Als er 1997 THE MESSAGE gründete, hatte er gar keine…
Interview: Daniel Shaked
Foto: Dominik Hollaus
The Message: Wie bist du auf diese Idee gekommen?
Claudio: Ich bin ein großer Fan von DJ Noize, dem legendären Turntablist aus Kopenhagen, der zusammen mit DJ Static als „Denmark’s Finest“ Ende der 90er- und Anfang der 00er-Jahre in der DJ/Turntablism-Welt sehr angesehen war. Noize war besonders bekannt für seine Wordplay-Routines, in denen er immer Punchlines aus diversen Songs kombiniert und somit super-kreative Disses an seinen jeweiligen Gegner in DMC-Battles schickte. Dieser Ansatz hat mich schon damals beeindruckt und als zuletzt der neue „Strache-Rap“ erschien, war für mich relativ schnell klar, dass eine Antwort auf seinen „Rap“ per Wordplay-Routine ziemlich lustig sein könnte. Denn wenn der liebe Herr schon meint, sich diverser Stilmittel aus der HipHop-Kultur bedienen zu müssen, muss er auch mit einer Antwort dieser Art rechnen.
War das nur durch die Wien-Wahl ausgelöst oder ein generelles Bekenntnis?
Auslöser war nicht direkt die Wien-Wahl, sondern vielmehr das neues Propaganda-Lied, das er anlässlich der Wahl gemacht hat. Wie absolut falsch kann man als Politiker eigentlich sein Medium wählen, mit welchem man die Wahlbotschaften rüberbringen will?! Eine Kultur dafür zu vergewaltigen, die in ihren Grundzügen und Ursprüngen einfach das genaue Gegenteil von dem ist, für das HC steht, ist in meinen Augen eine absolute Frechheit. Wäre Chuck D schon unter der Erde, würde er im Grabe rotieren! Wie hat Def Ill es treffend formuliert? „Des is Christians Politik – er hetzt gegen Afrikaner / aber bereichert sich im Netz an der schwarzen Musik.„
Wie lange hast du daran gearbeitet?
Die meiste Arbeit war das Zusammensuchen und Arrangieren der einzelnen Elemente. Die Routine selber war recht schnell erledigt. Mehrere Takes aufgenommen, das Beste ausgewählt und erledigt. Natürlich könnte man an so einem Ding noch wochenlang feilen, um ihm den letzten Schliff zu geben. Aber aufgrund der Aktualität (Wien-Wahl, Anm.) wollte ich das recht schnell über die Bühne bringen und konnte es eben in der Woche vor der Wahl fertigstellen und posten. Insgesamt dürften somit um die 12 – 14 Stunden draufgegangen sein … dies aber über die Dauer von ein bis zwei Wochen verteilt.
Wieso war es dir ein Anliegen, dieses Video zu produzieren?
Naja, man hätte auch einfach ein Audiofile posten können. Aber um den DJ-Aspekt zu transportieren und die dahinterstehende Kultur, war das Video natürlich mehr als förderlich!
Gab es Kommunikation mit MCs wie Def Ill, bevor es rauskam?
Nein, leider nicht. An Savas & Co. ranzukommen ist eher schwer. An die Mitglieder von Markante Handlungen bzw. an Skero oder Def Ill heranzutreten, wäre sicher möglich gewesen … aber da das Video in recht kurzer Zeit entstanden ist, war dafür keine Zeit mehr. Ich hoffe aber, sie feiern es!
Gab es eher Reaktionen positiver oder negativer Natur?
Wir haben schon damit gerechnet, dass eine Flut an braun-blauen Kommentaren eintrudelt auf unserer Facebook-Seite, aber schlussendlich waren es fast nur positive Rückmeldungen. Innerhalb kürzester Zeit haben diverse Artists (Skero, Texta, Chrisfader & Testa, Crum, Von Seiten der Gemeinde, DBH, …) und Plattformen (Rap.de, HipHop.de, The Gap Magazin, DJ City Deutschland, Allgood.de, Blogrebellen …) positives Feedback gegeben und es geteilt. Sogar Herr Hermes und Falk Schacht haben es für gut befunden! Definitiv viel, viel mehr Feedback und Reaktionen als wir uns je ausgemalt hätten.
Kann es einen Platz für Mc Blue und ähnlich gesinnte MCs geben?
Nein! Dick und fett unterstrichen. Wer ist dieser MC Blue überhaupt – ein FPÖ-Praktikant, der bei der Auslosung von „Wer muss sich zum Deppen machen?“ den Kürzeren gezogen hat?! Allein schon aus Rap-technischer Sicht ein absoluter Versager. Flow und Delivery? Von der EAV geklaut. Text? Eher was fürs Klo. Auftreten? Wie aus einem „Wie kleidet sich der coole HipHopper“-Artikel aus der Hip Hop Bravo aus dem Jahre 2005.
