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Der Mann, der den „Flava in Ya Ear“ brachte // R.I.P. Craig Mack (1971–2018)

Der Mann, der den „Flava in Ya Ear“ brachte // R.I.P. Craig Mack (1971–2018)

Aus dem Cover zu „Flava in Ya Ear“ von Craig Mack

Craig Mack, der mit „Flava in Ya Ear“ Rapgeschichte schrieb, ist tot. Der Rapper, der sich in den letzten Jahren primär der Religion zuwandte, verstarb im Alter von nur 46 Jahren an Herzversagen, wie gestern sein ehemaliger Produzent Alvin Toney gegenüber der NY Daily News bestätigte.

Seine ersten Schritte im Musikgeschäft setzte der aus Queens stammende Craig Mack als Weedcarrier von EPMD. Unter dem Namen MC EZ veröffentlichte er mit Troup 1988 den Song „Get Retarted“, wodurch er das erste Mal musikalisch auf sich aufmerksam mache konnte (DJ Red Alert spielte beispielsweise diesen Song, ein lyrisch furchtbarer Track, dessen bester Bestandteil das Monk-Higgins-Sample in Hook ist, in seiner Radio-Show). Über Alvin Toney lernte Craig Mack anschließend Sean „Puff Daddy“ Combs kennen (gibt auch eine Version mit einem Freestyle vor einem Nachtclub, aber diese ist die doch realistischere). Mit der Bedingung, Craig Mack würde auf dem Remix zu Mary J. Blige„You Don’t Have to Worry“ einen Part rappen, stellte Puff Daddy ein Signing bei seinem neuen Imprint Bad Boy Records in Aussicht. Eine Gelegenheit, die Craig Mack natürlich nicht verstreichen ließ.

Für Puff Daddy war das Signing ein Glücksgriff, konnte sich Craig Macks Debüt „Project: Funk da World“ gut in den Charts platzieren und dem Label eine Goldauszeichnung einbringen. Der Grund dafür war aber weniger das Album selbst, sondern die Single „Flava in Ya Ear“, simpel, aber brillant produziert von Easy Mo Bee. Craig Mack, dessen Stil vor allem der oftmalige Verzicht auf jegliche Reimstrukturen, die ausschweifende Benutzung der Wörter „Ha“ und „Boy“ sowie eine „Don’t-Fuck-With-Me“-Attitüde, die doch irgendwie cool rüberkam, kennzeichnete, erzielte damit großen Erfolg und brachte Bad Boy den ersten Platinhit ein – obwohl viele seiner Zeilen schon damals mehr als nur einen Hauch von Lächerlichkeit aufboten („HA! The Mack’s dope/With more hope than the Pope“). Seine limitierten Rapfähigkeiten sollten auch bei seinen Labelkollegen auf Unmut stoßen.

Dieser ist beispielsweise auf dem Remix zu „Flava in Ya Ear“ herauszuhören, der kurze Zeit nach Release der Single veröffentlicht wurde (gewieft von Puff Daddy) und mit einem immensen Staraufgebot auffuhr: The Notorious B.I.G., Busta Rhymes, Rampage und LL Cool J teilten sich mit Craig Mack das Mic. Während LL Cool J sich darauf den Nonsens hingab, Busta Ryhmes in einem seiner ganz frühen Soloauftritte wieder einmal dem Irrsinn frönte und Rampage G-Shit hochleben ließ, setzte The Notorious B.I.G. mit seinem Debütpart das Ausrufezeichen des Tracks. Wurden seine Skills schon auf der Promo-Kassette „B.I.G. Mack Cassette“ mit Craig Mack angeteasert, zeigte sich Biggie auf diesem Part von der ersten Sekunde an als Rapper mit immensem Hunger und Fähigkeiten, die Craig Mack in dieser Form nie aufbieten konnte.

