Nach der Veröffentlichung der „N.U.T.T.E.“-EP Anfang 2012 ist der rappende Trunkenbold Karäil musikalisch fast gänzlich von der Bildfläche verschwunden – knapp sechs Jahre des künstlerischen Schweigens sind eingetreten. Der Track „Kälte“ war in den vergangenen Jahren der nennenswerteste Ausreißer des Duzz-Down-San-Rappers, bei dem er gemeinsam mit seinem beim Hanuschplatzflow verwurzelten, besonders tschecherfreudigen und in jüngerer Vergangenheit auch aktiveren Alter Ego Pif Paf sowie seinem Compadre Ernst Palicek in Erscheinung getreten ist. Überraschend kam die ausgedehnte Schaffenspause in Anbetracht des bisherigen Werdegangs von Karäil aber nicht. Ein Freund von kurzen Release-Intervallen war er schließlich noch nie, wie etwa die jeweils vergangenen Jahre zwischen seinen Free-EPs „Karyzma+“, „Album Fail“ und „N.U.T.T.E.“ unterstreichen. Dass sich der Wahlwiener traditionell als Verweigerer des Albumformats inszeniert, findet nun mit dem nun erschienenen Extended Play „schweiss“ seine Fortsetzung. Der Titel ist einfach erklärt: „Ein blödes Wortspiel, das sich aus schwarz und weiß ergibt.“
Mit dem Comeback kommt auch der Anspruch, ja nichts Durchschnittliches oder gar Langweiliges zu bringen, zur Fortsetzung. Jahrelang zu schweigen macht für Karäil eben mehr Sinn, als einen kantenlosen Track zu veröffentlichen. Doch nun zur EP: Die sieben Nummern von „schweiss“ basieren hauptsächlich auf düsteren Instrumentals. Die ersten drei Tracks wurden von Chrisfader & Testa produziert, deren Beats eine schwere, drückende Grundatmosphäre geschaffen haben. Mit dieser kann der Rapper lyrisch tadellos umgehen, wobei er auf von Selbsthass und depressiven Zügen geprägte Stimmungsbilder kreiert und damit den eigenen Verfall inszeniert. Die Trostlosigkeit demonstrierenden Lyrics sind mit äußerst wenig vermittelter Hoffnung ausgestattet und finden weitgehend innerhalb der selbstauferlegten Bsuff-Rap-Etikettierung statt. Doch auch für einen Verweis aufs Paul-Auster-Buch „Im Land der letzten Dinge“ beim gleichnamigen Track sowie für botanische Metaphern bei „Angsttriebe“ bleibt Platz.
Ebenfalls stark melancholisch angehaucht sind die letzten drei Nummern, die Gru produziert hat. Im direkten Vergleich mit den vorangegangenen Tracks wirken sie dennoch heiterer. Das mag mit den weniger schwer aufgeladenen Instrumentals und den geradliniger gestalteten Texten von Karäil zusammenhängen. Die vermittelten Stimmungsbilder auf der eingangs erwähnten Nummer „Kälte„, die es auf die EP geschafft hat, sowie „Glühendes Gift“ mit Feature von Slobi weichen nämlich nicht großartig vom zuvor Gehörten ab. Als grantig-süffige Hommage an Henry Chinaski (das literarische Alter Ego von Charles Bukowski) ist der Schlusspunkt „Hank“ konzipiert, bei dem sich auch der mit einem Part vertretene Crack Ignaz ans selbstzerstörerische Konzept der EP anpasst. Die sieben Tracks sind also garantiert keine leichte Kost, aber dennoch durchwegs unterhaltsam.
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