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„Wenn du deine eigene Kunst machst, hast du keine Konkurrenz“ // Evan Parks Interview

„Wenn du deine eigene Kunst machst, hast du keine Konkurrenz“ // Evan Parks Interview

Ein hohes Maß an Ehrgeiz und positiver Energie scheinen stetige Wegbegleiter von Evan Parks zu sein. Der Eindruck, den sein musikalisches Schaffen und sein Onlineauftritt erwecken, verfestigt sich im Gespräch. Schließlich hat der in Wien lebende Rapper nicht nur einen interessanten Werdegang, sondern auch noch einiges vor. 2022 spielte Evan Parks neben Conchita Wurst und Eko Fresh beim vom Black-Voices-Volksbegehren initiierten Diversity Festival am Wiener Karlsplatz. Heuer hat er bereits eine Song-Challenge mit 30 Songs in 30 Tagen absolviert, nebenbei arbeitet er nach Singles wie „Level Up“ oder „LTL (Larger Than Life)“ an der Fertigstellung seiner ersten EP als Solo-Künstler.

Aufgewachsen in Kalifornien, übersiedelte Evan Parks vor einigen Jahren nach Klagenfurt. Bis 2022 studierte er dort Instrumental- und Gesangspädagogik mit Schwerpunkt auf Klavier und Klarinette. Nach dem Umzug nach Wien möchte er seine Leidenschaft für HipHop ausleben. Mehr über seinen Werdegang, Stationen, Meilensteine und Visionen erzählt Evan Parks im Interview.

The Message: Du bist in der Nähe von San Diego aufgewachsen – als Sohn einer Kärntner Slowenin und eines Afroamerikaners. Was ist daheim für Musik gelaufen?
Evan Parks:
Ein Mischmasch. Mein Vater hat viel HipHop gehört. Ich bin in einem christlichen Umfeld aufgewachsen und meine Eltern wollten nicht, dass wir Curse Words hören. Es sind Tracks von Hardcore-Leuten wie Xzibit, Ice Cube und Co gelaufen – aber immer nur die Beats. Meine Mutter hat einen klassischen Hintergrund. Wir haben immer wieder klassische Musik gehört, aber ich habe auch viel Rock gehört, bevor ich in meine Gitarrenstunden gegangen bin. Ich wollte Rockstar werden.

HipHop und klassische Musik begleiten dich bis heute. Würdest du sagen, dass deine Entwicklung vorgezeichnet war?
Gar nicht so. Mein erster wichtiger Zugang zum Musikmachen war in der Schule. Ich hatte die Möglichkeit, in einer Band zu spielen und mich dafür entschieden. Später habe ich gemerkt: In der klassischen Musik, die ich auch studiert habe, spiele ich nur das, was andere Leute komponiert haben. Ich wusste zwar immer, dass ich Musik machen will, aber früher habe ich geglaubt, dass der einzige Weg Klassik ist. Seit fünf, sechs Jahren habe ich gemerkt, dass der Weg für mich HipHop ist. Es wird in Zukunft weniger Klassik und mehr HipHop sein. Ich kann meine eigene Realität mehr einbringen, kreieren und mich selbst zeigen.

Evan Parks aus Kalifornien in der lauen Frühlingssonne Wiens
Aus der kalifornischen Sonne via Kärnten nach Wien-Favoriten. Fotos: Daniel Shaked

Also ist HipHop mehr Passion, klassische Musik mehr Arbeit?
Es war so, als ich studiert habe. Ich habe jeden Tag sechs, sieben Stunden klassische Musik geübt. HipHop war mein Releasepoint – Texte schreiben, Beats machen. Nach dem Studium hat sich das bisschen umgedreht.

