Zugegeben, wie es Texta in dieser konfusen Konstellation geschafft haben sich für sechs Studioalben, mehrere hundert Konzerte und jetzt auch noch ein Buch zu organisieren, ist uns nach wie vor ein Rätsel. Dafür sind wir um die Erkenntnis reicher, dass es nicht leicht ist mit fünf Leuten ein Video-Interview zu führen, vor allem wenn nicht alle Antwortenden mit der gebührenden Konzentration bei der Sache sind und ein Mikrofon-Experiment misslingt. Deshalb das Interview auf der Hohen Warte (danke Vienna!) hier „nur“ in schriftlicher Form und als zusätzliche Video-Schmankerl noch ein Wordrap und ein Texta-Plattencheck…
Auf euren letzten beiden Alben gab es nach knapp 20-jähriger Bandgeschichte bereits vereinzelte Abschiedstöne. Inwiefern ist das Buch als Schluss-Strich zu sehen?
Huckey: Wir haben es nicht als Abschlussstatement gesehen, sondern eher als Angebot das zusammenzufassen, was es bisher an Texten gibt. Die andere Überlegung war nicht vorhanden, auch wenn du nicht der Erste bist, der uns das fragt.
Flip: Es war die Idee des Verlags ein Texta-Texte-Buch zu machen. Zu den Liedtexten noch Kommentare hinzuzufügen war unser Vorschlag. Der Verlag wollte nur einen reinen Lyrik-Band machen. Wir haben uns gedacht, dass das ein bisschen wenig ist, weil man unsere Texte auch im Internet halbwegs gut finden kann. Eine kurze Fotostrecke haben wir auch noch beigesteuert.
Wie habt ihr die Text-Kommentare der anderen aufgenommen? Gab es Streitereien?
Huckey: Bei den Song-Kommentaren haben wir uns eigentlich nicht gestritten. Bei den Texten zu den Alben hat es Diskussionen gegeben.
Flip: Bisschen drüber gegangen bin ich dann schon, wenn Fakten wie Jahreszahlen einfach nicht ganz gestimmt haben, falls euch das aufgefallen ist…aber wurscht (lacht).
Inwiefern repräsentiert ihr unterschiedliche Lebensmodelle? So weit ich weiß haben Dan, Laima und Huckey konventionelle Jobs, während Skero und Flip eher ein Künstlerleben führen…
Flip: Einen kleinen Job habe ich schon. Aber es stimmt, wir sind eher die, die keinen fixen Job haben. Es gibt aber auch keinen von uns der 40 Stunden arbeitet. Egal ob das ein Künstler-, oder ein Bohémien Leben ist, arbeiten wir alle im Endeffekt genug.
Huckey: Komplett anderes Lebensmodell würde ich nicht sagen, der eine muss 20 Stunden arbeiten, der andere eben bisschen weniger.
Laima: Das ist eher bei mir beziehungsweise Dan der Fall, weil wir Familie haben. Ich glaube schon, dass sich das zum Beispiel krass zum Leben von Skero unterscheidet. Beim Konzert tut dann dennoch jeder immer noch das Selbe. Während der Studioarbeiten merkt man es auch nicht.
Dan: Mit meinen 20 Stunden und der Texta Arbeit würde ich behaupten, dass ich im Jahresdurchschnitt auf über 40 Stunden wöchentlich komme. Sogar ganz locker…da rechne ich noch keine Wochenend-, und Nachtzeiten ein.
Skero: Ich bin selbstständig und habe schon immer versucht von meinen Talenten zu leben. Das heißt meine Arbeitszeit fängt nicht an und hört nie auf.
Flip hat in einem anderen Message Interview gemeint, dass Hip Hop ihm hilft das Kindliche zu bewahren. Seht ihr das auch so?
Skero: Musikmachen hält sicher jung, vor allem weil unsere Hörer meistens mittlerweile doch jünger sind als wir.
Huckey: Vielleicht ein wenig von der anderen Seite: ich habe mich nachdem ich einen Text geschrieben habe, schon immer gefragt, ob ich dann später noch dazu stehen kann. Das war für mich immer die Frage: taugt es mir nur jetzt und morgen bereue ich es? Oder kann ich, soweit ich halt vorausschauen kann, sagen dass das nicht so sein wird? Ansonsten würde ich sagen, dass das Kindliche der Enthusiasmus ist.