Der Zulauf, den die FPÖ in den letzten Monaten hatte, ist mehr als nur bedenklich. Nichts ist einfacher als mit der Angst des Volkes zu spielen, vorhandene Ängste zu schüren oder neue Ängste zu wecken – ohne wirkliche Lösungen zu präsentieren. Die Flüchtlings-Thematik ist da natürlich die ideale Spielwiese für HC und seine Kollegen. Dass dem einen oder anderen FPÖ-Wähler das Lied sogar gefallen haben dürfte, ist auch sehr wahrscheinlich. Aber um es nochmals ganz klar zu sagen: Die HipHop-Kultur und Rap sind zwar den Kinderschuhen schon längst entwachsen und haben sich in viele Richtungen entwickelt, aber rechter Rap darf keine Chance haben! Musik soll verbinden, nicht ausgrenzen! Hinweg über Ländergrenzen, Rassen oder Religionen.
Bist du mit den Wortspenden andere Aktiver der Szene zufrieden? Könnte da mehr kommen oder postitioniert man sich gut?
„Zeltstädte“ von Def Ill ist grenzgenial – massive Props für dieses Meisterwerk. Auch der zweite Teil ist super. Auch P.tah und andere Duzz Down San Acts haben definitiv das Ihrige getan. Und es gibt natürlich diverse Artists aus verschiedensten Genres, die gute Statements zu dem Thema abgegeben haben und sich engagieren. Viele tun das sicher auch abseits des Scheinwerferlichts, indem sie sich privat engagieren. Aber klar: Natürlich wäre es wünschenswert, wenn Acts mit sehr großer Reichweite noch entschiedener auftreten würden!
Kann HipHop von politischer Position getrennt passieren?
HipHop als Kultur definitiv nicht. Rap vielleicht schon, wie man ja anhand des „Goodmen(sch) Rap“ und der anderen Strache-Songs gesehen hat. Dass das aber auf unzähligen Meta-Ebenen komplett falsch ist, hab ich ja vorhin schon betont. Rap darf nicht rechts sein, das liegt in der Natur der Sache. Allerdings ist es bei dem politischen Klima, das im Moment vorherrscht, wohl leider nicht auszuschließen, dass solche „Perversitäten“ wie rechte Rapper immer wieder mal auftauchen – aber hoffentlich genauso schnell wieder verschwinden.
Aus einem „Schatz“ von wie vielen Wortsamples hast du schöpfen können?
Naja, ich persönlich lege seit 1999 auf, die Plattensammlung sprengt langsam die obligatorischen IKEA-Regale und das Internet bietet natürlich Material ohne Ende. Ich hätte noch gerne viel mehr eingebaut, aber es wäre einfach zu lang geworden. Definitiv hätte es noch einige Perlen – seien es Punchlines oder Interview-Schnippsel – gegeben, die man unterbringen hätte können! Aber bei der Aufmerksamkeitsspanne des heutigen Facebook-Users, ist ja ein 3-Minuten-Clip schon hart an der Grenze. (grinst)
Falls du noch was sagen möchtest, dann bitte ein letztes Statement.
Mund aufmachen und mit Fakten und Menschlichkeit haltlosen Hasstiraden und Rassismus entgegentreten! Zu viele Leute verstecken sich heutzutage hinter Phrasen wie „Ich bin ja kein Rassist, aber …“ und gefälschten oder missverständlichen Informationen, die sie irgendwo auf Facebook oder sonst wo im Netz aufschnappen. Dabei sollte einem der Hausverstand sagen: Menschen, die Hilfe brauchen, sollte geholfen werden. Wir sind in der Situation, dass wir helfen können – also ist es unsere Pflicht, das auch zu tun. Und wenn es auf politischer Ebene schon so lange dauert, bis sich Parteien und Regierungen einigen, kann man ja inzwischen im kleinen Rahmen aktiv werden. Und wenn nur einer Person geholfen ist, ist das besser als nicht zu helfen! Spontan fallen mir z.B. tolle Projekte wie http://spendahilfe.de oder der WS Crew & The Loft Sporttag für Flüchtlinge ein! Aber das sind natürlich nur zwei Beispiele.
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Als er 1997 THE MESSAGE gründete, hatte er gar keine Ahnung, was da alles auf ihn zukommen würde. Als Fotograf überlässt er lieber Berufeneren das Schreiben. Dafür fragt er gerne nach. Nur in seltenen Fällen haut er selbst in die Tasten. Aber da muss schon viel passieren. Einfach lieber am Auslöser