In der vergangenen Woche sind zahlreiche Alben, EPs und Videos erschienen – wie gewohnt (halbwegs) kompakt im Austro Round-up zusammengefasst.
Releases
Fate & Rice Master Yen – Passagen EP
Österreichische Rapper auf Produktionen von Rice Master Yen? Eine mittlerweile sehr vertraute Kombination. In den vergangenen zwei Jahren waren bereits Drexor, Fellowsoph, Hightauer und Seha Eks auf meist entspannten Loops des Berliners zu hören. Zu ihnen gesellte sich kürzlich Fate auf der „Passagen“-EP, bestückt mit drei kurzen Tracks. Der Grazer präsentiert sich mit gewohnt hohem lyrischen Anspruch an sich selbst philosophisch, wobei er etwa auf Episoden seines Reifungsprozesses zurückblickt und sich mit seinem Hang zur Melancholie auseinandersetzt. Im Video zum Titeltrack ergänzen regenreiche Bilder, die in Berlin entstanden sind, wo Fate eine Zeit lang studiert hat.
Faun – C-19
Erst gut zwei Wochen ist es her, dass mit „Gönn‘ dir“ das Debütalbum des Club der Menschen erschienen ist. Für Faun, Gründungsmitglied der Wiener Freestyle-Crew sowie des gleichnamigen TV-Formats, ist das kein Grund für eine Verschnaufpause. So legt der Rapper aus Wien-Atzgersdorf gleich mit einer Solo-EP nach – mit über zehn Tracks eigentlich auch schon wieder ein Album. Nach dem Motto „Stillsitzen, Nachdenken, Punchline“ liefert er damit einige mit gegenwärtigen Beobachtungen bespickte Tracks, wie bereits der Titel „C-19“ andeutet. Erfreulicherweise präsentiert er sich in guter Form und liefert keine 0815-Abhandlung der Ereignisse der vergangenen Monate, sondern rappt im größeren Rahmen über Debatten und Probleme rund um das Virus sowie allgemeine Gegebenheiten – auch im Hinblick auf die fortschreitende „Nationalverdummung“.
Fiio – Bling Bling Opernring
Irgendwo zwischen jazzigem R’n’B und HipHop mit romantischer Singer-Songwriter-Ästhetik hat sich der Musiker Fiio eingefunden. Diesen angekündigten Genremix liefert er uns mit seinem Debütalbum „Bling Bling Opernring“. Mit einem angemessenem Maß an Autotune, Wiener Slang und Charme in der Stimme singt und rappt der Badener über jungen Herzschmerz, das Nachtleben und Tagträumereien. Das spiegeln auch die träumerischen, mit analogen Instrumenten ausgestalteten Beats entsprechend wider. Dadu erzeugt ein gewisses Bandgefühl und erinnert ein wenig an ähnliche Allround-Sound-Experimente wie Von wegen Lisbeth. Aber dann halt auch irgendwie nicht, schließlich macht Fiio hauptsächlich sein eigenes Ding. Dabei unterstützen ihn auf seinem Album unter anderem die österreichische Sängerin Eli Preiss und der deutsche Rapper Souly.
Pirmin – Bergfuir
Was haben Die jungen Zillertaler und Dr. Dre gemeinsam? Richtig, sie sind beide auf der neuen EP von Pirmin vertreten. Wie jetzt, als Featuregäste? Nein, das hätte das Budget vermutlich gesprengt. Stattdessen hat der Tiroler Produzent und DJ sie auf der Beat-EP „Bergfuir“ gesampelt, obendrein kommt eine Zither zur Geltung. Eine interessante Kombination also, die Pirmin da in den Topf gehaut hat. Sein Ziel? Den heimatlichen Bergen musikalisch einheizen. Vielleicht ruft ein Abspielen mit der richtigen Lautstärke ja gejodelte Props als Anerkennung hervor. Für den bei Duzz Down San aktiven Produzenten ist die kleine EP bereits das dritte Release im laufenden Jahr. Zuvor sind bereits das Album „Kontakt“ mit Sonde44 sowie eine Beat-EP mit der Zammer Kombo „Disconnected“, bestehend aus Testa, Spinelly und Mo Cess erschienen.
Ernst – Purer Ernst
Zwölf Songs finden sich auf „Purer Ernst“ ein, Unterstützung bekommt Ernst dabei in Form von Features von Ran DMC, Ghosta, Konplex, PhööniX sowie Shogun. Geprägt von prägnanten Lines, Namen- und Marken-Droppings und diversen Soundbildern zeigt sich Ernst mal ernster, mal selbstironisch. Er chillt „so wie Sido im Block“ und verprasst sein Geld im Club, auch wenn er sich für den Rest des Monats von Fertigsuppe ernähren muss. Während auf „Keine Panik“ Techno-Elemente einfließen, klingt „L.O.V.E“ poppiger. Auf „Nikotin“ beweist Ernst seinen punktgenauen Flow, rappt mal schnell, mal langsam. Durchdachte Wortspiele wie „Denn ich hab laufend einen sitzen, wie bei Huckepack-Rennen“ sorgen für kleine Schmunzler zwischendurch.
Videos
Kinetical, P.tah & Wolfi F. – A.K.N.F.