Laima: Manchmal ist das aber auch ein Fehler, wenn man immer dazu stehen kann, was man jemals gesagt hat. Man würde sich dann ja nie verändern. Ich meine in gewissen Sachen schon, aber mit 20 war ich eben 20. In diesem Alter kann man eben etwas leichtfüßiger zu etwas stehen, was man nicht ist. Natürlich habe ich mich auch gewandelt und es kann sich auch jetzt jedes Jahr noch vieles ändern.
Ist es tatsächlich so, dass Laima Huckey noch immer das Bier stiehlt und Huckeys Juice-Ausgabe verschlammt?
Laima: Huckey war der erste, der einen Alben-Kommentar geschrieben hat. Was war das? Genau zu „Grotesk“. Und da hat er eben geschrieben, dass es noch immer das Selbe ist: Ich flader ihm noch immer die Juice und das Bier etc..Darauf habe ich natürlich in einem meiner Kommentare reagieren müssen. Und ich glaube ja, dass mir der Huckey genauso viel Bier fladert wie ich ihm. Aber das tut nichts zur Sache. Es ist auch nicht so, dass wir uns bei den Kommentaren nicht gestritten hätten. Texta ohne Streit funktioniert nicht, wenn man sich ehrlich ist.
Inwiefern war es für dich Skero eine Revanche, dass ihr die Titelnummer zum ersten Mundl Film gemacht hat, nachdem Texta eigentlich immer als Linzer Band bezeichnet wurde? Oder war es für euch komisch, dass ihr das als Nicht-Wiener gemacht habt?
Skero: Ich sehe mich nicht unbedingt als Wiener. Ich bin in Mödling geboren, war dort im Kindergarten und dann sind wir nach Linz übersiedelt. Dort bin ich aufgewachsen. Da bin ich auch eigentlich ganz froh darüber. Aber ich habe auf jeden Fall eine Beziehung zu Wien: ich wohne hier, und meine Mutter ist auch aus Wien. Mit der Mundl Nummer wurden wir damals beauftragt. Da brauchen sich die anderen nicht aufzuregen, weil beim nächsten Mundl-Film war es eh so, dass es bis auf Hinterland eine reine Wiener Partie war.
Laima: Und Karl Merkatz ist ein…Oberösterreicher.
Flip: Meine Eltern kommen übrigens beide aus Wien. Von der Abstammung her bin ich also auch ein Wiener.
Laima: Wir haben das als Mundl-Fans gemacht, weil wir alle die Serie gern hatten. Deswegen haben wir uns darauf eingelassen. Wenn das CSI oder so etwas gewesen wäre, weiß ich nicht ob wir es gemacht hätten.
Flip: Kaisermühlen Blues wäre glaube ich zum Beispiel schon blöder gewesen.
Wie geht ihr damit um, wenn Leute auftauchen, die behaupten sie wären die ersten, die mit österreichischem Rap etwas erreichen würden, wo ihr ja doch einige Erfolge gefeiert habt?
Huckey: Da muss man drüber stehen. Sich darüber einen Kopf zu machen ist nutzlos. Lieber überlegen, warum man die sogenannten Erfolge hat und dass man drauf schaut, dass das Zeug was man macht gut und ok ist. Und dann können sie schon kommen und hinpinkeln. Ist mir wurscht.
Skero: Das ist mittlerweile so üblich, dass viele Rapper mit Populismus arbeiten und sich in den Interviews selbst groß machen oder größer als sie sind. Vielleicht glaubt es ihnen dann irgendwann auch einmal einer. Das passiert eh meistens so.
Dan: Fairerweise muss man schon dazu sagen, dass wir in Deutschland nie in den Albencharts waren..auch nicht in den Singlecharts. Andere Österreicher haben das geschafft. Czakuza und RAF auf jeden Fall…Nazar glaube ich auch. Das passt auch voll so. Ich weiß nur nicht, wie viele Deutsche wissen, dass das Österreicher sind. Bei uns würden sie es merken. Natürlich sind wir auch zu einer anderen Zeit mit Hip Hop eingestiegen und haben unter anderem deswegen auch eine ganz andere Fanbase. Zumindest deutschsprachiger Rap ist heute viel größer. Wurscht ob Österreich, Schweiz oder Deutschland.
