Zeichen setzen mit Zeichensätzen. Mag Rap, Reisen und gutes Essen.
Akua Naru im Wiener WUK. Keine Seltenheit, schließlich ist die Alleskönnerin aus New Haven vor geraumer Zeit nach Köln gezogen, hat bei Jakarta Records angeheuert und tourt gerne und regelmäßig durch die Haupt- und größeren Nebenstädte Europas. Mit einer kalkulierbaren halben Stunde Verspätung erscheint die Band der US-Amerikanerin auf der Bühne und liefert ein instrumentales Intro, das auf Großes hoffen lässt. Dann betritt die Meisterin der Zeremonie selbst die Bühne und legt direkt mit zwei Nummern vom neuen Album los. Die Crowd wirkt zu Beginn etwas verschlafen, doch Akua Naru macht schnell deutlich, dass sie sich mit Halbgarem heute nicht zufrieden gibt.
Beeindruckend ist von Beginn an die Qualität des Sounds: Trotz Live-Band und energetischen Drum-Einlagen sind die Texte bestens verständlich und die Instrumente sehr gut ausbalanciert und aufeinander abgestimmt. Großes Lob an dieser Stelle für die Tontechnik im WUK. Mit „Toni Morisson“ und einem Shout-out an ebenjene, folgt nach dem gemächlichen Start ein erstes echtes Highlight. Beeindruckend ist schon bis dahin, wie eingespielt und routiniert alle Protagonisten auf der Bühne zusammenwirken. Nahtlos gehen Nummern ineinander über, werden Einleitungen mit sanften Melodien unterlegt und Emotionen verdichtet. Das Publikum dankt es mit ansteigender Energie und Staunen. Einige ältere Stücke und ein fantastisches Keyboard-Solo später stimmt Naru die Nummer an, auf die fast alle zu warten scheinen. „How Does It Feel“ besticht live durch instrumentalen Minimalismus und die volle Präsenz der Stimme der Künstlerin, welcher auch die Anstrengung der Tour samt Heiserkeit nichts von ihrer Energie nehmen kann. Ein ausgedehntes Saxophon-Solo und eine Freestyle-Einlage der US-Amerikanerin, in welcher sie sich augenzwinkernd als „Such a shy girl“ outet, runden eine der stärksten Nummern des Abends ab.
Mit der „most important question of the night”, nämliche jener nach der Liebe für den Funk, wird ein rasanter Tempowechsel eingeleitet, der erstmals die ganze Crowd zum Tanzen bringt und ungeahnte Energien freisetzt. Im Anschluss erzählt Naru vom ständig wachsenden Publikum bei ihren Wien-Shows im Laufe der vergangenen Jahre und schafft damit die Überleitung zu „Mama I Made It“, einer neuen Nummer, die an das Selbstvertrauen jedes und jeder Einzelnen appelliert. „Political black power music“, wie Naru selbst sagt. Im Anschluss folgen mit „My Mother’s Daugther“ und einer weiteren höchst politischen Nummer vom neuen Album inklusive starkem Apell für Widerstand und Zusammenhalt unter den „guten Menschen“ die offiziell letzten Tracks. Eine deutliche Forderung nach Zugabe später, stehen allerdings alle sechs Musiker wieder auf der Bühne und verlängern das Programm um mindestens eine halbe Stunde. Als (Rap-)Schlusspunkt einer sensationellen, beinahe zweistündigen Show gibt es „The World Is Listening“, was frenetisch gefeiert wird, ehe die ganze Band ein weiteres Mal vorgestellt und gebührend verabschiedet wird und schließlich zusammen mit der charismatischen Rapperin die Bühne verlässt. Nur einer, der Drummer, scheint noch nicht genug zu haben und so bekommen jene zwei Drittel des Publikums, die noch Kraft haben, eine 15-minütige One-Man-Show geboten, die ihresgleichen sucht. Manch einer kann ob Überlänge und Energie dieses Abends nur noch fassungslos den Kopf schütteln. Danke Akua Naru und danke an die fantastische Band, ihr habt dem Wiener WUK einen denkwürdigen Abend beschert. Bis (hoffentlich) nächstes Jahr!
Weitere Fotos von Moritz Nachtschatt:
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