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Ein bisschen Wiener Rap-, und noch mehr Flyergeschichte (ft.: perVers, MAdoppelT, Kamp)

Ein bisschen Wiener Rap-, und noch mehr Flyergeschichte (ft.: perVers, MAdoppelT, Kamp)

Text: Jan Braula, Flyer: DJ Tyldak Archiv, Releases: Eigen-Archiv

Der Message Sympathisant und Drum and Bass DJ Tyldak feiert heute sein Geburtstagsfest und hat zu diesem Anlass dem musikinteressierten Publikum in den letzten Wochen selbst viele Geschenke bereitet. Er hat nämlich einen Teil seiner Flyersammlung öffentlich zugänglich gemacht. Bei den rund 200 Stück handelt es sich hauptsächlich um Flyer von Wiener Drum and Bass Partys von 1998 bis 2005, allerdings hatten diese auch stets einen gewissen HipHop Bezug, der sich auch häufig durch eine synergetische Teilung in einen Drum and Bass und einen HipHop Floor zeigte. Darüber hinaus stellte Tyldak dem Message drei Rap-Flyer aus jener Zeit exklusiv zur Verfügung, doch dazu später…

Im Zeitraum, aus dem die meisten Flyer des Archivs stammen, gab es in Wien zahlreiche Veranstaltungsreihen, die sich dezidiert auf Drum and Bass konzentrierten und diesem in der Hauptstadt ihre Stempel aufdrückten. Hierbei seien unter anderem trife.life!, SUB, oder Jungle Fever genannt. Der Drum and Bass Sound selbst wurde wiederum vor allem von britischen Labels wie Renegade Hardware, Moving Shadow oder Underfire Recordings auf Vinyl geprägt. Diese Labels gibt es zwar nicht mehr in dieser Form, sehr wohl aber Leute, die ihre Scheiben aufgehoben haben und diese nach wie vor zu schätzen wissen. Die prägendsten jener Zeit sollen heute (19.5.) unter dem Motto „Shake it and break it“ von insgesamt sechs DJs zu Tyldaks 30er im Fluc aufgelegt werden.

An der Flyersammlung lässt sich auch ablesen, wie viel sich in dieser Zwischenzeit nicht nur für Drum and Bass, sondern auch für andere Musikrichtungen medientechnisch verändert hat. Der Flyer-Schwund  ist zwar nicht so drastisch wie der von gedruckten Musikmagazinen, schließlich ist es auch um einiges aufwendiger und teurer diese zu produzieren. Nichtsdestotrotz lässt sich beobachten, dass auf das Flyer-Medium bereits in den letzten Jahren immer häufiger zugunsten von Facebook verzichtet wurde, auch wenn das nicht heißen soll, dass in der Vergangenheit jede Party ihren Flyer gehabt hätte und vor allem nicht, dass jeder den Druck wert gewesen wäre. Dennoch zeichnet sich die zunehmende mediale Monopolstellung Facebooks auch an anderen Beispielen ab: früher hatten viele österreichische Musiker (auch Rapcrews) und Labels eigene Homepages. Diese haben sie zwar zum Teil noch immer, allerdings werden diese im Normalfall viel seltener als der jeweilige Facebook Status aktualisiert. Und während man sich auf Facebook auch in Diskussionen eifrig selbst darstellt, sind die einst stark von meist anonym bleibenden Personen frequentierten Diskussionsforen von drumandbass.at beziehungsweise hiphop.at so gut wie tot.

In unserem Dokumentationsprojekt „20 Jahre Hip Hop in Österreich“ waren bereits kürzlich auch Flyer ein großes Thema. Davon unabhängig stellte DJ Tyldak dem Message Magazin nun jene von drei denkwürdigen Releasepartys der Jahre 2003-2005 zur Verfügung. Nämlich:

1) perVers – Viel brav & sei Spass“ (13.7.2003,  B72)

2) MAdoppelT – Null Uhr  (24.5.2004, Flex)

3) Kamp&Esko: Ep:demi (12.8.2005, Tüwi)

Die drei haben auf den ersten Blick vielleicht nichts miteinander zu tun, wenn man sich die Release-Geschichte und die Veränderungen und Entwicklungen im österreichischen Rap der letzten zehn Jahre jedoch ansieht, ergaben sich zwischen den involvierten Rappern und Produzenten aber sehr wohl einige Überschneidungen.

