Bis zu den üblichen Jahresrückblicken fließt zwar noch einiges an Wasser die Donau hinab, aber es müsste ausgesprochen viel passieren, wenn Eunique dort nicht in der ein oder anderen Kategorie eine ganz prominente Abhandlung erhalten würde. Die Hamburgerin hat diesem Deutschrap-Jahr schließlich schon ihren Stempel aufgedrückt. „Gift“, ihr im April veröffentlichtes Debüt, glänzt nicht nur durch ein „If You’re Reading This It’s Too Late“-inspiriertes Soundbild, sondern vor allem durch eine bissige Interpretin, die sich von ihren namhaften Featuregästen wie XATAR kein bisschen die Show stehlen lässt. Auf „Gift“ regiert die Anführerin des „Kobra Militär“ – so der martialische Gangname – durch Style, Charisma und Delivery.
Die Musik liegt Eunique dabei quasi in den Genen, ist ihr Vater Rapper Too Poetic von der Horrorcore-Gruppe Gravediggaz, der etwa auch Prince Paul und RZA angehörten. Aufgewachsen unter nicht einfachen familiären Verhältnissen im Hamburger Stadtteil Poppenbüttel, zog Musik Eunique schon früh in den Bann, beispielsweise versuchte sie sich als Sängerin in einem Chor oder nahm Klavierstunden. Im Feld der klassischen Musik hat es ihr besonders Frédéric Chopin angetan.
Von der klassischen Musik ging der Weg geradeaus in den Rap, das iPhone diente lange Zeit als Hort unzähliger Freestyles. 2015 lud Eunique ihre ersten Freestyles dann auf YouTube hoch, auf die entsprechende Resonanz musste sie nicht lange warten. So wurde auch der Berliner Produzent Michael Jackson auf sie aufmerksam, der der damals 20-Jährigen ein Angebot machte, welches sie nicht ablehnen konnte. Ein Business-Bootcamp in Berlin, bei dem der Rohdiamant Eunique geschliffen werden sollte – das schwebte Michael Jackson vor.
Eunique ergriff die Chance. Wer ihr Debüt gehört hat, weiß, dass sich diese zweijährige Zeit- und vor allem Energieinvestition definitiv auszahlte. Zusätzlich erwies sich auch der Entschluss, die Artistwerdung via YouTube-Format festzuhalten, als promotechnisch äußerst geglückter Move. Die Reality-Sendung „Becoming Eunique“ lässt tief in die Seele der aufstrebenden Künstlerin blicken, die im Dezember 2017 ihren bislang größten Hit ablieferte: Auf der millionenfach geklickten Doppel-Single „Giftig/Genau so feat. Veysel“ ist ihr enormes Potential deutlich zu hören.
Mit „Gift“ ist davon noch nicht alles ausgeschöpft, für dementsprechend viel Spannung ist in den nächsten Jahren gesorgt. Wie sich Eunique auf der Bühne anstellt, das kann man schon am Freitag erfahren, tritt die „Kobra“ auf unserer Geburtstagsfeier in der „Grelle Forelle“ zum allerersten Mal in Österreich auf.
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