Die Hoch-Zeit von Videobattles scheint unglaublich weit zurückzuliegen. Doch der Hype ist gar nicht lange her. Spätestens ab 2011 beherrschten monatelang Typen wie Battleboi Basti, Weekend und Kico die Startseite auf YouTube. Mittlerweile sind die meisten MCs dem Format entwachsen und das diesjährige VBT wird (vermutlich) das letzte Turnier sein. Einer dieser Battlerap-Veteranen ist Mauli, ehemals Dirty Maulwurf, ehemals Mah Jah.
Bereits vor drei Jahren veröffentlichte er mit „Spielverderber“ seinen ersten Langspieler und glänzte dabei vor allem mit Fronts. Maulis Battlerap-Einfluss war omnipräsent und besonders Feinde von eRRdeKa kamen angesichts zahlreicher Punchlines gegen den Keine-Liebe-Zögling voll auf ihre Kosten. Ein Jahr später folgte ein Live-Album – durchaus ungewöhnlich für einen Rapper mit bis dato schmalem Veröffentlichungskatalog.
Nun hat der Berliner seinen neuen Tonträger „Autismus & Autotune“ releast und distanziert sich hörbar von seinen früheren Tracks. Statt Erörterungen über die Unzulänglichkeiten anderer deutschsprachiger Rapper kredenzt Mauli, der sein neues Album am 13. Mai im Wiener Flex live präsentiert, nun nachdenkliche Texte über das Leben in der von Insta und Hustensaft geprägten Post-Moderne. Gleich im Opener „Sturm“ kritisiert er den propagierten Lifestyle von Suicide Boys & Co., wenn er rappt: „Ja, ich weiß, Hipster zu sein ist nicht leicht. Gestern war es noch Supreme, heute ist es Suizid.“ Und er hat natürlich recht: spätestens Lil Peeps Tod hat gezeigt, dass man im Cloud Rap heutzutage bei Selbstmordgedanken eher Insta-Likes als Hilfe erhält.
Das offene Feuer auf Hipster ist jedoch etwas irritierend, wenn man selbst einige Tracks später darüber rappt, dass man „Musik von Gruppen, die es schon seit zwanzig Jahren nicht mehr gibt“ pumpen würde („Detox“). Die Frage, wie gehaltvoll die Musik ebendieser alten Bands ist und inwieweit sie als Inspirationsquelle für Zeilen wie „Ich glaub, wir sterben nicht. Ich glaub, wir werden Licht“, ist durchaus berechtigt. Vermutung: Es handelt sich um Gruppen, die sich um 1992 herum aufgelöst haben, nachdem sie in den 80er-Jahren mit einer Melange aus NDW und Schlager die Dorfdiskos des Landes eroberten. Lieber Herr Mauli, damit brüstet man sich doch nicht!
Glücklicherweise gibt es aber auch durchaus gelungene Lyrics auf „Autismus & Autotune“. Beispielsweise, wenn man in „Kugeln“ eine Strophe lang bei einer nächtlichen, melancholischen Autofahrt begleiten darf oder an anderer Stelle über Kryonik, also das Einfrieren des eigenen Körpers, angesichts der derzeitigen Lage des Deutschrap-Zirkusses philosophiert wird. Leider bleiben dies textliche Ausnahmeerscheinungen. Die ansonsten schmal ausgefallene verbale Bandbreite wird auch durch die mau dahinplätschernden Beats unterstrichen, die stellenweise seltsam leer klingen. Zugunsten des Basses scheint alles andere im Hintergrund zu verschwinden.
Das alles könnte man irgendwie hinnehmen. Was sich aber als wahrlich unerträglich entpuppt, ist die immer gleiche Sing-Sang-Melodie der Vocals. Auf und ab und auf und ab und ab. Im gleichen Rhythmus. Die gleichen Töne. Immer wieder. In jedem Song. Nicht durch Marilyn Manson oder Killerspiele, sondern durch dieses wiederkehrende Pattern wird man zum Psychopathen. Dabei gibt es so viele gute Ansätze in den Texten und auch in den Beats, die dann aber immer wieder durch Eintönigkeit und/oder fehlende Konsequenz gekillt werden.
Fazit: Gut und gut gemeint sind bekannterweise nicht das Gleiche. Das zeigt „Autismus & Autotune“ von Mauli eindrucksvoll. Über dreißig Minuten wird dem Zuhörer ein zeitgenössischer Sound serviert, dem es an Eigenständigkeit und Ideen mangelt. Schade, denn dass Mauli sowohl als Produzent als auch als Texter mehr drauf hätte, blitzt vereinzelt immer wieder auf. So fällt seine zweite LP zwar erwachsener und durchdachter als „Spielverderber“ aus, lässt aber dennoch Wünsche offen, die hoffentlich beim nächsten Release erfüllt werden.
