Dem „Message“-Redaktionsteam wird schon seit Längerem redaktionsextern wie -intern vorgeworfen, die neue Generation der Straßenrapper aus Österreich und Wien zu belächeln und zu ignorieren. Klar, es gibt Generationenkonflikte und es prallen unterschiedliche, oft konträre Interpretationen, Auffassungen und Musikgeschmäcker aufeinander, ein „Clash of Cultures“ der anderen Art. Oft sind es die aufgesetzten harten Images und die Verklärung eines normalen, langweiligen Alltags von Mittelstandkids und/oder Studierenden zum harten „Street Fight“, die Unbehagen bei jenen wecken, die in den 1990ern mit HipHop sozialisiert wurden. Was auch einigen dieser Generation missfallen mag, ist, dass sich die gesamte deutschsprachige Straßenrapperszene in einem immer härteren Konkurrenzkampf nach dem Motto „Umso maskuliner und härter, umso homophober, umso sexistischer, umso rassistischer, desto besser“, also „umso menschenfeindlicher, desto besser“, aneinander misst und hochdisst. Beef ist unter solchen Voraussetzungen und Umständen unvermeidlich und eine Eskalation ist dabei ständig möglich. Besonders dann, wenn organisierte Kriminalität mit im Spiel ist.
Im gleichen Atemzug ist diesbezüglich zu sagen, dass wir alle in der Redaktion darin übereinstimmen, dass das „The Message“ nicht in die Geschichte der deutschsprachigen HipHop-Fanzines und –Magazine als Beef-Zeitung, als boulevardesques „The Gossip Magazine“ oder als Neuauflage der „HipHop Bravo“ in Österreich eingehen will. Solche Medienformate instrumentalisieren die realen oder medienwirksam inszenierten Konflikte zwischen InterpretInnen als leicht durchschaubare Auflagen- bzw. Clicks/Likes – Multiplikatoren, spitzen die „Beefs“ so zu, dass der erste „Rap-Tote“ im deutschsprachigen Raum nicht nur herbeigeredet oder –geschrieben, sondern beinahe herbeigesehnt wird. Und solche Medien werden schnell selbst im Gegenzug zu Opfern von kalkulierten Instrumentalisierungen durch die vermeintlich besten Feinde/Freunde. Wir werden uns nicht wie ein Esel vor den Karren spannen lassen, der gegeiselt von Rappern, Musikern, Labels und Musikindustrie der Karotte hinterherjagt. So grün hinter den Ohren sind wir auch nicht. Bezüglich Beef und Disses gilt es frei nach Jeru the Damaja „Leave your nines at home and bring your skills to the battle“.
Aber trotz der hier dargestellten Fallstricke und Vorbehalte wollte das „TM“ seit seiner Gründung 1997 als erstes HipHop Magazin Österreichs immer ein, wenn nicht sogar das, wichtigste Informationsmedium für HipHop in Österreich sein (Ausflüge in die Welt des Soul, Reggae, Funk und Jazz inbegriffen). Dazu gehört auch eine grundkritische, wie auch objektive, aber auf jeden Fall ausgewogene Berichterstattung zur Gangster- bzw. Straßenrapper-Ecke in Österreich. Wir betrachten die Interviews und Gespräche mit dieser Szene als Möglichkeit und Chance, sich zu bewegen und zu begegnen. Vielleicht ist es ein naiver Ansatz und wir sind uns sehr bewusst darüber, dass es eine Nagelprobe sowie Herausforderung für die „Message“-Redaktion, aber auch über dieses Grüppchen hinaus, darstellt. Es handelt sich dabei um ein Exempel auf Probe, über dessen Dauer und Umfang beide Seiten entscheiden werden und können. Unsere Aufgabe in Zukunft ist es also, jetzt nicht nur diese neue Generation von Straßenrappern ausgewogener zu repräsentieren, sondern vielmehr kritisch, unparteiisch und objektiv über Entwicklungen in der Straßenrapper-Szene zu berichten. Bei Beefs gilt dabei, sich beide Seiten der Medaille anzusehen und anzuhören. Dementsprechend gehört es auch unser Blattlinie getreu dazu, bei Vorwürfen mit Substanz oder Privatgeschichten dem jeweils Beschuldigten und potentiell Rufgeschädigten, in diesem Fall Nazar, eine zeitnahe Stellungnahme einzuräumen, auch um journalistisch objektiv bleiben zu können. Nach der Darlegung der gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen lehnte Nazar jegliche Stellungnahme gegen die Vorwürfe ab. Er benötige keine Informationen von unserer Seite, so Nazar in seiner Antwort, weil er weder Interesse an Spike, noch an einer Gegenstellungnahme hätte.