Richtig warm wurde Biggie mit seinem Labelmate sowieso nicht – und nicht wenige meinen, dass seine Zeilen „You’re mad because my style you’re admiring/Don’t be mad, UPS is hiring“ aus dem „Flava in Ya Ear“-Remix eben auf Craig Mack abzielen, dessen Remix-Part bei diesem Line-Up eindeutig unterging. In Interviews bestätigte Biggie Smalls die Vermutungen, dass er und Mack nicht gerade ein gutes Verhältnis hätten: So sei er nur aus politischen Gründen auf dem Remix vertreten, und generell lautete sein Credo: „I don’t fuck with that dude“.

Innerhalb von zwei Wochen veröffentlichten 1994 The Notorious B.I.G. und Craig Mack ihre Debütalben. Wenig überraschend stahl „Ready to Die“ Craig Macks Debüt nicht nur die Show, sondern ließ das Album richtig kümmerlich aussehen (ein paar gute Easy-Mo-Bee-Produktionen sind trotzdem vorhanden).  Nach „Project: Funk da World“ trennten sich auch die Wege von Craig Mack und Bad Boy. Sein nächstes Album „Operation: Get Down“ erschien über Street Life/Scotti Brothers und wies Beats von namhaften, wenn auch nicht absoluten A-Klasse-Produzenten wie Johnny J oder Ty Fyffe auf. Chartmäßig war Platz 47 das höchste der Gefühle, den Singles blieb ein Eintritt in die Billboard Top 200 verwehrt. Kommerziell also ein ziemlicher Flop, und künstlerisch nicht der Rede wert.

Anschließend wurde es um Craig Mack richtig ruhig. Lediglich mit einem Beitrag zum Soundtrack zu „What’s the Worst That Could Happen?“ in Form des ultra-cheesigen „Wooden Horse“ mit FrankSinatra-Sample und einem Cameo-Auftritt im Musikvideo zu „I Need a Girl (Part One)“ seines einstigen Förderers Puff Daddy, mittlerweile P. Diddy, erschien er noch einmal auf der Bildfläche der Musikwelt. Wenig später wandte er sich ausschließlich der Religion zu, schloss sich einer christlichen Sekte an und zog nach South Carolina. Ganz loslassen konnte er trotzdem nicht: 2016 landete ein Video zum Track „Craig Mack Testimony“ im Internet, veröffentlicht über dem YouTube-Kanal der Sekte, deren fester Bestandteil Craig Mack mittlerweile war. In „Craig Mack Testimony“ widmete er sich seinem Glauben und bekräftigte darin seinen Standpunkt, mittlerweile in South Carolina auf dem richtigen Pfad zu sein.

2017 veröffentlichte Craig Mack mit „The Mack World Season“ gar wieder ein neues Album, das aber gänzlich in der öffentlichen Wahrnehmung unterging. Anders wäre es bestimmt beim kommenden Album gewesen, an dem Craig Mack mit Erick Sermon, seinem Kumpel aus MC-EZ-Tagen, arbeitete. Gerade stand er vor der Finalisierung des Projektes, so Sermon. Ein posthumer Release ist keineswegs ausgeschlossen.

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Was lässt sich also resultierend zur musikalischen Karriere von Craig Mack sagen? Seine größten Leistungen standen unbestritten darin, dass er das Spotlight auf andere richten konnte. Mit dem „Flava in Ya Ear“-Remix machten The Notorious B.I.G. und Busta Rhymes (trotz „Scenario“) das erste Mal so richtig von sich reden – Biggie überhaupt, und Busta Rhymes abseits der Leaders of the New School. „Flava in Ya Ear“ ist immer noch ein Hit, wenngleich die Schwächen des Rappers Craig Mack schon hier offensichtlich waren. Doch wie viele Rapper mit besseren Skills (etwa Chino XL, der Craig Mack als „A fake Redman“ bezeichnete“) würden für einen solchen Moment alles geben? Wahrscheinlich sehr viele. R.I.P. Craig Mack, der „Flava in Ya Ear“ lebt weiter.

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