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Mädness und Döll live: „Habt ihr Bock auf meinen Bruder?“

Mädness und Döll live: „Habt ihr Bock auf meinen Bruder?“

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Mit „Heute ist ein denkbar schlechter Tag, um ein Konzert zu spielen“, resümiert Mädness die Umstände nach den Geschehnissen in Paris ziemlich treffend. Doch dazu später mehr. DJ Buzz eröffnet mit Fatonis 32 Grad und Semmelweisreflex die Show. Kurz darauf betreten die Deutschrap-Brüder Döll und Mädness „De Gude“ Maggo die Bühne und performen dessen gleichnamigen Track. Weiter geht es mit Dölls Prolog – welchen er gleich dafür nutzt, sich dem Publikum etwas genauer vorzustellen. Nämlich als der im deutschsprachigen Raum wohl technisch beste Rapper. Darauf setzt es ein Acapella.

Und wenn du’s nicht glaubst, wie wärs wenn,
du mir sagst wer wenn,
nicht ich – so viel scheiß Schmerz in einen einzigen Vers zwängt.
Und frag mich nicht, wieso wir irgendeiner Illusion hinterherrenn‘
sondern wer kann mit diesem Scheiß hier ficken – komm sag mir wer, wenn …“

Staiger bezeichnete Mädness einst als „den kompletten MC“. Davon gibt es mittlerweile augenscheinlich mindestens zwei – es bleibt in der Familie.

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Codewort. Codewort – Codewort. „Rührt sich da was?“, fragt Mädness in die Runde und erntet dafür zum Großen Teil lediglich leicht verwirrte Blicke sowie kleinlautes Gejohle. Bei FidMella, der sich unter das Publikum gemischt hat, zeichnet sich jedoch ein verschmitzt wissendes Lächeln ab. „Ich werde alles verkacken. Das ist das erste Mal seit vier Jahren und ich bin sturzbetrunken!“ – sind die ersten Worte von Kamp, der plötzlich auf der Bühne steht. Endlich. Häng Ab wird gespielt bzw. wird gleichzeitig auf denselben Beat gefreestylt.

„Es tut mir leid, es war whack – aber so bin ich,
ich fucke immer wieder ab!
Ich schwör ich fucke ab
Ich hab’s dir gesagt, komme ich auf die Bühne, dann fuck ich ab
What the …“

Whack war das sicher nicht. Würde man behaupten wenn man zu Untertreibungen neigt. Doch Kamp „huscht“ nach drei Minuten tatsächlich schon wieder von der Bühne. Döll sieht ihm halb skeptisch, halb leidend hinterher und alle denken dasselbe. „Nein, scheiße war’s das schon?“

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Den Kurzauftritt muss das Publikum erst einmal verdauen. Doch generell ist die Stimmung leider mäßig bis mies. Zwei Begriffe, welche die beiden Rapper den Zuschauern im gerade einmal zu einem Drittel gefüllten Flex Cafe immer wieder um die Köpfe werfen, um sie aufzurütteln. Was nicht wirklich funktioniert. Die Atmosphäre bleibt bis zu Roll auf, Frag mich nicht und sogar bis zu einem weiteren Acapella von Döll zurückhaltend. Mädness vesucht mit seinen Trap-lastigen Songs Kein Kompromiss und Solche Rapper Energien freizusetzen, und muss letztendlich zu Ein Reim reicht dem Publikum beim Ausfüllen des Chorus helfend beispringen. Etwas resigniert und schulterzuckend schauen sich die Brüder an – „Man kann es nicht erzwingen.“

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Es folgt der etwas problematische Teil des Abends. Trotz der Anschläge in Paris vom Vorabend, wo in einer Konzerthalle fast hundert Menschen von Selbstmordattentätern erschossen wurden, ertönt Ich sterbe für HipHop. Ziemlich unnötig. Obwohl die Track-Dichte der beiden an diesem Abend nicht gerade hoch ist, denn mit Der Mann im Mond und Taschentuch haben sie zwei Lieder im Gepäck, die man eigentlich dem Team Normal zuordnen würde. Diese kleine Spitze sei erlaubt. Die Wirkung jedoch lässt nicht lange auf sich warten. Das Publikum springt an. Bei den letzten Songs  Für uns und Weit entfernt wird mitgerappt, die Hände fliegen. Zur Belohnung gibt es gleich zwei Zugaben. Es bleibt dabei und Wachtraum bilden das Ende des Konzertes.

Fazit: Sehr feine, energiegeladene und überzeugende Rapper treffen auf ein etwas schwerfälliges Wiener Publikum. Kamps Comeback macht daraus so oder so einen denkwürdigen Abend. Fid Mellas wissendes Lächeln vor dem geistigen Auge, kann man gespannt sein, wie es weitergeht.

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Text: Mikae
Fotos: Niko Havranek