Schließlich und letztlich sei darauf hingewiesen, dass die „Message“–Redaktion von Spikes’ Statements, Diskreditierungen und Verunglimpfungen Abstand nimmt und sie alleine die Meinung von Spike gegenüber Nazar widerspiegeln. Alle „TM“ – RedakteurInnen verstehen sich als ein objektives und neutrales JournalistInnenteam, das für keinen der involvierten Akteure Partei ergreift. Sicherlich fällt hier jetzt auf den ersten Blick einiges zusammen, dies soll aber nicht von den bereits dargestellten eigentlichen Intentionen ablenken, sich stärker Entwicklungen der Straßenrapper in Österreich widmen zu wollen. Das war zwar jetzt zwar ein längerer Vorspann als gewöhnlich, aber es musste auch einmal festgehalten werden, um journalistisch sauber und rechtlich unangreifbar zu bleiben, als Magazin wie auch als RedakteurIn.
Jetzt zur Einleitung des eigentlichen Teils, nämlich des Interviews
Schaut man sich Videos von Spike an, kommt es einem vor, dass einem da ein rappender Freddie Kruger vom Bildschirm entgegenflimmert. Der HTL-Absolvent inszeniert sich gern in Horrorfilm-Manier und als „Bad Boy“. Er hat bis heute nach eigener Aussage mit allen in der Straßenrapper-Ecke in Wien und Österreich zusammengearbeitet und wird dort wertgeschätzt. Aber nicht nur deswegen suchten wir mit ihm das Gespräch. In den letzten Wochen sorgte sein Diss gegen Nazar für einiges Aufsehen. Unmittelbar nach dem Gewinn Nazars des Amadeus Awards in der Kategorie „HipHop/R&B“ entstand von Beginn an eine schiefe Optik, altbekannte Mechanismen der Medienwelt zu nutzen und sich an Nazar hochdissen zu wollen. Was wirklich dran ist an den Vorwürfen gegenüber Nazar, warum der Diss erst nach dem Amadeus Award kam, darüber kann sich jede/r selbst im folgenden Interview ein Bild machen. Nicht nur gegen Nazar fährt Spike schweres Geschütz auf, sondern er schöpft immer wieder das gesamte Potential an Provokationsmöglichkeiten aus, überschreitet bewusst oder unbewusst, auf jeden Fall aber wenig reflektiert, Grenzen und begeht dabei Tabubrüche. Dazu zählen nicht nur frauenfeindliche und homophobe Entgleisungen in seinen Texten, eine seiner Lines in „Hand auf’s Herz“ mit der Wien-Elite könnte man als Quasi-Unterstützungserklärung für Hitler interpretieren. Dies brachte ihm in Foren schon den Vorwurf ein, ein Nazi-Rapper zu sein, ein Auftrittsverbot folgte – allerdings nicht wegen seiner Hitler-Passagen. Dieser Teil des Interviews und mehr dazu erscheint demnächst in einem anderen Rahmen. Begegnet sind wir im Prater schließlich einem jungem Mann, der so gar nicht jenem Bild entspricht, das er von sich in Videos zeichnet.
TM: Wie bist du mit HipHop in Berührung bekommen?
Spike: Mit HipHop in Berührung gekommen bin ich in meiner Gymnasiumzeit. Mit 12 oder so habe ich Wu-Tang gehört, aber eher nur nebensächlich. Ich habe nicht gebreakt oder gesprayt. 2008 hab ich dann selbst begonnen in der HTL spaßhalber die Rapper im Hof zu verarschen und hab aus Spaß einen Track aufgenommen. Sie meinten, dass das ganz gut wäre, und dann machte ich weiter, nahm weitere Tracks auf und bin irgendwie reingekommen. Aber: Ich lebe das nicht, das macht halt Spaß.
