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Nomen est omen: Yukno mit „Gute Nachtmusik“ // Review

Nomen est omen: Yukno mit „Gute Nachtmusik“ // Review

Vor zehn Jahren wurde aus der Raupe Neodisco der Schmetterling Yukno. Damals haben die steirischen Brüder Georg und Nikolaus Nöhrer die hiphop-beeinflusste, juvenile Krawall-Sauf-Musik hinter sich gelassen und sich mit dem Nachfolgeprojekt das Ziel gesetzt, zeitlosere Musik mit seriöseren Texten zu schaffen. Also keine Songs mehr über Grazer Nachtclubs, Sommer in Stubenberg (wer füttert eigentlich jetzt die Welse?) oder den erträumten Beischlaf mit Rihanna. Auch keine Features mehr mit Lance Butters, Eypro und Konsorten, die durch das VBT (lange ist’s her!) groß geworden sind. All das gehört der Vergangenheit an und endete mit dem Ende von Neodisco.

Statt auf ATV findet man Inspirationen nun etwa bei Joseph Beuys – das Debüt-Album heißt schließlich „Ich kenne kein Weekend“ (2018), benannt nach einem Werk von Beuys. Oder man referenziert auf Wolfgang Amadeus Mozart, wie dies beim neuen Werk „Gute Nachtmusik“ der Fall ist. „Gute Nachtmusik“ ist mittlerweile das vierte Yukno-Album und womöglich ihr bestes.

Dass der Sound wieder elektronisch ausfällt, überrascht nicht. Immer wieder schimmert UK-Garage durch – etwa bei „Wellengang“, das auch auf einer Tua-Veröffentlichung kein Fremdkörper wäre. Dem Albumtitel entsprechend darf auch einmal geravt werden („Menschenleere Gegend“), und bei „Wir konsolidieren den Regress“ schlagen Yukno House-Klänge an. Alles fügt sich nahtlos zu einem großen, atmosphärischen Soundbild zusammen – und spiegelt das nächtliche Thema von „Gute Nachtmusik“ wider.

Yukno bitten zum Tanz

Inhaltlich geht es um (große) Gefühle, die manchmal in schlageresken, manchmal in kryptisch-verkopften Lyrics ihren Ausdruck finden. Am deutlichsten zeigt sich der Schlager-Aspekt bei „Ich lieb dich“ mit Ohrwurm-Chorus. Aber es ist eben immer die Frage, wie man mit Kitsch umgeht – und die Nöhrer-Brüder schaffen es, diesen stets in eine stimmige Soundästhetik zu übersetzen. Gleichzeitig greifen sie zeitgeistige Themen auf: „Am Ende vom Feed“ thematisiert das bekannte Doomscrolling als Ausdruck der Großstadt-Ennui, während die Fachbegriff-Orgie „Wir konsolidieren den Regress“ als ironisches, verkopftes Plädoyer für Eskapismus funktioniert: „Globale Interdependenzen/Und am Wochenende dancen“, so lautet das Motto.

See Also

Aus den Welsen im Stubenbergsee ist inzwischen ein „Schnabeltier“ geworden, das im Opener in Erscheinung tritt: „Ja, du hast nur gelacht/Und an ein Schnabeltier gedacht“, heißt es in dem verspielten Song, der eine Ode an die Seltsamkeit ist. Und dass sie mit „Kein Abschiedssong“ den prädestinierten Closer gleich an den Anfang des Albums stellen, ist ein wenig skurril, funktioniert aber bestens. Ein Urteil, das sich letztlich auch über das gesamte Album treffen lässt.

Fazit


Mit „Gute Nachtmusik“ schweben Yukno irgendwo zwischen Club-Ästhetik und Indie-Pop und bewegen sich musikalisch in der Nachbarschaft von Moderat und Oehl. „Gute Nachtmusik“ ist ihr bisher reifstes Album, auf dem tanzbare Beats auf durchdachte und gefühlvolle Texte treffen. An Witz und Humor mangelt es auch nicht – nur verstecken sie sich meist im Subtext. Insgesamt heißt es also: „Nomen est omen“ – Yukno bieten genau das, was der Titel verspricht: „Gute Nachtmusik“.

4 von 5 Ananas