"The hardest thing to do is something that is close…
Das aus Texas stammende und mittlerweile in Kalifornien residierende Rapkollektiv BROCKHAMPTON veröffentlicht am 23. August 2019 sein fünftes Album „GINGER“. Laut Band-Leader Kevin Abstract ist der zweite Major-Release und „iridescence“-Nachfolger inspiriert vom Schauspieler Shia LaBeouf, vom Roc–Marciano–DJ–Muggs-Track „Shit I’m On“ sowie vom Gospel-Album „The Best of Mt. Olive Primitive Baptist Church, Louvale, GA“ des Chors der Mt. Olive Primitive Baptist Church. Letzteres verspricht religiöse Töne auf dem Album, die schon auf den ersten beiden Video-Singles im unterschiedlichen Ausmaß vorhanden sind.
So lässt sich bereits der Titel der ersten Video-Single, „I Been Born Again“, religiös interpretieren. Auch der Einfluss des Chors der Mt. Olive Primitive Baptist Church ist erkennbar, veröffentlichte dieser auf seinem erwähnten Album einen gleichnamigen Titel. Die Rap-Parts des ersten BROCKHAMPTON-Songs seit fast einem Jahr enthalten ebenfalls religiöse Motive. Etwa, wenn Joba in seinem heruntergepitchten Part von der Vermutung erzählt, Jesus gefunden zu haben. Ansonsten dreht sich der Song überwiegend um die stereotypischen Rapthemen Ruhm und Reichtum. Das düstere Instrumental mit beklemmendem Piano-Geklimpere und schaurig klingender Synth wurde von Romil Hemnani und Jabari Manwa produziert. Da die Aufnahme bei offenem Fenster erfolgte, sind auch Geräusche des vorbeiziehenden Straßenverkehrs zu hören.
Neben dem heruntergepitchten Joba in „Screwed & Chopped“-Stilistik liefert der Part von Kevin Abstract wieder einmal den Höhepunkt, auch dank einer humorvoll eingesetzten, aber durchaus tiefsinnigen „Rappin‘ ’bout dick still“-Line. Auf eine Hook wurde verzichtet, was insofern schade ist, da sich das Outro von Matt Champion gut dafür geeignet hätte. Ebenfalls schade, dass die Parts von Dom McLennon und Merlyn Wood (mit Tyler, the Creator-Interpolation) äußerst knapp ausfallen – und Bearface nur auf sinistre Weise die Eröffnungsworte sprechen darf. Das dazugehörige Schwarz-Weiß-Video wurde von Spencer Ford in Berlin gedreht.
Fröhlicher erklingt die zweite Video-Single „If You Pray Right“. Der Titel ist eine Referenz an den Nina-Simone-Song „If You Pray Right (Heaven Belongs to You)“, inhaltlich bietet vor allem der Part von Dom McLennon eine Vielzahl religiöser Bezüge. Bei seinen Bandkollegen fallen diese deutlich reduzierter aus, Joba beschränkt sich beispielsweise auf eine Zeugen-Jehovas-Line („At the door, bruh, Jehovah, you ho bitch“).
Der Beat kommt erneut von Romil Hemnani und Jabari Manwa und wird von einem comicesken, aber einprägsamen Posaunen-Riff dominiert, womit das Instrumental an „Frankie Sinatra“ von The Avalanches erinnert. Zudem wurde „Break Da Law ’95“ von Three 6 Mafia gesampelt. Problematisch nur, dass der an sich starke Beat viel zu laut abgemischt wurde, die Vocals daher nicht immer verständlich sind. Für die Album-Version wird dieser Makel hoffentlich behoben.
Abgeschlossen wird der Song mit einem Switch zu Kevin Abstracts „Hood Still Love Me“-Hook. Die Szenen dazu filmte er selbst; anders als die Aufnahmen zu „If You Pray Right“, die erneut von Spencer Ford stammen. Für die zweite Video-Single steckte er die BROCKHAMPTON-Mitglieder in metallische Jumpsuits und engagierte ein paar blau bemalte Menschen sowie eine Marching Band. Ein bisschen wie eine Mischung aus Blue Man Group und dem „Wheniamondamic“-Video von Lootpack, die hier Ford für die selbsternannte „Boyband“ entwarf.
Frei von Religion ist schließlich die dritte Video-Single „Boy Bye“, auf der alle rappenden und singenden BROCKHAMPTON-Mitglieder vertreten sind. Dementsprechend breit ist das inhaltliche Spektrum. Hervorstechend aber die Auseinandersetzung mit Depressionen und Ängste, die Dom McLennon mit Zeilen wie „Ayy, everybody ask me how I deal with my depression/Man look, I don’t got the answer to your question“ oder Kevin Abstract mit „Trauma got me fucked up, my mama got me fucked up/My lil‘ ni**a locked up, it’s like Hakuna Matata“ vornimmt.
Der Beat, eine weitere Produktion von Romil Hemnani und Jabari Manwa, entfacht Latino-Vibes und weist Strings auf, die eine ähnliche Rolle einnehmen wie das Posaunen-Riff in „If You Pray Right“. Auch für das Video zu „Boy Bye“ war Spencer Ford zuständig. Diesmal verpasste er Dom McLennon eine Basketball-Montur, ließ Matt Champion in einer gläsernen Box ein Nahverhältnis mit der Kamera eingehen und verwendete für den Part von Kevin Abstract eine bekannte Referenz an den Film „Malèna“.
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