Es ist vollbracht: der Livestream ist beendet, die Gewinner*innen stehen fest, der Platz am Kaminsims für die Award schon freigeräumt. Vielen Dank für das rege Interesse und Feedback, die Entscheidungsfindung war nicht immer einfach und viele, die es verdient hätten, sind leer ausgegangen. Das liegt in der Natur der Sache. Wir planen, den Award ab jetzt jährlich zu vergeben. Im Idealfall nächstes Jahr bei einem Liveevent und nicht -stream. Es freut uns sehr, die Vielseitigkeit der Szene zu sehen und auch in den nächsten Jahren spannende neue Projekte aus Österreich mitzuverfolgen.
Future Sound des Jahres: Wandl
Der Produzent und Sänger war im abgelaufenen Jahr vielleicht nicht derjenige, der mit den meisten Releases aufwarten konnte. Dafür machte jeder seiner Auftritte einen Unterschied. Wenigen Produzenten gelingt es, einen Signature-Sound zu entwerfen. Wandl hat ihn. Deep und soulig schweben seine Produktionen – und Lyrics – durch Raum und Zeit. Mit „Womb“ schuf er eines der spannendsten Werke des abgelaufenen Jahres.
Producer des Jahres: Fid Mella
Fid Mella hat ein extrem produktives und vor allem vielseitiges Jahr hinter sich. Neben dem Instrumentalalbum „Doposole“ mit Torky Tork war er hauptverantwortlich für den Sound von Giani und prägte zusammen mit Lex Lugner den Sound der Formation Silk Mob. Dazu kommen einige Singles mit dem „Bully in Pulli“ Young Krillin und weiteren Acts. Mella gelang es 2020 hervorragend, Qualität, Quantität und Innovation zu vereinen.
Newcomer des Jahres: Aze
Ende 2019 erstmals mit Tracks in Erscheinung getreten, veröffentlichten Aze erst kürzlich die Debüt-EP „Dead Heat“. Das Duo verbindet Texte voller Leidenschaft und Sentimentalität auf soulig-jazzigen Beats. Durch ihre Tracks ziehen sich atmosphärische Gitarrenklänge, Jazzakkorde und dahingehauchte Harmonien, die super abgestimmt sind. Während Ezgi für die Texte sorgt, ist Beyza für Musik und Produktion zuständig. Angenehm unaufdringlich manifestieren die beiden einen eigenständigen Sound und offenbaren damit jede Menge Potenzial für die Zukunft.
Act des Jahres: Slav
Inhaltlich irgendwo zwischen Konsumkritik und Dreistreifenanzug, musikalisch zwischen experimentiellen Grime-Beats und harten 808s scheint Slav seinen Stil gefunden zu haben. Über das Jahr verteilt lieferte „der Pole aus Wien“ mit jeder Single ein ausgereiftes und qualitatives Gesamtprojekt. Während der Rapper mit einem Fuß in der deutschen Szene steht, steckt Slav mit vollem Körper und Herzen in Wien. Er ist nicht mehr aus der österreichischen HipHop-Landschaft wegzudenken.
Instrumentalalbum des Jahres: Saiko
Seit rund 20 Jahren ein Fixpunkt in der österreichischen HipHop-Produzentenlandschaft, fokussiert sich Saiko erst seit Kurzem auf Instrumental-Releases – und erhielt wohl auch deshalb im Vergleich zu Kollegen wie Brenk oder Mella tendenziell weniger Aufmerksamkeit. Doch dass er in dieser Kategorie mitspielt, ist unbestritten. Auf sein 2019 erschienenes Solodebüt „Saik Rider“ folgte vergangenes Jahr das Album „Six Million Dollar“. Der Wiener vereint darauf bouncige Beats, die schön ausarrangiert sind und gut zum Durchhören auf Albumlänge geeignet sind. Der Spagat zwischen einer deutlichen Saiko-Handschrft und Playlist-Tauglichkeit ist ihm geglückt.
Rapalbum des Jahres: Kinetical & P.tah
Dass Kinetical & P.tah ein eingespieltes Duo sind, unterstreicht das zweite gemeinsame Album „Lift“. Zwei der technisch versiertesten Rapper Österreichs, die sich gewohnt hungrig präsentieren und diesmal den Deutsch-Englisch-Mix sowie die Flow-Wechsel auf die Spitze treiben. War der Vorgänger „Ghost“ noch sehr Representer-lastig, haben sie diesmal auch vermehrt ruhigere, nachdenklichere Tracks reingemischt. Ein Schritt, der dem Duo nochmal mehr Balance verschafft. Gesondert hervorzuheben ist zudem – wieder einmal – der dazugehörige Sound. Kinetical & P.tah können auf eine hochwertige Auswahl aus UK-Bass-/Grime-/Trap-Beats in Kombination mit Engineering-Tüfteleien von Mirac setzen. Am Ende steht ein sehr rundes Gesamtwerk.
Message des Jahres: Crack Ignaz
„Von wo kommst du, ha? Du bist nicht von da. Sag wo kommst du her? Mach die Taschen leer“ – mit „Nicht von hier“ liefert Crack Ignaz wohl den gesellschaftskritischsten Song seiner Karriere. Subtil, dennoch offenbarend ob der eigenen Erfahrung schildert der Rapper, welche Vorurteile in Österreich, ja auf der ganzen Welt vorherrschen. Im Jahr des Black-Voices-Volksbegehrens und der weltweiten Black-Lives-Matter-Bewegung ein starkes Statement und ein Aufruf, rassistische Gedanken und Handlungen nie zur Normalität werden zu lassen.
Ehrenpreis Message des Jahres: Kid Pex
Wir haben nicht von Anfang an geplant, einen zweiten Award für Message des Jahres u vergeben, haben uns aber dazu entschlossen, dass Kid Pex durch sein soziales Engagement auch abseits der Musik diesen Ehrenpreis verdient hat. Das ganze Jahr über hat er sich mit der Initiative SOS Balkanroute für ein menschenwürdiges Leben von geflüchteten Menschen an der südosteuropäischen EU-Grenze eingesetzt. Regelmäßig reiste er nach Bosnien, um den Menschen vor Ort zu helfen, organisierte Hilfstransporte, gab Medien Interviews und schrieb selbst Artikel, um auf die menschenunwürdige Situation in den Flüchtlingslagern aufmerksam zu machen. So verschaffte er sich bei der Bevölkerung, aber auch bei Politiker*innen Gehör. Das geht weit über das musikalische Engagement hinaus und beweist, dass Kid Pex auch fernab von HipHop einen wichtigen zivilgesellschaftlichen Beitrag leistet.
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