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Beatshizzle (Juni/18) // Beats & Instrumentals

Beatshizzle (Juni/18) // Beats & Instrumentals

In dieser Reihe widmen wir uns monatlich den neuen Releases der Beat- und Instrumental-Szene. Das Meer an großartigen Beats wird von Tag zu Tag größer und nur die wenigsten Produzenten erhalten gerechtfertigte Credits. Darüber hinaus gibt es regelmäßige Instrumentalreihen – viele der Projekte gehen allerdings in der Flut an Releases einfach unter und werden nicht mit einem eigenen Artikel gewürdigt. Dennoch sind sie relevant genug, um ihnen eine Plattform zu bieten.

Bluestaeb – Everything Is Always a Process

Eineinhalb Jahre nach der gemeinsam mit Juju Rogers releasten LP „LIT  Lost In Translation“ meldet sich Bluestaeb mit seinem dritten Studioalbum zurück. Auf diesem bewegt sich der zwischen Berlin und Paris pendelnde Musiker verstärkt in Neo-Soul-Gefilden, ohne großartig von seinem Signature-Sound abzuweichen. Schließlich gibt es weiterhin smoothe, warm anmutende Klänge mit fein arrangierten Drums und Percussions um die Ohren. Dabei legt Bluestaeb zunehmend Wert auf eine ausgereifte Live-Instrumentalisierung – wohl ein Schaffensprozess, der den Titel des Albums maßgeblich beeinflusst hat. Ein paar der Tracks sind mit Vocals versehen, wobei vor allem die beiden Parts des Soul-/R&B-Sängers Noah Slee sowie das Feature von Harleighblu überzeugen können. Mit der in Nottingham stationierten Sängerin werkt Bluestaeb auch an einem gemeinsamen Release. – Simon Nowak

Kiefer – Happysad

Dass Kiefer in keiner Liste aufstrebender Produzenten fehlen darf, hat sich bereits bei seinem Anfang 2017 erschienenen Debüt „Kickinit Alone“ abgezeichnet. Darauf hat er lange hingearbeitet – bereits als Kind hat er mit dem Klavierspielen begonnen und im zarten Alter von 12 Jahren an ersten Beats geschraubt. Auch seine Vorliebe für jazzige Klänge hat der Stones-Throw-Musiker früh entwickelt und in L.A. Unterricht beim Jazzgitarristen Kenny Burrell genommen. Dieser Background zahlt sich auf dem zweiten Kiefer-Album „Happysad“ voll aus, das dem Titel entsprechend einer emotionalen Achterbahnfahrt gleichkommt. Komplett auf Samples verzichtend, liefert der Produzent und begnadete Pianist smoothe, teils minimalistisch wirkende Tracks, die die Genregrenzen zwischen HipHop und Jazz in beeindruckender Manier verschwinden lassen. – Simon Nowak

Elaquent – Baker’s Dozen

Im Gegensatz zu vielen seiner Beatbastler-Kollegen sieht sich Elaquent seit Beginn absolut nicht als Perfektionist. Seine Beats entstehen vergleichsweise schnell, der jeweilige Drive ist ein großer Faktor. So bestechen die Instrumentals des Kanadiers eher durch ein hohes Maß an Verspieltheit und einen stimmigen Vibe, als durch makellose Arrangements. Das unterstreicht auch seine Ausgabe der Fat-Beats-Reihe „Baker’s Dozen“, auf der er zum wiederholten Mal Freshness beweist. Dass Elaquent seine FL-Studio-lastige Produktionsweise nach und nach erweitert hat und durch Live-Drums sowie Keyboards erweitert hat, verleiht den Beats eine eigene Dynamik. – Simon Nowak

Sami Baha – Free For All

Ähnlich wie bei seiner 2016 erschienen EP „Mavericks“ dominieren auf „Free For All“, dem Debütalbum von Sami Baha, traplastige Sounds. Diesmal dringt der in Istanbul aufgewachsene Neo-Süd-Londoner aber gleichzeitig verstärkt in experimentelle elektronische Gefilde vor. Er liefert letztlich eine interessante Kombination aus minimalistischen, atmosphärisch anmutenden Klängen, immer wieder durchschimmernden Melodien aus Videospielen sowie vereinzelten türkischen Gitarren- und Klavier-Elementen. Die Wahl der auf ausgewählten Tracks auftretenden Featuregäste erscheint ebenso bunt gemischt– neben Yung Lean und Dimzy sind auch die Ägypter Dawsha & Abanob vertreten. – Simon Nowak

Medline – Solstice

Für sein Album „Solstice“ hat Medline einige Jazz-Funk-Klassiker aus den 1970ern gediggt, die später als Sample-Basis zahlreicher HipHop-Tracks dienten. Der Franko-Chilene wollte mit seinem jüngsten Werk eine groovige Hommage schaffen und hat daher Tracks wie „Solstice“ von Brian Bennett oder „Shady Blue“ von Lee Mason & His Orchestra frisch eingespielt. Ausgedehnter kommt etwa der Soundtrack „La Planète Sauvage“ von Alain Goraguer zur Geltung: Die gleichnamige Medline-Version umfasst als Medley „Le Bracelet“, „Ten et Tiwa Dorment“ und „Maquillage De Tiwa“. Auf den acht Cover-Tracks ist es dem Produzenten und Multiinstrumentalisten über weite Strecken gelungen, an die altbewährten Nummern zu erinnern und ihnen gleichermaßen einen eigenen Stempel aufzudrücken. – Simon Nowak

