Was ist euch eurer Meinung nach am stärksten vom Fußballplatz geblieben? Das System- und Polizeikritische?
Richy: Auf jeden Fall dieses ACAB-Ding und dieses Xindl-Ding.
Guilty: Das merkt man auch beim Album.
Richy: Das haben wir uns schon auf „Paragraph 83“ mit der „Kibara“-Nummer aufgemacht. Wobei wir diesen Fan-Kibara gar nicht beim Namen genannt haben, also mit einer Metapher.
Guilty: Eine Zeile war es nur: ‚Drum steh i aufn Summer und scheiß aufn Herbst.‘
Richy: Er heißt halt so. Aber darum haben wir ihn jetzt immer im Gnack.
Guilty: Aber nichtsdestotrotz haben wir ihm auf dem neuen Album mit „Bad Lieutanant“ einen ganzen Track gewidmet, nicht nur eine Zeile.
Warum gleich einen ganzen Track? Gießt ihr damit nicht weiter Öl ins Feuer?
Richy: Nach der ganzen Tourabsage wär’s oag gewesen, wenn wir nicht mit einer Nummer Stellung bezogen hätten. Unsere Fans erwarten das eigentlich. Gerade mit dem Streetrap, den wir machen, verarbeiten wir ja das, was wir erleben – und das ist eine ganz einprägende Sache bei uns. Aber wir haben uns eh zusammengerissen.
Guilty: Der Song hat schon Aussagekraft und viele Fakten. Das ist eh eine Sache, die bisschen offener erklärt gehört und das macht der Track gut.
Richy: Und da kann er jetzt noch mal stinkbeleidigt sein und uns als schlimme Menschen bezeichnen. Er kann uns eh nicht mehr schaden, als er es schon getan hat. Von dem her…
Welche inhaltliche Facetten waren euch noch wichtig?
Guilty: Wir haben versucht, mit vielen Vorurteilen, die an uns haften, aufzurämen. Und diese Konzertabsagen sind nicht spurlos an uns vorbeigegangen, das haben wir natürlich auch verarbeitet. Dass wir den Zusammenhalt in Wien mehr forcieren – Türken, Jugos, Schwabos, eigentlich alle. Wir sind alle hier miteinander aufgewachsen und haben ein Statement gesetzt mit zwei Features, bei denen Svaba Ortak drauf ist.
Richy: Vom Thema her haben wir uns nicht so weit wegbewegt und bleiben xindlmäßig, oder wie du sagst systemkritisch. Auf „I hob gheat“ gehen wir zum Beispiel auf das Naziding ein – wie die Hausmasta halt immer alles hören und in Wahrheit hören sie nur und wissen nichts.
Guilty: Es wird hoffentlich endlich endgültig klargestellt mit dem Album, dass wir eben keine Nazis sind.
Wie geht ihr damit um, dass ihr immer noch manchmal in dieses Eck gedrängt werdet?
Richy: Wir brauchen eigentlich nur darauf verweisen, dass unser Grafiker Amir Sharif heißt und wir mit Leuten wie Doni Balkan oder Esref Musik machen.
Guilty: Es ist einfach mühsam und sinnlos. Ich meine, alleine, wie ich aufgewachsen bin – das können die Leute natürlich nicht so sehen. Ich verstehe Türkisch, kenne fast jeden zweiten Kanak in Wien, um das geht’s.
Doni Balkan: Ich sage immer: ‚Die zwei sind mehr Ausländer als manche Ausländer in Wien.‘
Droogieboyz auf Facebook | Instagram | YouTube
Am 23. November präsentieren die Droogieboyz „Belächelt, Bewundert, Bekämpft“ erstmals live im Gasometer.
Ähnliche Posts
- Droogieboyz - Niemois (Video)
Das neue Streettape der Droogieboyz "Brandinesa Boogieman" ist seit kurzem schon draußen und hier ist…
- Droogieboyz Fan Blog (Video)
Bevor der SK Rapid Wien heute Abend um den Einzug in die Gruppenphase der Euroleague…
- Wiener Filmjuwel mit Parkhintergrund // Ali Salman Interview
In der erfolgreichen Kinokomödie „Die Migrantigen“ spielt Mehmet Ali Salman den bösen Ausländercoach mit Straßenattitüde…