2010 hast du auf der Nummer „Wo gehör ich hin“ die Zeile: „wenn ich’s mit Rap nicht schaff, dann lande ich auf der Straße“ Jetzt hast du aber gemeint, ich mach’s nur aus Spaß?
Damals hab ich mich bemüht, damit was rauszureißen, weil mir erklärt wurde, dass ich Talent hab. Ich hab zwar dann die Schule fertig gemacht, nach der Schule hab ich mich dann aber nur noch auf’s Rappen konzentriert. Ich hatte zwar auch Nebenjobs, wollte es aber mit der Musik schaffen. Weil es mir Spaß macht und es ist cool, aus seinem Hobby einen Beruf zu machen. Das war nur eine Zeile, „dann lande ich auf der Straße“, das war nicht so ernst gemeint.
Warum Rap als Ausdrucksform?
Singen kann ich nicht und in letzter Zeit versuch ich mich mehr in der Metal-Schiene. Es ist schon auch Rap, aber Linkin Park-mäßig. Ich versuche jetzt auch live mit Schlagzeug was auf die Beine zu stellen. Es liegt mir halt zu rappen.
Du bist ja noch jüngeren Alters und doch schon relativ lang dabei, seit 2008. Wie würdest du diese New Generation von Straßenrappern in Wien und die Szene beschreiben?
Ich kenn so gut wie alle Ecken und alle Rapper in Wien, von PMC und Stonepark bis zu den österreichischen Slang-Rappern. Es ist halt sehr vielfältig, es gibt schon große Parallelen und in letzter Zeit wächst das immer mehr zusammen. Ich versuch meinen Teil dazu beizutragen, dass die Leute zusammenhalten.
Damals als ich angefangen habe, hat mir keiner eine Chance gegeben. Auf hiphop.at haben sie gleich gesagt: „schleich dich“ (lächelt) Es gab halt diese paar Rapper und die wollten, dass nur diese Rapper bleiben, die wollten keinem anderen was gönnen. In letzter Zeit kommen immer mehr Talente, ich glaub es entwickelt sich gut.
Es gibt ja jetzt auch den Vorwurf, dass es in dieser Generation auch mehr um Youtube-Klicks und Facebook-Likes geht, als um Konzerte und Releases, wie siehst du das?
Es ist leider so, dass ich letztens in Deutschland bei Visa Vie von 16Bars war und gefragt habe, warum sie mich nicht zu meinem Album „Monstermodus“ interviewt haben, weil ich ihnen eine Anfrage geschickt hatte. Da haben sie gemeint, dass man schon einen gewissen Status und Klicks braucht. Ich meinte, ich hab meine 500.000 Klicks und auf dem Channel 4 Millionen insgesamt, ob das nicht ausreicht. Sie meinten dann, dass man aber schon die Connections braucht. Die legen schon Wert darauf. Für mich persönlich ist es egal, wie viele Klicks jemand hat, es kommt darauf an, ob es gut ankommt und ob es vermarktbar ist.
In der heutigen Zeit ist es so, dass das Internet übernimmt. Die Leute schauen halt auf die Facebook-Likes, irgendwie kann man sich auch daran orientieren.
Nur um da einzusteigen, müssen ja hohe Klickzahlen ja nichts über die Qualität eines Rappers aussagen?
Ja. Es kommt halt auf’s Gesamtpaket an.
Diese „New Generation“ wird ja oft so beschrieben, dass sie kein Vinyl mehr kennt, sammelt oder eine Affinität entwickelt. Über welche (sozialen) Medien nimmst du Musik wahr?
Eigentlich eh über YouTube und MTV und VIVA, TRL auf MTV hab ich viel geschaut. Jetzt gibt es nicht mehr so viele Plattformen, eigentlich nur noch YouTube und das ist leichter zugänglich für die Kinder. Eigentlich YouTube.
Wenn sprichst du konkret mit deinen Texten an?
Alle möglichen, ich mach verschiedenste Musik. Ich mach Musik für Leute, die trainieren, die Motivation brauchen.
