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Peace, Love & Glitzer // Savi Kaboo Porträt

Peace, Love & Glitzer // Savi Kaboo Porträt

Extravagante Outfits und Glitzer im Gesicht mögen Wien im Pride Month und speziell zur Regenbogenparade ein wenig Farbe verleihen. Savi Kaboo steht das ganze Jahr über für „Peace, Love & Glitzer“ – insbesondere mit ihrer Musik. Um mehr darüber zu erfahren, treffen wir die junge Sängerin, Rapperin und Produzentin am Donaukanal. Auf der Suche nach Schatten landen wir im Gemeinschaftsgarten zwischen den Menschen am Treppelweg und vorbeifahrenden Autos auf der Oberen Donaustraße. Deutlich vernehmbares Geigenspiel begleitet das Gespräch und verstärkt die Atmosphäre der kleinen grünen Oase.

Naturverbunden zeigt sich Savi Kaboo auch in ihren Musikvideos. Entstanden sind diese bislang in Zypern. In Kombination mit englischen Texten erscheint eine lokale Zuordnung nicht einfach. „Ich will das aber nicht verstecken. Ich habe 2020 ein Lied geschrieben, das ‚Vienna‘ heißt. Ich bin hier aufgewachsen und mochte Wien schon sehr vor Corona“, sagt sie. Ihre Eltern haben sich in Wien kennengelernt, die Wurzeln sind ägyptisch-amerikanisch. Dass Savi Kaboo oft in der zyprischen Natur dreht und teils in einem Studio in Limassol Songs aufnimmt, liegt auch daran, dass ihr Vater seit vier Jahren dort lebt. Seither sind einige Connections zur dortigen Musikszene entstanden. Etwa zum Produzenten Efthivoulos Theocharous oder zur Savi Kaboo Band, mit der das aktuelle Album „Awakening“ entstanden ist. In Zukunft sollen aber auch in Wien Videos entstehen.

Fotos: Philipp Detter

Wie ein aufgedrehter Wasserhahn

Anfang 2020 erstmals musikalisch in Erscheinung getreten, hat Savi Kaboo die Alben „Afterglow“ und „Awakening“, mehrere EPs und zahlreiche Singles veröffentlicht. Dementsprechend viel Zeit und Energie fließen hinein. „Musik ist mein Hobby, mein Beruf und meine Freizeit. Ich will nur Musik machen“, sagt die Künstlerin, die auch Musiktechnologie studiert. Das war nicht immer so. Savi Kaboo brachte sich zwar in der Jugend autodidaktisch bei, Gitarre- und Ukulele zu spielen, wollte sich aber auf die bildnerische Kunst fokussieren und Malerin werden – in dieser Rolle war sie 2017 auch als Hauptdarstellerin im Video zu „Comfort Zone“ von P.tah, ihrem damaligen AHS-Lehrer für Bildnerische Erziehung, zu sehen. Eine kreative Krise motivierte sie zum Umdenken. „Es ging mir ziemlich scheiße. Ich musste plötzlich alles in Worten ausdrücken, weil Bilder es nicht mehr präzise genug konnten. Ich wollte ein Gedichtbuch machen, hatte aber das Gefühl, dass es nicht lebendig ist. Dann habe ich es mit Musik verbunden. Seitdem schreibe ich wie ein Wasserhahn, den man aufgedreht hat.“

Die viele kreative Energie macht ein hohes Maß an Planung nötig. Denn die Releases sind dicht getaktet. Die Tracks fürs restliche Jahr hat Savi Kaboo bereits fertiggestellt, jene fürs nächste Jahr sind in Arbeit. Alles in Abstimmung mit einem Marketingteam, das von Anfang an dabei ist. „Sie sagen mir, dass ich immer zwei Wochen dazwischen lassen soll, weil sonst niemand mitkommt. Aber ich habe so viele Lieder. Ich frage oft, ob wir nicht noch was reinquetschen können, weil ich nicht will, dass es erst nächstes Jahr rauskommt“, sagt Savi schmunzelnd. Auch weil sie oft Belastendes verarbeitet, es von der Seele schreibt, singt und rappt: „Ich mag das nicht behalten. Ich bin erst befreit davon, wenn es releast ist.“ Das sei besonders in der Lockdown-Zeit, als Tracks wie „The Truth“ entstanden sind, herausfordernd gewesen. „Da wollte ich nicht einmal rausgehen. Ich habe es geschrieben, weil es mir so scheiße gegangen ist. Immer wenn ich weiterschreiben wollte, hat sich das verstärkt, weil ich es mir bewusster gemacht habe. Als ich fertig war, war ich so froh, dass ich es von mir loslassen und in die Welt setzen konnte“, erklärt sie.