Du hast in den vergangenen Jahren auch Musik für Theaterstücke komponiert – etwa für „Kleo Superstar – Eskapaden einer jungen Pharaonin“ und „Veter v grapah Korotana.
Ich wurde ins kalte Wasser geschmissen, aber es war eine supercoole Erfahrung. Das erste Projekt war, als ich mein Studium abgeschlossen habe. Ich habe fünf, sechs Stunden am Tag Klarinette und ein zwei Stunden Klavier geübt – dann musste ich ein Theaterstück komponieren. Es war irrsinnig stressig. Ich habe Ableton gecheckt, Beats selbst produziert und komponiert. Dann musste ich zu den Proben gehen – zwei Wochen intensiv. Jeder beim Theater ist hardcore und will, dass das Produkt sehr gut ist. Ich musste es jeden Tag aufführen – rappen, Klavier spielen und so weiter. Es war eine Herausforderung. Dann habe ich mit paar anderen Stücken weitergemacht, wo es nicht ganz so stressig war.

„Ich wurde ins kalte Wasser geschmissen, aber es war eine supercoole Erfahrung“

Dein Uropa, Pavle Kernjak, war Komponist, Chorleiter und Organist in St. Egyden bzw. Klagenfurt. Er hat slowenische Volkslieder bearbeitet und auch eigene Lieder getextet. Hast du sein Werk früh mitbekommen?
Sein Name ist in der kärntner-slowenischen Community bekannt. Meine Mutter hat es aber getrennt und mir nicht viel über ihn erzählt – außer, dass er mein Urgroßvater war. Als ich hergekommen bin, bin ich auf ihn angesprochen worden. Ich habe recherchieren müssen, was er alles gemacht hat. Vergangenes Jahr habe ich ein Konzert mit Musikstücken von ihm aufgeführt – ein Jubiläum.  

Hat es dich mal gereizt, selbst Orgel zu spielen?
Bei meiner Oma daheim gibt es eine Orgel. Ich habe ab und zu gespielt, es ist super nice. Das Problem ist: Die Orgel hat einen gewissen Klang und es ist schwer, sie zu spielen. Ich bin nicht so gut darin, mich damit zu artikulieren.

Evan Parks in Wien-Favoriten, wo er seit 2022 wohnt.

Nochmal zurück zu den Anfängen: Bist du mehrsprachig aufgewachsen?
Ich bin mit Englisch und Slowenisch aufgewachsen. Meine Mutter hat Kärntner Slowenisch mit mir gesprochen, ich habe auf Englisch geantwortet. Als ich nach Österreich gezogen bin, habe ich es verstanden, aber es hat bisschen gedauert, bis ich Slowenisch sprechen konnte. Bevor ich hergekommen bin, habe ich auch einen Deutschkurs absolviert. Da habe ich viele Wörter wiedererkannt und geglaubt, dass sie Slowenisch sind. Wenn man mit Kärntner Slowenisch aufgewachsen ist, kann man Slowenisch nicht wirklich verstehen, weil sich die Hochsprache stark davon unterscheidet.

Wie kam es zur Entscheidung, nach Österreich zu ziehen?
Im letzten Jahr in der High School musste ich mich entscheiden, ob ich zur Universität gehe oder ein Gap Year mache. Ich habe mir gedacht, dass ich mit 17 noch nicht bereit bin. Ich wollte Musik machen, aber mit meinen damaligen Möglichkeiten wäre ich nicht weit gekommen. Mir war wichtig, dass ich auf eine gute Universität komme. Ich habe gedacht: Ich habe den österreichischen Reisepass und Familie hier. Ich nütze das Jahr, um zu reisen, Leute kennenzulernen und die Sprache zu lernen. Das Jahr war supercool. Dann habe ich in Klagenfurt angefangen, Instrumental- und Gesangspädagogik zu studieren und bin dabeigeblieben.

Mittlerweile ist das Studium abgeschlossen, du bist vergangenes Jahr nach Wien übersiedelt.
Ich war halbwegs fertig mit dem Studium, habe die Bachelor-Prüfung geschafft. Ein paar Fächer waren noch zu absolvieren. Für einen Kurs im Monat hat es sich nicht ausgezahlt, in Kärnten zu bleiben. Es war eine Entscheidung für Rap. Ich wusste, dass ich das HipHop-Ding machen will und wollte mich zu hundert Prozent dafür entscheiden. In Kärnten geht das nur bis zu einem gewissen Punkt. In den ersten Monaten war ich noch gefühlt jeden Tag in Kärnten, wegen Gigs, Unterricht und so weiter. Seit paar Monaten versuche ich aber, nur in Wien zu sein.