Philanthrope – Waking Dreams

Als neues Sub-Label für instrumentale Klänge hat der deutsche HipHop-Versand HHV kürzlich Beat Jazz International ins Leben gerufen, das sich stark an Vorreitern wie Chillhop Records oder Radio Juicy orientieren soll. Veröffentlichungen auf Vinyl erscheinen da selbstverständlich. Für den hochkarätigen Startschuss sorgt Philanthrope mit „Waking Dreams“, der als A&R von Chillhop quasi einen Seitensprung zur Konkurrenz wagt. Der mittlerweile nach Rotterdam gezogene Innsbrucker liefert dabei in gewohnter Qualität ein klassisches Beattape mit 14 jazzig-verträumten, größtenteils rau anmutenden Instrumentals, die eine starke Boombap-Komponente aufweisen. – Simon Nowak

P.tah & Last Boogie – Patch EP

Dass P.tah seit vielen Jahren als einiger der wenigen deutschsprachigen MCs auf technisch hohem Niveau über UK-Bass-Sounds spittet, dürfte hinlänglich bekannt sein. Etwas im Gegensatz dazu stehen die Beat-Produktionen des Wieners, zumal er überwiegend über fremde Beats spittet. Einen Ausschnitt seines instrumentalen Schaffens bieten nun die fünf gemeinsam mit dem österreichischen Dubstep-Veteranen Last Boogie gestalteten Tracks der „Patch“-EP, die reichlich Dub(step)- sowie Grime-Einflüsse beinhalten und teils mit Scratch-Samples ausgestattet sind. – Simon Nowak

Kaidi Tatham – It’s A World Before You

Kaidi Tatham strikes again! Nach seinen 2017 erschienen EPs „Changing Times“ und „Hard Times“ gibt es nun wieder einen Longplayer vom Multiinstrumenten aus Großbritannien, der sich bestens in den ohnehin hochqualitativ besetzten Roster von First Word Records eingefügt hat. Mit „It’s A World Before You“ liefert er ein weiteres schön groovendes, abwechslungsreich gestaltetes Broken-Beat-Werk voller Downtempo-, Jazz-, Funk- und Neo-Soul-Klänge. Als Featuregäste runden neben den Children of Zeus auch Dego und Uhmeed ab. – Simon Nowak

Foul Mouth – The Snake Pit

Detroit bleibt unbestritten die Heimat zahlreicher herausstechender Produzenten, auf reine Instrumentalreleases haben in den vergangenen Jahren allerdings verhältnismäßig wenige von ihnen gesetzt. In der Beatszene erscheint die Motor City daher trotz des 2017 erschienenen Samplers „The Unseen“ sowie den jüngsten Alben von Karriem Riggins und Tall Black Guy unterrepräsentiert, auch weil die jüngsten ohne Rap-Parts versehenen Werke von Apollo Brown, Black Milk, 14KT, Quelle Chris und Co. bereits ein paar Jahre am Buckel haben. Foul Mouth will mit seinem dritten Beattape seine Heimatstadt wieder verstärkt in den Produzentenfokus rücken. Die 20 Tracks auf „The Snake Pit“ sind vom Motown-Sound geprägt, soulig-rau gehalten und mit ansprechenden Percussions sowie Basslines garniert. Ein solides Release, zu Artists wie den oben genannten kann er damit aber nicht aufschließen. Dafür wäre ein markanterer Produktionsstil mit mehr stilistischer Eigenständigkeit nötig. – Simon Nowak

Geliks – Indeed

Während manche Instrumentalalben mit bedeutungsschwangeren Pressetexten ausgestattet sind, lässt Geliks lieber einfach die Musik für sich sprechen. Dass sich bis auf die griechische Herkunft und seine Kooperation mit dem Label Cold Busted nichts über den Produzenten herausfinden lässt, ist in Anbetracht seines Debütalbums „Indeed“ dennoch bemerkenswert. Das ist ihm nämlich durchaus gelungen. Stilistisch lassen sich die elf entspannt groovenden Tracks irgendwo an der Schnittstelle zwischen Headnod-HipHop und Ambient/Downtempo einordnen. – Simon Nowak

RSN – Strange Eyes

Als Hybrid aus einem Instrumental- und Produzentenalbum hat RSN sein viertes Album „Strange Eyes“ konzipiert. Stilistisch bewegt sich der auch als DJ bei Belleruche aktive Produzent aus Athen in soulig-groovig angehauchten TripHop- und Electronica-Gefilden. Gitarren-, Orgel- und Analog-Synthesizer-Klänge sorgen für eine spezielle Atmosphäre. Durchaus stimmig. – Simon Nowak