Dass Kinetical & P.tah regelmäßig auf Grime-Bangern von OH91 abliefern, dürfte sich schon langsam herumgesprochen haben. Für Wolfi F. ist das Feature auf „A.K.N.F.“ (All Killer, No Filler) hingegen eine kleine Premiere, war er als Hälfte von siebzig prozent bislang vor allem mit drogenfreudigen Lines auf Boombap-Beats zu hören. Nachdem er sich zuletzt eher aufs Produzieren konzentrierte, vollendet er nun auf dem Track die Wien-Linz-Graz-Bristol-Connection. Dabei präsentiert sich dem Trackmotto entsprechend hungrig, vermischt lyrisch seinen Selbstfindungstrip mit Anti-Image-Raps. „Mach überzeugende Schritte in euer Gefilde, noch immer kein bisschen Kommerz“, rappt er etwa, unterstützt von einem Handymeer im teils in Budapest entstandenen Video. Schwer fällt es ihm jedenfalls nicht, seine Persona von eingestreuten Bildausschnitten wie diesen abzugrenzen – vor allem wenn die Raps so treffen wie hier.
Beloskoni – Wien bleibt Untergrund
Beloskoni schickt der Wiener Rapszene mit seinem neuen Song gleich mal mit dem Titel eine Message „Wien bleibt Untergrund“. Doch Beloskoni ist nicht nur bei den österreichischen Untergrund-Rappern bekannt, sondern auch bei den Untergrund-Kunden. Auf einem eigens produzierten, gemixt und gemasterten Beat präsentiert sich der Oniki-Labelgründer in gewohnter In-die-Fresse-Attitüde und repräsentiert die Wiener Straße in ihrer ganzen Ehrlichkeit: Als ihr Dealer. „Im Untergrund bekannt/Ich bin Dealer/Du bist Kunde“.
pan kee bois – Aha
Mit ihrer neuen Single „AHA“ sind die pan kee bois anscheinend noch ein bisschen tiefer in die Trap gerutscht. Im Vergleich zu ihrem letzten Release, dem emotionalen Liebestrack „Zu mir“, bieten sie diesmal ein weniger tiefsinniges Kontrastprogramm. Auf einem Flötenbeat des hauseigenen Rappers und Produzenten srsly und dem Co-Produzenten HARDY flexen die Buben mit frechen Lines. Zum Trap-Beat gesellen sich Motorgeräusche und quietschende Reifen, die dem Namen ihres Künstler-Kollektivs Racing Team alle Ehre machen. Zwar fallen die Parts ein bisschen flach aus, aber spätestens bei der Hook wird es schwer, sich selbst davon abzuhalten, laut „Aha“ mitzuschreien. Dabei erscheint auch der Titel der Single passend, denn die pan kee bois scheinen etwas verstanden zu haben: wie man einen Banger macht.
Grandmaster Flow & Omar Khir Alanam – Risiko
In seinem Slam-Text behandelt Omar Khir Alanam, was es bedeutet, in einer Gesellschaft aufzuwachsen, in der ein Liebesbrief mehr „Risiko“ birgt als eine Waffe, das Risko aus Damaskus nach Europa zu fliehen und was es heißt, das eigene Leben für die eigenen Wunsch zu riskieren. Aus diesem Text entsteht der gleichnamige Track mit Grandmaster Flow, der den beiden den Auftritt beim Festival „VIELFALT.in.CONCERT“ in Linz 2019 sicherte.
Bacardy52 – Amorfati
Wie schon bei seinem Vorreiter „Honeypot“ kommen auch beim neuen Track von Hanuschplatzflow-Member Bacardy52 Beat, Text, Mix und Mastering von ihm selbst. Wie die Videobeschreibung verrät, hat der Salzburger sogar den „Vodka für künstlerischen Ausnahmezustand“ bezahlt, lediglich die Video-Produktion führte er nicht selbst durch. Ein Multitalent also. „Meine Augen sind zwar braun, aber überwiegend rot“, rappt Bacardy52 diesmal, womit er sowohl die inhaltliche, als auch visuelle Thematik und Umsetzung des Tracks zugleich zusammenfasst.
Xéna N.C. – A.hole
Bei Xéna N.C. hat sich allen Anschein nach einiges an Wut angestaut. In „A.hole“ rechnet sie in allen Facetten mit der Ex ab. Während zu Beginn noch Lines darüber durchsickern, dass Xéna sie vermisst, heißt es alsbald „You better be sorry ‚cause you are an asshole„. Das Konzept zum düster gehaltenen Video stammt von der Wiener Rapperin und ihrer Femme-DMC-Kollegin Dacid Go8lin, es zeigt Xéna auf der Wiege von Verzweiflung und Wut zum Wahnsinn.
Weiteres
Darüber hinaus haben etwa Syc Tyson mit „Puderzucker“, Konsenz mit „Endstation Floridsdorf“ sowie Lobato6800 mit „Wiedermal“ neue Tracks veröffentlicht.
Aus dem aktuellen Album „Zucker“ hat Da Staummtisch den Track „Sta am Schädl“ visualisiert.
In der Originalversion Anfang 2019 erschienen, ist zu Soias Track „Run With Wolves“ kürzlich ein Remix der deutschen Produzentin C.O.W. 牛 erschienen
Text: Simon Nowak, Chiara Sergi, Francesca Herr & Mira Schneidereit