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Whiskeyrap und Ottakringer // Prezident & Kamikazes live

Whiskeyrap und Ottakringer // Prezident & Kamikazes live

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Fotos: Gregor Krassnig

Die Österreich-Premiere von Prezident und den Kamikazes stand unter spannenden Vorzeichen. So typisch wie das B72 für mittelgroße HipHop-Shows in Wien, so untypisch waren die Veranstalter, da die Honigdachs-Crew normalerweise eher rappend in Erscheinung tritt. Dass ein guter Abend aber meistens an einem guten Booking, nicht am Booker selbst hängt, relativierte dieses „Novum“ wieder. Ein großartiger Abend sollte folgen – ein chronologischer Überblick:

Mit ihren Beiträgen zur Bunker-Bars-Serie und DJ KB im Rücken beginnen Hinz & Kunz (aka Elsta & Flip Ferocious) den Abend und stellen direkt fest, dass sie es mit einer überaus motivierten Crowd zu tun haben. Beats, die teilweise auch einem Wun Two gut zu Gesicht stünden sowie punchige Texte erfüllen voll und ganz ihren Zweck und erhöhen Track für Track spürbar die Stimmung. Auch wenn Elsta anmerkt, dass es nicht leicht ist, als Kanonenfutter und verbildlichtes MoTrip-Album vor Prezident aufzutreten, machen die beiden ihre Sache äußerst gut. Mit „Ausm Funkloch“ und „LaVidaLocal“ setzen die beiden vorläufige würdige Höhepunkte, ehe sie das Feld räumen.

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Mit einigen Bieren in den ikonisch gelben Dosen bewaffnet, betritt schließlich die illustre Runde – bestehend aus Prezident und seinen Brüdern im Geiste Kamikazes – die Bühne. Einleitend verkündet der Wuppertaler, dass es sich um den ersten Auftritt auf der Tour handelt, der bereits betrunken begonnen wird, ohne dabei seinen Stolz darüber verhehlen zu können. Dann geht es mit „Dr. Eisenstirn“, „Rosa Blume“ und „Fressfeind“ fulminant los. Schnell zeigt sich dabei, dass das Publikum nicht nur Track für Track euphorisch feiert, sondern auch noch überaus textsicher ist. Ein Umstand, der von den Protagonisten spürbar geschätzt wird. Die starke Präsenz, vor allem Prezidents, wird von den starken Instrumentalen sowie den wohldosierten Cuts von DJ BK getragen. Stellenweise hat es etwas Hypnotisches.

Es folgt ein Ausflug in die großen Stücke der vergangenen Jahre, von „Schneeengel“ über „Leiden oder Langeweile„, „Auge um Auge“, bis zu „Hab ein Auge auf das Tal Kollege“. Immer wieder garniert mit kurzen Kommentaren und Weisheiten, auch wenn die Musik bewusst im Mittelpunkt steht. Der zunehmende Rausch macht sich bemerkbar, beeinträchtigt aber nicht die Show, sondern macht einen organischen Eindruck – real halt.

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Langsam aber sicher tasten die drei sich wieder Richtung Gegenwart, während das Stimmungsbarometer nach oben offen zu sein scheint. Prezident lobt das Durchhaltevermögen an einem Donnerstag und stellt sich selbst die Frage, wovon diese Wiener wohl leben, wo doch niemand arbeiten gehen zu müssen scheint. Es folgen Nummern aus dem im Zuge der Albumpromo erschienen Mixtape „Querschläger 2„, bevor es mit „Menschenpyramide“, „Letztes Kapitel“ und „Der Ewige Ikea“ Richtung Ende geht. Mit „Hörensagen“ und „Krematorium“ entsteht noch einmal dichte Stimmung, wobei die Crowd noch längst nicht gesättigt scheint und sich ununterbrochen „Mise en Abyme“ wünscht – ein unveröffentlichter „16er, den ihr noch nicht kennt“ ist der Kompromiss. Der Wuppertaler und seine Kollegen sind sichtlich angetan von der entgegengebrachten Liebe, sagen nach knappen zwei Stunden energiegeladener Show aber dennoch Adieu. Geht in Ordnung!

Fazit: Dass mit Prezident und den Kamikazes ausgesprochen gute und außergewöhnliche Rapper nach Wien kommen, war zu erwarten. Wie voll das B72 mit (offenbar) langjährigen, treuen Fans werden würde, ist schon beeindruckend und hat wohl auch die Künstler überrascht. Die Mischung aus authentischem Rap, der unverkrampft und druckvoll zum Besten gegeben wird, einem routinierten DJ und einem Publikum, das das Gebotene zu schätzen weiß, ergeben einen absolut gelungenen Abend. Dass dabei ein Großteil der verschachtelten und komplizierten Texte bei tendenziell schwieriger Akustik relativ gut verständlich war, ist ein großer Verdienst der Tontechnik. Starke Sache!

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