Nur ihre Gefühle rauslassen will Savi Kaboo mit ihren Tracks aber nicht. Ihr gehe es auch darum, mit Menschen zu connecten, ihnen Anstöße zu geben. „Wenn mich was stört, will ich es auf meine Art ändern und tun, was ich kann, um die Menschen bewusster darüber zu machen. Ich mag Politik nicht und will keine Politikerin werden. Aber ich mag diese Art von Musik, die nur Frieden und Liebe will. Politik ist das Gegenteil. Ich finde man muss das Bewusstsein der Menschen verändern, um die Politik zu verändern. Das ist mein Weg“, sagt sie. Worte, bei denen das Selbstverständnis als „new-age Hippie“ ähnlich durchdringt wie bei der Sonnensymbolik, die bei der Künstlerin wiederkehrt. Ihre Wünsche sind vielfältig – von der Legalisierung von Drogen zum Aufbrechen von Kategorisierungen: „Zum Beispiel dass man nicht alles schwarz-weiß sieht, dass es Männer und Frauen gibt. Ich will, dass wir eins sind, weil wir alle Menschen sind.“  

Ausprobieren und finden

Kategorisierungen sind auch immer wieder ein Thema, wenn Savi Kaboo auf ihre Musik angesprochen wird. Auch weil sie viel ausprobiert, sich zwischen Einflüssen aus HipHop, R’n‘B, Drum’n’Bass, elektronischer Musik, Reggae und Rock austobt. „Weil ich in keiner Kategorie bin, sagen manche, dass ich noch nicht meinen Stil gefunden hätte oder noch wüsste, was ich genau mache. Ich mag das eigentlich nicht, aber überlege mir, ob ich nächstes Jahr einen Stil haben werde, der leichter definierbar ist“, sagt sie.

Dazu kommt ein Mittelding aus Gesang und Rap. Wie bisher sei es auch bei den geplanten Tracks eher ein Singen, etwas im Gegensatz zu Savi Kaboos Selbstverständnis. „Wenn ich singe, mögen es die Leute mehr. Das ist sad, weil ich das Rappen cooler finde. Aber beides ist lustig. Beim Singen mag ich, dass es voll im Kopf bleibt. Wie ein Loop aus eigenen Gedanken“, sagt sie. Inspiriert durch ihren Vater, der selbst hobbymäßig Musiker ist, hörte sie von klein auf viel HipHop. Von Digable Planets über Eminem, der erstmals die Motivation zum Rappen ausgelöst hatte, die Little Simz einige Jahre später auffrischen konnte. „Ich mag es, wenn Leute ur gut rappen können und ihre Gefühle rauslassen. Aber auch Leute wie Lana Del Rey, die ihren eigenen Stil haben und voll intensiv sind“, sagt sie. Eigenschaften, die auch auf Bob Marley zutreffen. „Er hat das verkörpert, was er gefühlt hat. Wenn ich ein Lied von ihm höre, ist es einfach Peace & Love. Ich will genau dasselbe verbreiten, auch wenn ich es auf eine bisschen andere Art mache“, führt Savi Kaboo aus.

Ein Babylöwe auf DIY-Pfaden

Zur musikalischen Entfaltung gehört für die Künstlerin auch, möglichst viel selbst zu machen. Das gilt auch für die Produktionen. Holte sie bei den bisherigen Veröffentlichungen oft Unterstützung – neben Efthivoulos Theocharous unter anderem von Pengg, Jens Gad, unterdemhund oder bei der aktuellen Single „Eternal Day“ von Giuseppe Leonardi –, sollen auf kommenden Releases eigene Beats dominieren. Eine große Hürde sieht die Musikerin darin nicht. „Ich spiele gerne damit. Meine allererste Produktion war ‚Vienna‘, die zweite ‚Singing with no Seatbelt on‘. Ich habe es immer weiterverarbeitet, bis ich es releasen konnte.“ Den spielerischen Zugang führt Savi Kaboo auf ihren Vater zurück, der als Drummer und Sänger in einer Impromptu-Band aktiv war, zudem schon Punkrock und Rap gemacht hat. „Er schreibt auch Lieder. Wahrscheinlich hat er es mir vererbt, weil es mir leicht fällt, obwohl ich es nie gelernt habe. Wenn man mit mehreren Sprachen aufwächst, denkt man glaube ich bisschen anders über Sprache nach. Leider spreche ich kein Arabisch – ich wünschte es.“

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Auch zur zweiten Leidenschaft, der visuellen Kunst, gibt es eine familiäre Vorgeschichte. „Die Mutter von meiner Mum hat Comics geschrieben und illustriert. Mein Opa war Maler und meine Mum kann auch voll gut malen. Meine Eltern sind zwar nicht beruflich Künstler, aber sie machen ihre Sachen voll gut“, sagt Savi Kaboo. Heute vereint sie beide Seiten, macht etwa auch die Cover selbst und übernimmt bei einigen Musikvideos Konzept und Produktion. Kein bewusst gewählter Werdegang, wie die Künstlerin betont: „Ich denke überhaupt nicht darüber nach, deshalb finde ich das so lustig. Sachen, die man nicht plant, sind eigentlich cooler.“

Etwas durchdachter verlief die Namensfindung – Savi Kaboo setzt sich aus Abwandlungen ihres Vornamens Savannah sowie der japanischen Übersetzung für Babylöwe zusammen. „Der Babylöwe war meine erste past life regression. Meine Eltern, die ich damals hatte sind die gleichen wie jetzt, ich identifiziere mich mit dem Bild des Babylöwen mit den Eltern. Ich bin das immer noch, aber plötzlich ein Mensch“, sagt sie lächelnd. Das Tier soll künftig auch das Logo und die fertig ausgebaute Website der Künstlerin zieren. Bis dahin dürfte wieder der ein oder andere Track von Savi Kaboo erscheinen. Am 04. Juli erscheint die Single „Stupid High“ mit experimentell-elektronischen Vibes, am 25. Juli folgt der Trennungssong „Off my Mind“ – beide selbst produziert. Am 01. August geht es weiter mit „Found Something“.

Mitarbeit: Sandra Beck
Fotos: Philipp Detter