Der Titel verspricht einiges, schließlich ist die Anlehnung an die Hiphop-Konstante Keep it real ein Qualitätsmerkmal der ganz alten Schule. Weniger appetitanregend dagegen das Cover: ich schätze 5. Klasse Waldorfschul-Malkurs, aber wohl einfach im Rahmen der Möglichkeiten entstanden, eben: keep it realistisch.
Erste Anspielstation: Ich, eine klassische Ansage sich selbst treu zu bleiben und sich nicht verbiegen zu lassen. Das ganze flowt gut über einen Hit the road Jack-artigen Beat von Produzent Selbstlaut.
Skip-Taste gedrückt und gleich mit einem schönen Cat Power-Sample von I can’t get no satisfaction begrüßt worden; ob’s gecleared wurde? Thema diesmal: das Frauenbild, Vokabular und das Niveau im Hiphop. Hier fällt der etwas holprige Flow auf. Und wenn auf die Ansage „Aber bitte verschont mich, vor Möchtegern Stylern die nicht einmal flown“ der Reim „ich mag Hiphop wenn er niveauvoll ist, aber das ist schwer zu finden, weil er ja tot ist“ folgt, dann wird die Zunge pelzig. Noch ein Freundeskreis-Zitat und ein paar schöne Cuts mit dem Herrn Suave und schon steht die nächste Anspielstation an.
Es geht uns gut mit Mieze Medusa und Yasmos Alter ego Miss Lead ging mir nicht ins Ohr. Und das lag nicht an den Gameboy-Sounds. Weiter geht’s. Mein Kopf fängt an zu nicken als Lieblos einsetzt. Eine verkopfte Reflexion über das Leben auf einen eingängigen Beat und einem, wenn ich richtig gehört habe, Samy Deluxe der die zweite Strophe ankündigt. Allgemein: Cuts kann es nie genug geben!
Nun halten wir in einer Station des Big Band-Sounds der 20er Jahre. Yasmo/Miss Lead knallt einen derb flowenden Part über das Swing-Big Band Sample, der Kopf nickt sogleich. Fuck the Academy, ein Leuchtturm dieser Langspielplatte. Es geht jazzig weiter: Mehr Liebe. Warum Rap wie H.C. Strache ist, blieb mir auch nach mehrmaligem Hören dieser Textstelle verborgen. Ansonsten geht’s wieder um Rap und das Niveau. Wohl stellvertretend für die gute Seite des Rap wird Torch gecuttet und ab Minute 2:30 wird Liebe verteilt, auch an Mama/Papa und Yasmo selbst.
Bei Essen hört man das erste mal einen österreichischen Akzent. Es ist Bacchus, Yasmos DJ, der sich auf einen düsteren Beat am Sprechgesang versucht. Test bestanden. Das Einbaumöbel wird gelobt und wie lange sie sich schon im Game für ne Müde Mark, Entschuldigung Schilling, den Arsch aufreißen.
Ich fühle mich in mein Gitterbett aus Kindertagen versetzt, bis der Beat einsetzt und das liebliche Aufzieh-Glockenspiel zerhackt. Auf Hiphop-untypischen 120 BPM flowt Yasmo über den von oben diktierten Stress. Mit gemütlichen 90 BPM und einem traurigen Piano-Sample geht es in Synthetische Liebe um eine unehrliche Beziehung mit Kommentaren vom gecutteten Samy.
Der Titeltrack bounced dank Congas und einer straighten Piano/Gitarrenmelodie ordentlich. Ein klassischer Representer Track.
Bei Dienstfreitag darf Produzent Selbstlaut ans Mic. Mit tiefer, passender Stimme rappt er über einen klassischen Piano-Sample-basierten Beat; und das mehr als ordentlich! Gute Laune verbreitet Cornetto Erdbeer, ein positiver Song bei dem die Sonne aufgeht. Ein Boombap-Beat, ein melancholisches Piano und ein Geigen-Sample bilden den Abschluss der Langspielplatte Keep it realistisch.
Yasmos Debüt glänzt durch abwechslungsreiche und dope Beats, die bis auf zwei Ausnahmen (Es geht uns gut und Dienstfreitag) auf sehr hohem Niveau und interessant produziert sind. Die Cuts von Aligatorman und Bacchus runden die Mahlzeit ab. Raptechnisch ist es ein auf und ab: manchmal flowt es, ein anderes mal holpern die Texte. Yasmos englische Parts als Miss Lead sind dagegen tadellos. Inhaltlich ist Keep it realistisch sicherlich auf einem hohen Niveau und zwar nicht nur weil Hiphop-untypische Themen wie Machogehabe und Körperbilder angesprochen werden. Ich vergebe 7 von 10 Punkten.
Seine eigene Meinung zu Keep it realistisch kann man sich hier bilden:
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(AG)
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