Ich war letztens im Fitnesscenter und da ist ein 35-jähriger auf mich zugekommen und hat gesagt: „Super Musik, danke. Ich hab mit meiner Freundin Schluss gemacht und das hat mir Kraft gegeben.“ Sowas freut mich halt, wenn ich die Leute motivieren kann.
Dann gibt es auch Sachen, die tief sind, ich find es halt lustig, das ist nur Entertainment. Da werde ich oft kritisiert, weil ich zu tief unter die Gürtellinie geh. Aber ja…Dann mach ich halt spaßmäßige Sachen, worauf ich Lust hab.
Wie würdest du persönlich deine Stellung in der Wiener Rapszene beschreiben?
Ja leben kann ich nicht davon, ich geb mein Bestes, ich bin halt noch Untergrund-Rapper. Ich seh mich halt noch nicht als offizielles Mitglied.
Jetzt in Deutschland oder in Österreich?
Ja beides. Ich mein, okay, in Deutschland, hab ich jetzt irgendwie mehr Fans durchs VBT, beim letzten Album hab ich in Deutschland mehr CDs verkauft als in Österreich. Hier wird immer noch Straßenrap gehört und das Gangstading gefällt mir nicht. Ich mach halt so die lustige, die selbstironische Schiene, das feiert man in Deutschland mehr.
Du hast selber das VBT angesprochen, du nimmst ja regelmäßig daran teil. Siehst du nicht jetzt auch die Gefahr, als ewiger VBT-Rapper und eben damit dieser neuen Generation von Rappern abgestempelt zu werden?
Die Gefahr besteht schon, aber davor hab ich keine Angst. Ich hab immer gerne gebattelt, ich war damals auch bei der RBA, einer Audioplattform. Ich seh mich eigentlich als Battlerapper, Punchlines, Doubletime…das ist halt meins. Wenn mich manche als VBT-Rapper abstempeln wollen, können sie das tun. Aber ich seh mich nicht als VBT-Rapper, ich nehm da halt teil und schau wie weit ich komm.
Dein Nazar-Diss kommt ja schon ein bisschen als alte Masche daher, dass ein junger, kommerziell wenig erfolgreicher MC sich an einem anderen MC, der kommerziell in Deutschland und Österreich erfolgreich ist, hochdisst. Was ist dein Gegenargument dazu?
Es war mir klar, dass das so kommen wird. Ich würd es objektiv auch so sehen, dass ich mich an dem hochziehen will. Aber das hat eine lange Vorgeschichte, Nazar war damals bei uns im Studio und wir hatten viele Projekte vorgehabt, wollten auch eine Plattform gründen…
Wann war das?
2011. Und dann gab es ein paar Auseinandersetzungen und ich weiß auch jetzt nicht ob ich das offiziell sagen kann – aber ich sag’s jetzt einfach offiziell – er hat angefangen uns mit Leuten zu drohen, die wir flüchtig gekannt haben. Weil Nazar hat sich immer über irgendeinen Rücken gestärkt und deswegen hat er auch so einen großen Mund. Deswegen darf er mittlerweile auch nicht mehr außer Haus, weil er halt keinen mehr hat.
Er hat es sich in Wien selber verschissen. Nazar hat in Wien bei jedem, wo er gesehen hat, dass er sich was nehmen kann, das Beste herausgenommen und sich nach Deutschland verpisst und das in Deutschland präsentiert. Die anderen hat er links beiseite liegen lassen, Rattenaktion eigentlich.
