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Gutes „NEUES“ von Scheibsta & die Buben // Review

Gutes „NEUES“ von Scheibsta & die Buben // Review

Scheibsta & die Buben
Scheibsta & die Buben
(Duzz Down San/VÖ: 20.11.2017)

Obwohl die Boyband Scheibsta & die Buben erst 2015 im Zuge von Proberaumsessions ins Leben gerufen wurde, steht schon jede Menge Output zu Buche. So haben der seit 15 Jahren aktive Salzburger Rapper und seine fünf musizierenden Kumpanen an Gitarre, Bass, Keyboard, Trompete und Drums mit „Bist du noch wach?“  und „Bubenhits´16“ bereits zwei Longplayer releast – am 20.11. folgte „NEUES“ in Form einer EP, die über Duzz Down San erschienen ist. Auf fünf Tracks greift Scheibsta wie gewohnt in Storyteller-Manier alltägliche Situationen und greifbare gesellschaftliche Themen auf.

„Scheiss Egal“-Poster von Charl Lagerfeld.

Auf „Scheiss Egal“ und „0436“ fokussiert er sich auf verschiedene Lebenspfade und mehr oder weniger marode Charaktere, ihre Sinnkrisen sowie davon beeinflusste Entscheidungen im Kontext einer immer schnelllebigeren Welt und zunehmender Reizüberflutung. Die beschriebenen Personen befinden sich dabei im Spannungsfeld zwischen Twentysomething und Midlife-Crisis. Besonders in Bezug aufs Sexualleben behandelt der passionierte Freestyle-MC einige Situationen, wechselt teilweise den Betrachtungswinkel und setzt das Kopfkino in Gang. Dass die einleuchtend beschriebenen Storys den Rhymes klar übergeordnet sind, untermauert den cineastischen Anspruch der EP, deren Artwork (inklusive Filmposter zu den einzelnen Tracks!) an zeitlos schöne Programmkino-Fassaden angelehnt ist. Auch die lebhaft arrangierten Instrumentals erfüllen Soundtrack-Kriterien. Die Songs wirken im Vergleich zum bisherigen „Bubensound“ ausgereifter produziert, zumal die einzelnen Instrumente stärker zur Geltung kommen. Leider sind die Tracks größtenteils aufs Drei-Minuten-Format komprimiert – da wäre noch Platz für den ein oder anderen zusätzlichen Solo-Part gewesen.

„Die Lügnershow“-Poster.

Etwas skurriler werden die Darstellungen bei der dritten Nummer „Schlafzimmerblick“. Die Geschichte handelt von einem seit langem einsamen Mann, der sich eine Freundin anschafft, die zwar arrogant und aufgeblasen erscheint, aber immerhin nicht zurückredet. Dass es sich um eine ganz spezielle Beziehung handelt, die in seinen Familienkreisen als krank betitelt wird, kristallisiert sich besonders im zweiten Part schön heraus. Um Konstruiertes geht es auch auf „Die Lügnershow“. Scheibsta mimt bei der fiktiven, typisch seicht inszenierten Gameshow „Bis sich die Balken biegen“ zwei Kandidaten, die im „Gschichtldrucker“-Duell um eine goldene Pinoccio-Nase rittern. Sie stellen von der Evolutionstheorie über den Klimawandel bis hin zum Alkoholkonsum von Wiens demnächst scheidendem Bürgermeister Michael Häupl einiges in Frage und verbreiten Verschwörungstheorien. Passt also perfekt ins „postfaktische Zeitalter“ mit einer Schar an Fake-News und „alternativen Fakten“.

Fazit: „NEUES“ stellt einen weiteren großen Schritt in der musikalischen Reise des Sextetts dar – ihr Sound wirkt immer harmonischer und ausgereifter. Scheibsta beweist einmal mehr seine außerordentlichen Storytelling-Qualitäten, mit denen er zum Nachdenken anregen kann, ohne belehrend zu wirken. Die Buben liefern den passenden Soundtrack dazu, das Kopfkino rennt. Gut so, denn dazugehörige Videos fehlen ja leider noch – oder gar Kurzfilme (wegen den vielversprechenden Postern warats g’wesen)?

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4 von 5 Ananas

Am Samstag präsentieren Scheibsta & die Buben „NEUES“ im Rahmen der Releaseparty im Jazzit:Musik:Club in Salzburg erstmals live. Für 2018 sind einige weitere Konzerte angekündigt, etwa ein Auftritt im Wiener Flex am 28. Februar.