Freitags wird veröffentlicht! Wer die heimische Hiphopszene verfolgt, wird um Melik und Crack Ignaz neuen Track „Rotlicht“ nicht herumkommen. Schaut man im Video genau hin, ist neben den beiden Rappern eine dritte Protagonistin vertreten. Keke ist das neueste Signing des Wiener Labels MOM I MADE IT und feiert heute auch ihre erste eigene Veröffentlichung: die Single „Donna Selvaggia“.
Die wilde Frau wurde schon vom legendären italienischen Songwriter Lucio Battisti in einer schmalzigen Ballade besungen. Kekes Debut hat mit romantischen Liebesbekundungen allerdings wenig zu tun. Sie stilisiert sich selbst als die Donna Selvaggia, die polarisiert und mit Konventionsbrüchen für Unmut in der Szene sorgt. Eine Ansage die unzählige ihrer Kollegen brachten, nur um kurz darauf das Schema F auf Albumlänge in den Äther zu schicken. Keke will also anecken. Gar nicht so leicht in einer Generation, die schon jede Provokation gesehen hat. Im Text, vorgetragen im teils schwer verständlichen aber wunderbar intonierten Flow, verweist Keke auf Medea, eine der interessantesten Figuren der griechischen Mythologie.
Kurze Exkursion: Der griechische Prinz Iason zieht mit seiner Posse, den Argonauten, in einem überdimensionalen Kriegsschiff los um das goldene Vlies zurückzuerobern. Auf der Reise trifft Iason auf Königstochter Medea, die sich dank einiger Manipulation durch Liebesgott Eros, in den Prinzen verliebt. Nur durch Medeas Ideen und Fähigkeiten schafft es Iason das goldene Vlies zu bergen. Die beiden heiraten und bekommen Nachwuchs. Nach einigen unglücklichen Morden und Intrigen müssen die beiden nach Korinth fliehen. Dort betrügt Iason Medea mit der lokalen Königstochter. Medea tötet die Nebenbuhlerin mit einem vergifteten Kleid. Damit ihre Kinder die Rache nicht ertragen müssen, nimmt sie auch ihnen das Leben, bevor sie für immer untertaucht. Der verzweifelte Iason begeht in den Trümmern seines Schiffes Selbstmord.
Kekes Vorbilder sind nicht nur provokant, sondern wenn nötig auch ganz schön brutal. Musikalisch spiegelt sich das sehr passend in einem bösen, basslastigen Trapbeat von STSK wieder, der gegen Ende einige überraschend coole rhythmische Figuren hervorbringt, sich ansonsten jedoch auf eine recht unspektakuläre Synthesizermelodie verlässt. Die visuelle Umsetzung zeigt die kurzgeschorene Keke, wie sie ihre Texte mit teils direktem Blick in die Kamera vorträgt. Bunte Lichter, Spiegelkabinette und Kaleidoskopeffekte haben etwas albtraumhaftes und lassen das Gefühl entstehen, vollgepumpt mit Halluzinogenen auf einem Verhörstuhl zu sitzen, mit Keke als bedrohliche Entführerin. Samples im Intro und Prechorus, die an Kettenrasseln, Presslufthämmer und Strom erinnern, verstärken diesen Eindruck. Ein eingängiger Track zum Kopfnicken mit teuflischen Details und starken Ansagen. Keke schafft es mit ihrem vielschichtigen Debut Neugier zu wecken.
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