"The hardest thing to do is something that is close…
Wie zuletzt Deutschrap-Playlisten mischte Universal-Talent Schmyt das restlos ausverkaufte Wiener Flex Café auf. Ein Review.
Wer sich durch das Dickicht an neuen Deutschrap-Veröffentlichungen, die jeden Freitag zu Mitternacht das Internet bereichern, wühlt, dem begegnete in jüngerer Vergangenheit immer wieder der Name Schmyt. Schmyt, das ist ein rappender Sänger oder singender Rapper, wie man will. Einer, der mit viel Talent und Attitüde gesegnet ist. Ein richtiger Newcomer ist er nicht. Größere musikalischen Schritte setzte er schon vor Jahren mit der Berliner Electro-Band Rakede. Deren letzter Frontmann war besagter Julian Schmit, so Schmyt bürgerlich. 2020 beendeten Rakede ihr Band-Projekt, was natürlich auch auf den Frontmann Auswirkungen haben sollte.
Der dachte sich wohl, dass jedes Ende ein Anfang ist – und entschied sich, unter dem Namen Schmyt künftig solo Musik zu veröffentlichen. Als Zwischenfazit lässt sich sagen: eine weise Entscheidung. Schmyt besitzt eine außergewöhnliche Stimme, hat ein Händchen für poetisch-verträumte Texte und Erste-Liga-Produzenten an Bord, darunter Haftbefehl-Intimus Bazzazian. Auch die Connections zu anderen Künstler*innen stimmen: Majan, Megaloh, RIN oder zuletzt OG Keemo heißen einige seiner Kollabo-Partner, auf Instagram gibt es ein gemeinsames Foto mit Tua zu sehen und Casper gab schon eine Respektsbekundung ab. Könnte schlechter laufen.
Könnte schlechter laufen lautete es wohl auch beim Veranstalter Beat the Fish, als dieser auf die Zahlen zum Vorverkauf für Schmyts Gastspiel im Flex Café blickte. Ein volles Flex Café war für Schmyt nämlich keine große Hürde, was konkret bedeutet: Bis zum Merch-Stand sammelt sich an diesem Abend die divers zusammengesetzte Anhängerschaft. Die ersten Reihen sind für die Ultras reserviert, die sich mit lautstarken Schmyt-Sprechchören auf die folgende Darbietung einschwören. Fast schon punkig. Um 20.35 Uhr betritt der Star des Abends schließlich die Bühne. Er eröffnet sein Set mit „Poseidon“, die Bühne leuchtet giftgrün auf, die Lichter tanzen um Schymt und seinem Mikro-Ständer herum. Das Publikum? Es singt, es tanzt, es ist elektrisiert von den Texten, die stellenweise gar ein wenig zu kitschig wirken, aber irgendwie genau den Nerv der Zeit treffen.
Guter Sänger, guter Entertainer
Schmyt ist ein guter Sänger. Er ist ebenso ein guter Entertainer, der immer wieder mit lockeren Sprüchen zur guten Stimmung beiträgt – egal, ob es um den „besoffenen Backing-Chor“ in der ersten Reihe geht oder er den Wiener Dialekt imitiert. Mit dieser Nonchalance spielt er sich durch sein Set, das aufsehenerregende Nummern wie die OG-Keemo-Kollabo „Mach kaputt“, den COLORS-Hit „Ich wünschte, du wärst verloren“ oder die Ballade „Liebe verloren“ enthält.
Zugegeben: Man muss diese Art gefühlsbetonter Musik schon mögen, damit man mit Schmyt etwas anfangen kann. Und ein wenig wirkt er schon wie die Hipster-Ausgabe von Tim Bendzko. Aber das ist keine wirkliche Kritik, sondern zeigt nur, wie viel kommerzielles Potenzial in Schmyt schlummert. „Der wird noch ganz groß“, meint ein ehemaliger Message-Kollege, der ebenfalls dem Treiben auf der Bühne gespannt zusieht. Man kann ihm schwer widersprechen.
Fazit
Schmyt bereite seiner Anhängerschaft einen stimmungsvollen Konzertabend – und betrieb damit beste Werbung in eigener Sache. Am 20. Mai 2022 erscheint sein Debütalbum „Universum regelt“, danach geht es wieder auf Tour. Sehr wahrscheinlich, dass es dort wieder abgehen wird – wie Schmyts Katze.
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