1/3 Instrumentals, 1/3 Underground-Deutschrap, 1/3 Emotrap, wo hoid jemand bissi…
Eventreviews haben hier zugegebenermaßen und der nach wie vor anhaltenden Coronalage in Österreich geschuldet in den letzten Monaten kaum Platz gefunden, gab es schließlich auch nicht allzu viel zu berichten. Am gestrigen Freitagabend fand jedoch endlich mal wieder ein besonderes Event statt: Der Film „We almost lost Bochum“ über den Werdegang der legendären Deutschrapformation RAG von den Filmemachern Julian Brimmers & Benjamin Westermann feierte seine Österreich-Ppremiere. Sehr spontan und aufgrund der aktuellen Lage leider sehr beschränkt wurde das Top Kino im sechsten Bezirk für diesen Abend zu einem kleinen Treffen der lokalen HipHop-Szene und Ort einer Zeitreise in die Jahrtausendwende.
In fast zwei Stunden erzählen verschiedene Protagonisten in Form der Oral History über den Aufstieg und Fall von RAG, die Hintergründe, die Musikindustrie zu der Zeit, in der Deutschrap erstmals in den Mainstream gehievt wurde und welche Auswirkungen das auf die meist noch sehr jungen Musiker hatte. RAG, bestehend aus Aphroe, Galla, Pahel und Mr. Wiz, waren ein Musterbeispiel dafür, wie man innerhalb kurzer Zeit aus dem Nichts ein Klassikeralbum produziert („Unter Tage“/1998), doch dem Druck der Majorlabels, aber auch der Fans nicht gerecht werden konnte, erst recht in einer Bandkonstellation mit mehreren auf ihre Art eigenwilligen wie genialen Charakteren, die immer wieder zu Konflikten führte. Besonders der tragische Tod von Galla 2011 wird rücksichtsvoll und trotzdem ehrlich dargestellt. Dabei kommen neben den noch lebenden Bandmitgliedern auch andere Rapper wie Jan Delay, Kool Savas, Marteria, Curse, Retrogott, STF oder die Stieber Twins sowie Journalisten, Labelbetreiber oder private Wegbegleiter wie Ex-Partnerinnen zu Wort, sodass verschiedene, auch kritische Blickwinkel abgedeckt werden. Ohne hier zu sehr auf die genauen Inhalte einzugehen, ist der Film für jeden zu empfehlen, der Interesse an der deutschen HipHop-Geschichte hat, unabhängig von der persönlichen Bindung zu RAG. Aber auch unabhängig vom Klassikerstatus der Band und den musikgeschichtlichen Aspekten ist es eine interessante Doku über Banddynamiken, Freundschaft, Musikindustire, Erfolg und Verlust.
Im Anschluss an den Film gab es erfreulicherweise noch die Möglichkeit, mit den Machern per Zoom-Zuschaltung zu reden und Fragen zum Film zu stellen. Hierbei wäre es natürlich schön gewesen, sie direkt vor Ort zu haben, aber in Anbetracht der Lage war es wohl die bestmögliche Alternative. Auf die Frage, ob es noch mehr Dokus dieser Art geben soll, gibt es zwar noch keine konkreten Pläne, die Idee einer Kamp-Doku steht passend zur Österreich-Premiere von jetzt an aber unweigerlich im Raum und wird hoffentlich irgendwann umgesetzt. Am 22 Oktober wird der Film erneut im Top Kino ausgestrahlt, Karten müssen hier reserviert werden.
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