Unterrichtest du nebenbei?
Ich habe einige Privatschüler gehabt und ich möchte einmal Lehrer werden. Aber ich kenne viele Lehrer*innen, die mit 25 damit angefangen haben und später verbittert geworden sind, weil sie ihre Karriere nicht wirklich verfolgt haben. Deshalb will ich zuerst meine Erfahrungen in der Musik machen, in allen Sparten eigene Musik und Konzerte verfolgen. Dadurch kann ich später den Schüler*innen besser zeigen, wie es wirklich ist. Es wäre cool, auch einen Raum als Lehrer zu haben, wo ich Vorträge darüber halten kann, wie das Musikbusiness ist, welche Erfahrungen ich als Artists gemacht habe und Workshops mache.

Wie schwierig ist es, in Wien im HipHop- und Klassik-Kontext fußzufassen?
Wien ist in der klassischen Musik Top of the top, da ist es schwer. Mit der Klarinette spiele ich immer wieder im Orchester, auch als Substitut. Die Gigs sind aber immer in Kärnten. In Wien kennen nicht viele Leute meine Musik als Rapper. Aber ich war auch paar Jahre in Kärnten, bevor ich meinen ersten Gig bekommen habe. Ich weiß, dass es Zeit braucht. Ich habe noch nicht die Connections hier, die sind natürlich wichtig und sie müssen passen. Ich will die richtigen Leute finden, die die Musik feiern. Ich bin mir sicher, dass es sie hier gibt. Jetzt möchte ich so viel Musik in guter Qualität wie möglich machen und schauen was geht. Das amerikanische Durchziehen – let’s do it!

Evan Parks in der Sonne Wiens

In Klagenfurt warst du länger als Rapper in der Crew The Icon aktiv, seit dem Umzug als Solo-Künstler. Habt ihr euch aufgelöst?
Als wir unser erstes Album gemacht haben, waren wir zu dritt – ich als Rapper, Max als DJ/Sound Engineer und Viktor als Produzent. Viktor ist nach einer Zeit ausgestiegen, weil er sich auf klassische Musik konzentrieren wollte. Wir haben zu zweit weitergemacht, mit einem Manager, der gesagt hat, dass wir viel Wert auf Marketing legen sollen. Es war cool, aber wir haben dadurch weniger Musik produziert. Wir haben Gigs gespielt, aber es ist von der ursprünglichen Idee von The Icon weggegangen und wir haben Musik performt, die zwei, drei Jahre alt war. Es hat weniger Spaß gemacht. Max hat dann einen Job angefangen, wir haben weniger Zeit investieren können. Ich habe mir gedacht: Bevor ich es allein weiterführe, starte ich gleich mein eigenes Projekt.

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„Wenn du deine eigene Kunst machst, hast du keine Konkurrenz“

Wie sehr hilft dir die klassische Ausbildung im Rap?
Sehr. Vor allem beim Timing, bei Melodien und beim Erkennen, was wo dazu passt und wo nicht. Ich kann alles schnell benennen und switchen, wenn ich eine Tonlage nicht mag. Ich hatte viele Professor*innen, die hardcore waren. Sie haben es nicht akzeptiert, wenn etwas okay war. Es musste ausgezeichnet sein. Diese Mentalität ist in mir bis heute geblieben, wenn etwas in meiner Vorstellung nicht ganz passt. Das habe ich von der Klassik mitbekommen.