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1. perVers: auf ihrem Debütalbum „Viel brav&sei Spass“ hatten die Perversen aus Wien 10 mit Sacklbicka, ihr „Schlagl“, an das sie die nächsten zehn Jahre mit keiner anderen Nummer heran kommen konnten. Erst sechs Jahre nach der Veröffentlichung folgte zu ihrem Hit auch ein offizielles Musik-Video. perVers gibt es noch immer und mit der Zeit erweiterten sie ihre Diskographie auch um zwei weitere Alben und eine EP, die aber an den Schmäh des Debütalbums mit weiteren gelungenen Nummern wie „Fine&Tight“ oder „Gold das glänzt“ aber nicht mehr wirklich anschließen konnten. Dafür erarbeiteten sie sich einen Ruf für die wohl lustigsten, wenn auch mittlerweile von ihrer Seite aus sehr bewegungs-resistenten Live-Shows des Landes, wovon man sich auch am 7.6. beim österreichischen Hip Hop Festival „Krunk“ überzeugen wird können. Für die „Ins Xicht“ Videoauskopplung zu ihrem letzten Album „Play you yes not“ holten sie sich MAdoppelT mit an Board. Den Beat produzierte übrigens Saiko, Betreiber von Stiege 44, und ehemaliger Bandkollege eines anderen alten Bekannten: Kamp (MC).

2. MAdoppelT: Mit „Null Uhr“ gelang dem Floridsdorfer ebenso ein gelungenes Debüt, das aber im Vergleich zum perVers Album um einiges vielseitiger war und durchaus auch Radiotauglichkeit hatte. Damals hatte der Rapper aber auch noch scheinbar die Illusion von Rap leben zu können. Nichtsdestotrotz sollte er auch danach den großen Durchbruch trotz mehrfacher Versuche nicht schaffen. Davon ließ er sich jedoch nicht abhalten und releaste drei weitere Alben. 2004 lobte übrigens nicht nur der Falter, sondern auch ein gewisser Soho3 auf hiphop.at das Album in allen Tönen, als auf jener Plattform auch noch journalistische Texte publiziert wurden. Jahre zuvor hatte Soho3 Kamps ersten Release, die „Arschkarten“ 12 Inch, über sein Overkill Records Label rausgebracht. Unter anderem dank der professionellen Medien-, und Promoarbeit eines anderen nicht mehr existenten Labels, nämlich „Schwer Records“, dürfte MAdoppelT für einige Zeit neben Texta der bekannteste Rapper Österreichs gewesen sein. Der Fakt, dass es MAdoppelT bei seiner ersten Releaseparty noch schaffte, das Flex komplett zu füllen, während Kamp & Esko das kleine Tüwi vorzogen und dort auch noch etwas Platz blieb, spiegelt gut die damaligen Popularitätsverhältnisse der Rapper wider.

3. Kamp hatte zwar zum Zeitpunkt der „EP:demi“ Releaseparty schon einige Veröffentlichungen am (Minus-)Konto, allerdings machten diese trotz ihrer von Jahr zu Jahr stark steigenden Dopeness und dem meiner Meinung nach besten und wahrscheinlich rarsten österreichischen Rap-Releases aller Zeiten (d.K.d.t.B., 2002) nur eher langsam die Runde. Vielleicht lag es auch daran, dass Kamp und seine Kumpanen damals konsequent nur auf Vinyl und Kassetten releasten. Auf Musikvideos wurde zudem auch verzichtet. Nachdem Brenk bereits auf einem weiteren Kamp Meilenstein, nämlich „In Interzone“ EP zwei Beats beisteuerte, produzierte er die „EP:demi“ im Alleingang. Inklusive der B-Seite von Esko (Trier, THM-Squad), der früher häufig mit Kamp zusammenarbeitete und noch häufiger noch betrunkener als Kamp war, raptechnisch seit 2006 aber leider nichts mehr von sich hören ließ. Als beispielsweise das Juice Magazin an Kamp und Brenk noch kein Interesse zeigte, schrieb der Kaisermühlner folgende Zeilen in seiner Release-Danksagung. Diese sollten sich später bekanntlich bewahrheiten:


Die EP gab es bereits vorab im Goalgetter Plattenladen (2003-2009, R.i.p.!) zu erstehen, dafür sollte man dann auch für nur 3 statt 7 Euro ins Tüwi reinkommen. Damit man nicht die Platte mit zur Party nehmen musste, bekam man für den Beweis ein Papierfähnchen in den Farben Lettlands. In meinem Fall wurde mir dieses von DJ Buzz (Waxolutionists; Supercity) überreicht. Auf meine Frag, wie viele denn schon verkauft seien, meinte er nur „Tausende“. Jahre später sollte der Goalgetter zusperren und Buzz als „Viera“ mit den Vamummtn auf Großraumdisco-Tour gehen. Beim Kamp/Esko Konzert dürfte ich dann der einzige Idiot gewesen sein, der tatsächlich mit Fähnchen aufkreuzte, wenigstens kamen dann aber doch auch noch ein paar andere…

Text: Jan Braula; Flyer: DJ Tyldak Archiv, Releases: Eigen-Archiv