"The hardest thing to do is something that is close…
„Der mentsh trakht un got lakht“ – dieses alte jiddische Sprichwort scheint den Leuten von Public Enemy anscheinend so gut gefallen zu haben, dass sie es gleich zum Titel ihres neuen, insgesamt sechzehnten Albums machten. Nicht ganz ohne Ironie, wenn einem die saublöden antisemitischen Entgleisungen von Member Professor Griff noch in Erinnerung sind: 1989 von der Washington Times über den Israel-Palästina-Konflikt befragt, meinte der „Minister of Information“: „Jews are responsible for the majority of the wickedness in the world“. Eine Aussage, die zu seinem Ausschluss aus der Gruppe führte. 2009, als Professor Griff längst wieder ein „Staatsfeind“ war, revidierte er dieses Statement in seinem Buch „Analytixz“. Späte Einsicht? Lasst es uns hoffen.
Aber nicht nur Titel, sondern auch das Veröffentlichungsdatum birgt eine gewisse Auffälligkeit, erscheint „Man Plans God Laughs“ doch ein Vierteljahrhundert nach dem Genreklassiker „Fear of a Black Planet“. Und so wie Anfang der neunziger Jahre spielen auch jetzt die sozialpolitischen Umstände in den USA Public Enemy in die Karten: Trotz eines afroamerikanischen Präsidenten verschwand Rassismus nicht aus den Köpfen vieler Amerikaner, Polizeigewalt gegenüber der „Black Community“ verschärft die Spaltung einer Gesellschaft, in der Regenbogenfahne und Konföderiertenflagge koexistieren. Die Wirtschaftskrise in den USA traf zudem primär Afroamerikaner, viele konnten ihr Eigenheim nicht behalten und wurden delogiert. Alles genug Stoff, den es in der Musik aufzuarbeiten gilt – erst Recht, wenn man Public Enemy heißt und Bekanntheit dafür erlangte, den Finger tief in die Wunde der amerikanischen Gesellschaft zu legen.
Nur verstrich seit den Tagen der traumhaft lärmenden Beatkollagen der Marke Bomb Squad, die PE den charakteristischen Sound gaben, einige Zeit. Nicht zum Positiven, wie „Man Plan God Laughs“ schmerzhaft vor Augen führt. Die Gruppe rund um Chuck D und Flavor Flav hat hörbar Staub angesetzt, ein Eindruck, der sich praktisch auf jedem Track bestätigt. Gesellschaftskritisch geben sie sich zwar weiterhin, die Umsetzung hat aber ordentlich an „Power“ verloren: Dies liegt nicht in den immer noch gut hörbaren lyrischen Leistungen Chuck Ds begründet, jedoch an den unterdurchschnittlichen Beats des ehemaligen Bomb Squad-Members G-Wiz.
Ärgerliches Beispiel hierfür die inhaltlich starke Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus in Afrika „Mine Again“, dem durch die extrem billig klingende Soundkulisse aber jegliche Wirkung genommen wird. Mit „No Sympathy From the Devil“ und „Corplantationopoly“ gelingen hingegen Flashbacks in bessere Zeiten, die aber das andere Grundproblem nicht lösen: Die Schärfe der Worte Chuck Ds wurden über all die Jahre geschliffen, vielmehr wirken sie heute geradezu stumpf.
Selbiges lässt sich auch zu den Auftritten eines Flavor Flavs sagen, die mittlerweile ordentlich an Charme eingebüßt haben. Was früher ganz witzig war, lässt einem 2015 nur noch gähnen. Wenn musikalisch dann doch vom nostalgischen Konzept abgewichen wird – seit Ende der Bomb Squad wie ein schlechtes Plagiat des alten Sounds klingend – steht nicht automatisch eine Besserung bevor: „Honky Talk Rules“ samplet die Rolling Stones („Honky Tonk Women“) und überrascht durch eine kreative Grundidee, die Umsetzung wirkt aber umso peinlicher. Und vielleicht sagt das Rolling Stones-Samples mehr über den Status Quo der Band aus, als man im ersten Moment denkt.
„Man Plans God Laughs“ scheitert an mehreren Punkten: Public Enemy werden zwar ihrer zugeschriebenen Aufgabe gerecht und liefern kritischen Content, die Intensität der Worte gleicht aber dem eines Wetterberichts. Die Rapper Chuck D, Flavor Flav und Professor Griff sind eben älter geworden, die Zeit lässt sich nun mal selbst von Public Enemy nicht aufhalten. Der alte Bomb-Squad Sound, dieses wilde Gemisch an zahlreichen Sample-Schichten, Breakbeats und Basslines, gehört alleine aus finanziellen Gründen für immer der Vergangenheit an. Warum man für „Man Laughs God Plans“ aber gerade solche uninspirierten Trash-Beats gepickt hat, weiß nur die Gruppe selbst. So bleiben zwar lyrische ansprechende Konzepte und Ideen, die Umsetzung wirkt aber wie ein müder Abklatsch alter Zeiten. Schade.
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