Und es gab auch eine persönliche Geschichte zwischen mir und ihm, wo er mich wegen einem Feature mit King Orgasmus um 500,- Euro abziehen wollte. Da hab ich mit Orgi wegen einem Feature geredet, dann ist Nazar daher gekommen und hat gesagt: „Ja, ich kann dir alles checken, wenn du Features willst.“ Da sagte ich zu ihm. „Nein, ich mach das alleine, wenn ich ein Feature will, frag ich den selber.“ Darauf hat er gemeint: „Nein, warte kurz ich ruf Silla an.“ Da war die Sprachbox und nach einer Woche kommt er dann wieder, um mir zu sagen, dass Orgi 500,- Euro haben will. Da habe ich gemeint, wir haben uns was ganz anderes ausgemacht, also es war nie Geld im Spiel. Dann hat sich Orgi wieder gemeldet und gefragt, was jetzt mit dem Feature los sei. Ich sagte zu ihm, sei mir nicht böse, aber ich will nichts zahlen für das Feature, worauf er meinte, dass von Geld nie die Rede war. Da sagte ich, Nazar meinte, du willst 500,- Euro, darauf er ich kenn den nicht mal. Er wollt sich das Geld einstecken. Wegen 500,- Euro abziehen, ich mein scheiß auf Geld, das ist halt eine Scheißaktion.
Es gab ja auch die Ketten aus dem Video von einem Freund von uns, der das nur an gute Freunde verteilt hat. Nazar hat das als Marktlücke gesehen. Eigentlich hat die Kette eine religiöse Bedeutung, das ist irgendwas Japanisches, steht für die 88 japanischen Tempel oder so. Dem Typ liegt halt was daran, hat es nur guten Freunden gegeben und Nazar auch. Der hat das dann als Marktlücke gesehen, hat es „Fakker – Edition“ genannt und an die Fans verkauft.
Das sind so Sachen…das ist nur ein Teil davon. Aber er hat immer Geschichten abgezogen. Jetzt hab ich mir gedacht, einer muss halt mal was sagen, wenn’s keiner tut, dann mach’s ich halt. Ich hab keine Angst vor dem, es ist mir egal. (lacht) Wenn er kommen will, soll er kommen. Ich werd stehen.
In dem Text kommt ja auch viel Detailwissen aus Nazars zwischenmenschlichen Beziehungen heraus. Wie lange hast du konkret mit ihm zusammengearbeitet und wie hat sich die Zusammenarbeit gestaltet?
Naja konkret, er war halt immer flüchtig da. Das war bei Hami Records damals, ein großes Studio von Hami, meinem Bruder und mir, und er wollte halt schauen, was er sich da rausnehmen kann. Mir hat er mal einen Beat gemacht, dann hat er kurz was aufgenommen, dann das Video für RAF gedreht. Er wollte halt schauen, wie wir dort arbeiten.
Und danach hat sich halt alles so ergeben. Dass er angefangen hat, Geschichten zu erzählen. Er hat immer zu mir gesagt, du wirst viel erreichen und hast ein großes Talent. Er hat sich dann meine Videos angeschaut und die Ideen genommen. Auf einmal bei seinem nächsten Video die Hannibalmaske, dann beim nächsten Video hat er sich sein Gesicht bemalt. Ich mein, mir war es eigentlich egal, aber wenn einen dann die Fans anschreiben und sagen: „Schau mal, der Typ kopiert dich und deine Ideen“, dann denk ich mir: Ok, was soll die Scheiße?
Eine Frage noch zum Nazar-Diss. Warum kam er genau nach seinem Gewinn des Amadeus Awards? Das wirft ja doch eher ein schräges Licht und bestätigt die Theorie der alten Masche?
Es war halt da gerade der Zeitpunkt. Ich war leider nicht dort, aber RAF und noch zwei weitere Kollegen. Ich finde, dass Nazar diesen Award nicht verdient. Keine Ahnung. Wenn man die ganze Zeit so eine falsche Mine abzieht und dadurch seinen Erfolg hat. Ich gönn’s ihm nicht. Ich arbeite lieber ehrlich und loyal, anstatt Leute abzuziehen. Das war halt der ausschlaggebende Punkt, weil er diese Awards wieder gewonnen hat. Irgendwie sehen die anderen nur Nazar als Hauptrapper in Wien, aber es gibt noch so viele andere Leute, die talentiert sind. Ich gönn’s ihm nicht.
Kommen wir noch kurz zu dem Detailwissen zurück. Ich habe mir wie gesagt den Track angehört, da sprichst du auch die abgesagten Autogrammstunden, Geld für Fake-Likes, Bodyguards beschützen, Spielsucht, etc. an. Du scheinst ja wirklich sein Leben auch immer wieder beobachtet zu haben?
