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Lance bleibt ein Loner // Review

Lance bleibt ein Loner // Review

Eineinhalb lange Jahre ist es her, dass wir zuletzt musikalischen Output von Lance Butters bekommen haben. „Angst„, damals noch veröffentlicht unter Four Music, erschien am 12. Oktober 2018. Knappe 560 Tage später sorgte Lance für eine Überraschung. Ohne jegliche Vorankündigung brachte er am am 20. April den Song „Therapie“ und gleich am Tag später die komplette „Loner“-EP.

Die EP umfasst fünf Songs, alle produziert von Kidney Paradise. Der Sound ist wie gewohnt von dystopischen und dunklen Beats geprägt, auch textlich ist die EP nicht sonderlich heiter – sondern erscheint, wie von Lance gewöhnt, in düsterer und schwarzmalerischer Manier. Auch diesmal hält Lance seine Texte anspruchsvoll, sozialkritisch sowie mit einer Prise Weltschmerz und -hass erfüllt.

„Wenn ‚Blaow‘ die Wohnung und ‚Angst‘ der Keller waren, dann ist ‚Loner‘ eine EP über den Charakter, der in diesen Räumen wohnt.“

Lance Butters

Der Song „Riot“ leitet die EP ein. Er kritisiert Gesellschaft und Kirche und zeigt uns die Welt aus einem sehr beklagenswerten Blickwinkel. Das passiert auf einen sehr schweren und mechanischen Beat, welcher automatisch zum Kopfnicken motiviert. In der Hook ergänzen rockigen Riffs. Ähnlich wie Disarstar, ist Lance in diesem Track davon überzeugt, dass nicht jeder Mensch das Glück hat, zu erreichen was er will. 

„Erspart mir eure Lebensweisheiten – als würd ne Generation grad nicht dran verzweifeln, predigt ihr den Kids, man kann alles erreichen!
Man! Sagt das nem Jungen, dessen Kindheit gebumst wurd, von Dingen, für die er bis heut noch nen Grund sucht!
Sagt ihm, er muss nur dran glauben, dass es wahr wird! Schließt seine Augen, macht sie auf und – sieht gar nichts! Nada, liegt in der DNA, Mann!“

Kritisiert wird allerdings nicht nur die Gesellschaft. Wer Lance Butters auf Instagram verfolgt und den Song „Free“ gehört hat, weiß, dass er mit seinem Major-Deal gefrustet war und sich vor allem an den Strukturen gestoßen hat.

„Belog mich selbst, belog die Partner, die Zeit investierten, obwohl alles gesagt war.
Scheiß Vertrag, Mann, irgendwann ich am Arsch dran!
Irgendwann komm ich zu Geld, zahl alle aus!
Dann bin ich raus! Free Lance Butters!“

Lance Butters – Free

Knapp zwei Jahre später ist die Angelegenheit zu einer anderen geworden. Mit dem Song „Geld“ schießt er um sich, gegen die kapitalistische Gesellschaft, gegen sein altes Label. Zudem gewährt er uns finstere Einblicke in seine Kindheit. Auch hier fällt der Beat düster und futuristisch aus.

„Denn dieses mal bekommt nicht die scheiß Sony all mein Geld!
Vertrag beendet, ich kann die Scheine quasi schon riechen!“

Das Herzstück der EP ist der Titeltrack „Loner“. Das dazugehörige Musikvideo kann einem einen Grinser und Unbehagen zugleich abverlangen. Textlich geht es auch diesmal düster zu, Lance glorifiziert Weed und zeigt sich deprimiert. Er spielt mit der Sucht und fragt, ob es sich überhaupt darum handelt. Mit Fremden möchte er noch immer nicht connecten, lieber hält er seinen Kreis klein und bleibt alleine. Die Ausnahme ist der Beat, der recht seicht ist und wie verzaubert wirkt.

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„Behalte dein Endorsement, fick dich und deine Co-Worker!
Ihr braucht mich nicht zu supporten, seit Tag eins mit den Gleichen, und alle immer da, wenn es heiß wird!
Der Kreis bleibt klein, ist kein Shit-Talk!“

Natürlich rechnet Lance auch mit der Deutschrapszene ab, Features gibt es im Hause Butters schon lange nicht mehr. Kein Wunder, wenn man sich den Song „Tot“ anhört. Lance knöpft sich damit die gegenwärtige Szene vor.
Seine Bestandsaufnahme lässt nicht viel positives erblicken. Lance kann diese „scheiß Szene einfach nichts bieten“, wie der Track klarmacht.

„Mann, echt nicht, ich wünsch‘ euch die Pest, Mann, yeah!
Egal was ich auf ‚Angst‘ vielleicht preisgab – Ich fick‘ jeden von euch, ganz einfach!
Brauch‘ den Fakt nicht in Lines zu verstecken. Ich allein jag‘ mir Angst ein, ist die Message.
Mich fickt diese Szene, doch sie gibt nicht gu, sondern klaut nur meine Zeit, als wär sie Diebesgut! Keiner von ihnen hat Anspruch, aber Hauptsache die Tanz-Moves, ne!
Die haben keine Qualität, die sind nur fleißig, doch so generiert man heute halt ’n yeah! Penetriere die Gefolgschaft mit Vollgas, und stopf’s ihnen rein, bis sie die Schnauze voll haben!“

Fazit: Wer sich eine sprunghafte Weiterentwicklung von Lance gewünscht hat, dürfte hier enttäuscht werden. Generell kommt es einem so vor, als würde Lance quasi dieselben Dinge sagen, die er schon 2012 gesagt hat, nur dass dabei mittlerweile eine sachlichere Betrachtung der Gesellschaft mitschwingt. Für Fans, und Liebhaber dieser Art sollte das allerdings kein Problem darstellen, sie zeigen sich bestimmt erfreut über die Überraschungs-EP. Generell klingt „Loner“ nach einem Werk, das ein zutiefst unglückliches und pessimistisches Individuum geschrieben hat. Das, was Lance eben ausmacht. Soundtechnisch sind die Tracks auf hohem Niveau, auch hinsichtlich Reimtechnik und Wortwahl bleiben keine Wünsche offen.

3 von 5 Ananas