Laima: Wir müssen uns in Österreich in Sachen Konzertbesuchern und Album-Verkäufen mit Sicherheit vor niemandem verstecken.
Worauf führt ihr es zurück, dass ihr vor allem von der Straßenrap-Ecke so oft angegriffen wurdet?
Flip: Wir waren eigentlich gar nicht so oft Zielscheibe. Und es ist eigentlich logisch: die oiden Herren, die halt auch Erfolge haben und relativ bekannt sind, sind natürlich eher der erste Angriffspunkt um so Aufmerksamkeit zu erlangen, als irgendein Vorstadt-MC. So oft war es aber gar nicht. Wir haben auch nur sehr selten auf solche Disses geantwortet. Im Endeffekt war der Kamp der Erste, der uns gedisst hat, dann Phat Frank und schließlich noch Joshimizu. Die Phat Frank und EMC Geschichte war die einzige, die handgreiflich wurde. Bei unserer Wien Releaseparty vom „So oder so“-Album 2004 wollten sie uns irgendwie auf komisch überfallen und sind bei dieser ganzen Situation eh nicht ganz so gut ausgestiegen. Damals hat es ja diesen Diss von Marquee auf dem Rückgrat Album gegeben: „Hej Phrank, du bist net phat, sondern nur ausgfressn…“. Nachdem wir Marquee rausgebracht haben, waren wir daraufhin auch selbst Zielscheibe. Aber sowas hat eher abgenommen. Ich muss das Ganze auch eher belächeln. Weil es eher so ist, dass sich jemand rein steigert, wenn dann aber keine Antwort zurückkommt, wird es für denjenigen eh fad und es kommt der Nächste dran. Für uns hat es am Besten funktioniert das so zu handhaben.
Huckey: Ich bin dann auch eher so ein Konflikt-scheuer Typ. Ich bin dann so irgendwie peinlich berührt und weiß nicht was man da darauf machen soll und ob man überhaupt etwas machen soll. Meistens denke ich mir dann, dass ich dafür keine Zeit habe.
Ihr nutzt euren Bekanntheitsgrad aber auch dazu, um andere Künstler vor allem aus Linz zu supporten. Auf eurer Homepage gab es früher auch regelmäßige „Austrian Rap News“…
Dan: Der A.N.S. ist damals auch auf Tontraeger Records rausgekommen und ist kein Linzer. Ok, der Rest sind schon alle Oberösterreicher. Das hat sich einfach durch das Umfeld und die Nähe ergeben.
Laima: Ich glaube, dass es als Musiker extrem wichtig ist sich mit anderen Musikern auseinanderzusetzen und sie zu supporten. Es bringt ja nicht nur für sie etwas, sondern auch dir selber. Wenn man mit frischen Talenten zusammenarbeitet, kann man sich damit auch jung halten, auch wenn man es selber gar nicht mehr ist (lacht).
Apropos: Huckey bezeichnet in eurem Buch die Au, Hinterland und Kamp als die Steilvorlagen im österreichischen Rap…seid ihr euch da einig?
Flip: Hast du das so geschrieben?
Huckey: Ja das sehe ich so. Das ist in gewisser Weise eine Messlatte auch für uns wo wir uns denken: „jetzt müssma wieder bissi Gas geben“ um über diese Linie zu kommen. Wo man aber positiv darauf zugeht und nicht sagt: ich muss die battlen, sonder ganz im Gegenteil. Das ist auch in den meisten Fällen der ausschlaggebende Grund für eine Zusammenarbeit.
Flip: Ich finde so Rankings immer komisch. Also ich würde nie sagen, dass der und der der beste Rapper Österreichs ist, oder meine Top 3 nennen. Es gibt nämlich immer verschiedene Geschmäcker und Prioritäten. Ich könnte nicht einmal sagen, wer in Deutschland der beste Rapper ist. Wer ist denn für dich der Beste, Skero?
Skero: In Deutschland? MoTrip finde ich zur Zeit ganz cool. Samy hat sein Level gehalten. Kool Savas ist immer leiwand. Auch wenn das letzte Album nicht so gut war (lacht). Morlockk Dilemma finde ich sehr cool und Hiob. Amewu finde ich eigentlich auch ganz leiwand. Es kommen nach wie vor coole Sachen raus. Die Leute diggen halt nicht mehr so tief, aber es wird auch im Ami-Rap sehr viel releast. Im ganzen Haufen sind dann auch immer sehr leiwande Sachen dabei. Da muss man halt ein bisschen danach suchen, aber das Potential ist auf jeden Fall da. Selbst im Gangsta Rap sind Skills mittlerweile sehr gefragt. In den letzten Jahren ist das technische Niveau mit Sicherheit in die Höhe geschnalzt.