Ja, wir waren halt dabei. Wir waren, ich will jetzt nicht sagen Freunde, aber wir sind halt zusammen abgehangen, wir waren unterwegs und haben gesehen, dass er ein paar Tausender in den Automaten reinschmeißt. Das mit den Fake-Likes hab ich halt so gehört, ob es wirklich stimmt, weiß ich nicht.
Eine der Hauptvorwürfe an Nazar ist ja auch, dass er deine ganze Ästhetik und dein ganzes Image mit wirren Clownmasken kopiert. Dieses Ästhetik, dieses Image hast du ja auch nicht erfunden, es hat ja in der HipHop – History Gruppen wie die Insane Clown Posse oder Hollywood Hank gegeben. Inwieweit kann man da eine Urheberschaft beanspruchen?
Das hab ich jetzt auch nie gesagt, es gibt genug jetzt wie Genetikk, Slipknot. Es wird immer verglichen, z.B. KC Rebell hat sich auch mal das Gesicht angemalt, Favorite… Es gibt tausend Leute, die sich anmalen. Ich hab nie gesagt, dass ich das erfunden hab. Das war halt auch ein Teil davon. Zuerst war es die Hannibalmaske, dann auch das Weiße im Gesicht, dann die Lichter, die waren auch rot und grün, die Kontaktlinsen… es war halt immer fast dasselbe, der direkte Vergleich.
Kommen wir jetzt auf dein Image zu sprechen. Du trittst ja da immer sehr brachial, ja martialisch auf. Warum hast du gerade so eine Form gewählt, dich zu präsentieren?
Ich wollt immer was anderes machen, es macht mir halt Spaß. Ich schau auch gern Horrorfilme und ich seh das nur als Entertainment. Wenn Jugendliche keinen Horrorfilm verkraften, dann sollen sie sich auch sowas nicht anschauen.
Es ist ja nur Entertainment, ich geh jetzt keine Leute schlachten.
Es macht mir halt Spaß, ich hab auch andere Projekte am Laufen, das war halt in der Phase, wo es mir Spaß gemacht hat. Ich mach jetzt wieder was anderes, eher Oldschool, Kommerz würd ich nicht sagen, etwas was die Leute auch anspricht.
Warum gibt es die Tendenz, die sowohl in Deutschland als auch in Österreich verbreitet ist, um jeden Preis auffallen zu müssen und sei es auch noch so gewaltverherrlichend, sexistisch oder homophob?
Ja, weil es einfach schon zu viel gibt. Ich persönlich finde es auch scheiße, dass man jetzt so extrem übertreiben muss. Aber es gibt halt schon zu viel und man muss immer härter und besser und aggressiver sein und mit dieser Metal-Schiene würde ich wieder was Neues machen. Ist halt Metal-Rap.
Aber auch Metal ist ja dafür bekannt, eher kein friedfertiges Konzept von Zusammenleben zu vermitteln?
Ja, ich seh das halt nur als Musikrichtung, da gibt es auch Verschiedenes an Sängern und Bands. Es kommt halt immer auf den Künstler an. Ich sag jetzt nicht, Metal ist Satan, HipHop ist Gangster…Man darf nichts so abstempeln, Musik ist sehr vielfältig. Ich probier halt alles aus, was mir Spaß macht und was ich kann, was in meiner Macht liegt.
Wie stark unterscheiden sich jetzt du als Privatperson von einem Spike im Video, der wie Freddie Kruger auftritt?
Die Leute wundern sich immer wieder, wenn sie mich sehen, sagen sie: „Der ist eigentlich eh ganz normal.“ Die erwarten sich alle, dass ich mit einer Axt durch die Straßen laufe. Der Schauspieler von SAW rennt auch nicht mit der Kapuze herum. Das ist alles nur gespielt. Als Person bin ich ganz anders.
Wie würdest du dich beschreiben?
Als Privatperson? Ruhig, sehr ruhig. Ich hör viel zu, rede nicht viel und pass mehr auf, was um mich passiert. Ich denke mehr als ich rede.
Vorwort, Text & Interview: Stefan Anwander
Mitarbeit: Thomas Kiebl & The Message-Redaktion
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