Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
In der vergangenen Dekade konnte sich High Focus Records als Aushängeschild der britischen Rap-Landschaft einen Namen machen. Werden bekannte Acts wie The Four Owls oder Ocean Wisdom oft mit technisch versiertem Rap auf Boombap-Beats in Verbindung gebracht, steht Labelkollege Onoe Caponoe mit seinem 169-Camp für einen experimentellen, psychedelischen Zugang. Der Londoner steckt viel Lob für die Kreativität, Vielseitigkeit und Flows auf seinen Space-Rap-Tracks ein. Bei seinem Wien-Debüt spielt er vor einer kleinen Crowd im Flex Café.
Für den Start in den Abend sorgen HipHop Joshy, Jonas Herz-Kawall und Melonoid, die sich kürzlich zur Crew Diskoromantik formiert haben. Das Trio steht vor der Aufgabe, die wenigen, verstreut stehenden Besucher vor die Bühne zu locken und auf den Hauptact einzustimmen. Neben einigen Solotracks präsentieren sie die kürzlich erschienene „Gebrochene Herzen“-EP und einige Vorboten aufs gemeinsame Album, das noch heuer erscheinen soll. Dabei dominieren Club-Schunkler mit warmen Synths, auf denen Joshy und Jonas ihr gewohntes Programm fahren, durchaus selbstironisch die eigene Hinnigkeit zelebrieren.
Bevor Onoe Caponoe und sein Backup/häufiger Featurepartner Miles Dare die Bühne betreten, stimmt DJ Lewis G mit paar UK-Bangern ein. Der kurzzeitig leer gefegte Bereich vor der Bühne füllt sich rasch wieder, zumal Onoe Caponoe wie erwartet von Beginn an einen extrem energischen Auftritt hinlegt. Er rappt phasenweise mit zwei Mics und Totenkopf-Bandana am Kopf, bleibt stetig in Bewegung. Dabei nützt er die Breite der Bühne voll aus, klettert auf die seitlich montierten Boxen und bewegt sich wiederkehrend durch die Crowd, um gemeinsam mit den rund 50 erschienenen Leuten abzugehen – kleine Moshpits sind die logische Folge. Dass er gleichzeitig trotz der hohen Doubletime-Rate sauber durchflowt, ist beachtlich. Von den Lyrics bleibt da natürgemäß kaum etwas hängen, die Verständlichkeit seiner Lines beschränkt sich auf die ruhigeren Sequenzen.
Hauptbestandteil des Auftritts sind Auszüge seiner beiden jüngsten Alben – das 2019 erschienene „Surf or Die“ ist wohl Onoes bekanntestes Werk, mit „Invisible War“ ist im Jänner ein Nachfolger erschienen. Die Tracks haben meist einen düsteren Charakter, die stilistische Bandbreite ist hoch. Onoe Caponoe pendelt spielerisch zwischen psychedelischem Boombap wie auf „Lost The Love“, „Suicide City“ oder der Kiffer-Hymne „Disappearing Jakob“, abstraktem Grime wie auf „Horse In The Hill“, Memphis-Sound wie auf „Wild In The Streets“ und intensivem Future Bass wie beim von Ivy Lab produzierten Sci-Fi-Feuerwerk „Space War 169“. Einige der kleinen Verschnaufpausen zwischendurch nützt er für seinen Signature-Move: Zunge raus, Augen verdrehen und Kopf bewegen.
Auch thematisch bewegt sich Onoe Caponoe in einer eigenen Welt. Das Weltraumthema zieht sich durch viele Tracks und Überleitungen des „Cat Lords“, er vermittelt den Auftritt als Reise in galaktische Sphären: „We‘re no longer in Vienna, we’re on a journey through the milky way“. Diese dauert letzlich rund eine Stunde an.
Nach dem Konzert herrscht Einigkeit darüber, dass Onoe Caponoe bei seinem Wien-Debüt außerordentliche Live-Skills bewiesen und mit seinem energiegeladenen Auftritt abgerissen hat – auch wenn die Anlage im Flex Café dabei hörbar an ihre Grenzen gestoßen ist und zum Übersteuern geneigt hat. Besucher Der-Con meint nach der Show: „Ich kenne den Dude über ‚Space War 169‘, feiere ihn vor allem für seine Flows. Live war er auch sehr stark“. Onoe Caponoe gesellt sich anschließend kurz unter die Leute. Auf die Frage, wie er es schafft, auch bei kleinen Shows so viel Energie reinzulegen, sagt er: „It’s always my ambition. I’ve played shows with hundreds of people, with 20 people too. When I came here, I thought there’s nothing going on but it went perfectly with the crowd“.
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