Wie passt die Song-Challenge – 30 Songs in 30 Tagen – die du kürzlich auf TikTok absolviert hast, da dazu?
Ich habe von der Klassik gelernt, es auch mal zu akzeptieren, wenn etwas nicht perfekt ist. Ich muss üben, üben, üben, dann wird es irgendwann gut. Natürlich kommt man trotzdem nicht immer ans Ziel. Es braucht vier, fünf Songs, bis einer gut ist und ich ihn rausbringen will. Nicht weil die Texte oder der Flow nicht passen, sondern weil es nicht der richtige Vibe ist. Ich habe zuletzt wieder J.Cole gehört. Ich will nicht in fünf Jahren denken, dass ich Potenzial hatte, aber nicht genug dafür gearbeitet habe. Es wäre das Traurigste. Wenn jemand später sagt, dass meine Musik wack war, kann ich damit leben. Aber wenn ich nicht alles versucht habe, bin ich selbst schuld.

Wie viel österreichischen Rap bekommst du mit?
Es ist mein Lieblingshobby geworden (lacht). Am Anfang habe ich es bisschen gehated, aber fuck that. Jetzt feiere ich deutschsprachigen Rap. Ich finde zum Beispiel Skofi sehr gut, auch die neuen Tracks von Bibiza und Co sind sick. Ich schaue immer nach, wer new ist und habe viel aus der Newcomer-Liste von den The Message Awards durchgehört. Es sind viele Leute, aber ich glaube es gibt genug Platz für alle, die eine Qualität haben – auch mit Deutschland und der Schweiz. Wenn du deine eigene Kunst machst, hast du keine Konkurrenz. Ich merke bei einem Track nach paar Sekunden, ob es qualitativ ist, ob er diese Energie reinbringt. Bei 3310 ist das zum Beispiel cool. Ich feiere es, würde aber nicht sagen, dass es mich inspiriert.

Kannst du dir vorstellen, mal in einer anderen Sprache zu rappen?
Mich stört es immer bisschen, wenn jemand in einer Sprache rappt, die er nicht richtig kann. Das checke ich sofort. Es gibt ein paar Leute, die das richtig gut machen. Sie schreiben auf Englisch Songs und du merkst nicht, dass sie nicht aus den USA oder aus England sind. Das ist mein Anspruch. Wenn ich mal wirklich gut Deutsch spreche und mich perfekt ausdrücken kann, dann mache ich das. Sonst mache ich lieber Features mit Kolleg*innen, die auf Deutsch rappen oder singen.

Was würdest du sagen sind deine größten Alleinstellungsmerkmale als Rapper?
Die Energie! Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen, zu springen und meine Musik voll laut zu performen. Aber das will wahrscheinlich jeder. Mir ist wichtig, offen für neue Sachen zu sein, nicht nur dasselbe zu machen. Ich möchte Fans haben, die wissen, dass eine Single voll trappig, dumm, flagrant oder was auch immer sein kann, die nächste aber voll deep. Sie sollen offen dafür sein.

Du bist auch Veranstalter – du leitest in Kärnter Eventreihe Hip-Trip Events mit. Was war die Hauptmotivation und geht es nach deinem Umzug weiter?
Der Ursprung war, The Icon zu pushen. Wir wurden irgendwann bei jedem möglichen Event gebucht in Kärnten – es gab nichts mehr, wo es noch gepasst hätte. Es gibt generell nicht viel in Klagenfurt. Chantal Bambgala und ich organisieren die Events gemeinsam. Wir buchen hauptsächlich Wiener Artists nach Kärnten, zum Beispiel Donna Savage 2022, und wir wollen uns dort noch mehr etablieren. Aber wir haben vor, später auch in Graz und in Wien Events zu veranstalten.

Welche Artists haben dich in den vergangenen Jahren am meisten inspiriert?
Ich höre ganz viel Musik und mein Ohr ist offen für alles, aber ich will nicht mehr meinen Stil anpassen. Es gibt natürlich Leute, die ich gern höre, aber ich würde nicht von Vorbildern sprechen. Ich habe zum Beispiel viel Isaiah Rashad gehört, dann sechs Monate lang nur Female Rap. Zum Beispiel Rico Nasty, ich war auch bei einem Konzert von Megan Thee Stallion. Ich lasse mich aber auch gerne von Leuten aus meinem Umfeld inspirieren.