Klasey Jones – Starlight One

Zu den derzeit interessantesten Produzenten zählt Klasey Jones. Der junge Londoner aus dem Hause Terrorhythm Records liefert auf seinem dritten Release „Starlight One“ abermals von Synths und Bass getragene Instrumentals, die atmosphärisch und wavy anmuten, dabei entfernt an die cineastischen Instrumentals von Blue Sky Black Death erinnern. Diesmal kommen verstärkt fernöstliche Einflüsse zur Geltung. Wirkt alles zeitweise etwas überladen, aber durchwegs spannend. Vor allem der Abschlusstrack „Vertical Loops“ hat es in sich. – Simon Nowak

Shag – Doubt

Bis vor gut einem Jahr hat Shag in hohen Intervallen Beattapes veröffentlicht, der abrupte Bruch ging mit einer persönlichen Krise einher. So ist es kein Wunder, dass das Comeback-Album „Doubt“ eine Phase voller Selbstzweifel, Isolation und zu viel Alkohol verarbeiten soll. Dementsprechend melancholisch fallen die mit zahlreichen Vocal-Samples versehenen Tracks aus. Dem Texaner gelingt es dabei gut, seine Emotionen musikalisch zu verpacken. Einziges Manko bleiben die Drums, die wie bei seinen vorherigen Werken besser mit dem Rest harmonieren könnten. – Simon Nowak

Kostia – Da Revolt

Mit „Da Revolt“ liefert der französische Basketball-Fanatiker und Radio-Moderator Kostia seinen Einstand bei POSTPARTUM. Bisher ist er vor allem im Team mit Big Ben in Erscheinung getreten, mit dem er 2012 das Label Overjazzed gründete. „Da Revolt“ ist als fiktiver Soundtrack eines Films konzipiert, in dem Tiere die Weltherrschaft – unter der Führung von Flussratten – übernehmen. Dabei lebt das größtenteils instrumentale Album auch von den vereinzelten Rap- und Gesangsparts und vor allem Scratches zahlreicher befreundeter DJs. – Simon Huber

Hentzup – Out of the Blue

Wie immer verging kein Monat ohne ein dopes Release aus dem Hause Dezi-Belle. Dieses mal liefert 2zg-Member Hentzup entspannt-jazzy Vibes „Out of the Blue“ und schließt damit nahtlos an den Vorgänger „1993“ an. Die Blaupause eines Instrumentalalbums, so herrlich unaufgeregt und detailverliebt, dass man die Scheibe gerne nochmal umdreht und von von vorne hört. – Simon Huber

Heverly Bill – Last Call

Beatbliothek ist ein französisches HipHop-Magazin mit Fokus auf Instrumentals und in der Hinsicht europaweit beinahe einzigartig. Für alle Beatheads eine unbedingte Empfehlung, sich dort regelmäßig Input zu holen. Seit neuestem fungiert das Mag auch als Label, das kleinere Kassettenauflagen veröffentlicht. Nach einem Sampler im März folgt nun das erste Solorelease des Franzosen Heverly Bill. „Last Call“ ist sehr basslastig und synthiegeschwängert ausgefallen, besonders das Outkast-Sample in „Not sorry“ sticht hervor. Insgesamt eine gelungene EP und guter Wegbereiter für das, was Beatbliothek in nächster Zeit noch liefern wird. – Simon Huber

Pawcut – God’s Plan

Das neue Album von Pawcut, seit Jahren gern gesehener Gast bei Radio Juicy, ist schwer in Worte zu fassen. Neben einem Haufen für sich stehender Beats, macht besonders die Reihe an internationalen Features von Pseudo Slang bis Zen-Zin das Album zu etwas besonderem. Auch wenn die Instrumentals zu den Nicht-Instrumental-Tracks dabei sind, kann man das Album auch gerne im Normalzustand unskippend durchlaufen lassen. – Simon Huber

POLY POLY  – POLY POLY

Experimenteller unterwegs sind die Münchner Produzenten Hans Hu$tle und Volt Age, die sich unter dem Namen POLY POLY zusammengeschlossen haben und auf ihrem selbstbetitelten Album eine Melange ihrer Styles erschaffen haben. Zwischen 80s-Synth-Pop, Trip-Hop und (vielleicht ein bisschen) HipHop bewegen sich die 10 experimentellen Tracks, für die fachgerecht das Space geentert wurde. – Simon Huber

Thelonious Coltrane

Die MPC auf zwei Beinen, auch bekannt als Thelonious Coltrane hat mal wieder eine extrem produktive Zeit. Nicht weniger als acht Releases sind im Juni erschienen, einerseits die Reihe „My Life with Katica Holjevac“, andererseits einige „Sketches“. Hab leider noch nicht überall reingehört, aber das wird definitiv noch nachgeholt, wenngleich ab und zu Releaseverschnaufpausen vielleicht nicht schaden würden. – Simon Huber







Compilations:

See Also
Liraz and Adrian Younge

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