Skero hat vor einem Publikum gespielt, dass ihr sonst immer wieder kritisiert und abgelehnt habt. Im Buch schreibt Huckey unter anderem: „Die »Generation Kabinenparty« is over“…
Huckey: Darüber haben wir dann eh gestritten…Ich wollte damit nur sagen, dass ich es anders als Skero gemacht hätte. Ich hoffe, dass ich das auch so rüber gebracht habe. Ich weiß schon, das sagt jetzt einer der schon älter ist und dem man halt auch schon vorwerfen könnte: „du versteht es halt nimmer und das sind doch auch nur irgendwelche Leute, die sich amüsieren wollen“. An diesem Punkt muss ich sagen: ja, aber das hat mit mir nichts zu tun. Ich verstehe es einfach nicht. Ich bin auch ganz anders assoziiert. Bin ganz anders aufgewachsen, habe eine ganz andere Attitude und die darf ich bitte auch sagen und auch jedem sagen. Ich habe das als Nachlassen und sich selber ins Eck stellen empfunden und es deswegen auch so reingeschrieben.
Flip: Was mit dem Song passiert ist, war ja auch mehr Zufall als Planung. Im Endeffekt hat Skero für sich entschieden was er damit macht und wie er es auswertet. Mit so einer Geschichte wäre wahrscheinlich jeder von uns anders umgegangen. Sicher haben wir darüber viele Diskussionen gehabt und uns auch gestritten. Der Effekt auf Texta war aber minimalst. Die Kabinenparty-Hörer kennen ja Skeros Geschichte und seinen Background im Normalfall nicht. Bei den Texta-Fans wird es sich in positive und negative Meinungen geteilt haben. Genauso wie zu meinem Album oder auch bei Huckey&Average. Für uns war es aber natürlich auch eine neue Situation. Diese Großraumdiscogeneration, ich meine ja…das ist ja wahrscheinlich eher die David Guetta Generation mittlerweile. Heutzutage sind zwei oder drei Jahre für Jugendkulturen schon sehr viel. Vieles verschwindet sehr schnell, anderes taucht plötzlich auf. Wer kennt beispielsweise noch Krocha?
Skero: Über diese „Saturday Night Fever“-Geschichte wird von den Großraumdiscos immer so ein Horror-Szenario vermittelt und die meisten kennen es auch nur von dort. Dass das nicht unbedingt 100% der Realität entspricht, ist wohl klar. Bei manchen Texta-Konzerten haben wir auch blöde Menschen (lacht). Die wenigsten Musiker in Österreich kommen in die Situation, dass sie auf einmal so einen Mega-Hit haben, da müsste man erst schauen wie die anderen sich in dieser Situation verhalten würden. Ich glaube, dass ich das Ganze ganz gut geritten habe. Es war sehr wichtig, dass ich das gemacht habe. Ich habe mit dem Album sehr viele Konzerte gespielt, davon waren 10 Konzerte Promo Gigs und darauf hängen sich alle Leute auf. Insgesamt waren es 70 oder 80 Konzerte, die ich innerhalb von einem Jahr gespielt habe.
Auf RTL wurden im Rahmen der Sendung „Die ultimative Chartshow“ die 100 vermeintlich besten Partylieder gezeigt. Dazwischen wurden auch kurz die fünf peinlichsten Partylieder präsentiert, wobei „Kabinenparty“ auf Platz 2 gelandet ist. Habt ihr das mitbekommen?
Dan: Boah, Scheiße, das habe ich mir im Hotelzimmer angeschaut, als wir wegen eines Konzerts in Augsburg waren. Ich bin aber eingeschlafen und habe es leider nur bis Platz 30 geschafft.
Skero: Ich habe das auch nur gehört und habe es dann im Netz gesucht aber leider nicht gefunden. Nachdem die ersten Plätze so fürchterlich waren, ist das eh eine große Ehre für mich.
Interview: Jan Braula
Kamera: AMRBTZ
Wordrap-Tags: Skizo
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