1/3 Instrumentals, 1/3 Underground-Deutschrap, 1/3 Emotrap, wo hoid jemand bissi…
In dieser Reihe widmen wir uns monatlich den neuen Releases der Beat- und Instrumental-Szene. Das Meer an großartigen Beats wird von Tag zu Tag größer und nur die wenigsten Produzenten erhalten gerechtfertigte Credits. Darüber hinaus gibt es regelmäßige Instrumentalreihen – viele der Projekte gehen allerdings in der Flut an Releases einfach unter und werden nicht mit einem eigenen Artikel gewürdigt. Dennoch sind sie relevant genug, um ihnen eine Plattform zu bieten.
Cookin Soul – Diggin‘ Stories
Die Spanier Cookin Soul haben sich über die Grenzen Europas hinaus einen exzellenten Ruf als Produzenten von Bangern erarbeitet. Da sich Zock vor einiger Zeit zurückgezogen hat, ist aus dem Duo mittlerweile das Solowerk von Big Size geworden, der nun alleine unter dem Trademark-Namen an Beats schraubt. Am qualitativ und quantitativ starken Output hat das aber wenig geändert, denn Cookin Soul versorgt nach wie vor zahlreiche namhafte US-Rapper mit satten Instrumentals. Stilistisch reicht die Bandbreite von Boombap über smooth-soulige Sounds bis hin zu westcoastartigen Klängen. Die Vielseitigkeit zeichnet auch das erste Instrumentalalbum „Diggin‘ Stories“ aus – die drei Releases der „Marvelous Adventures“-Reihe stellten schließlich „nur“ Kompilationen diverser Instrumentals von bisher veröffentlichten Tracks dar. – Simon Nowak
Khruangbin – Con Todo El Mundo
Schenkt man den Erzählungen der Houstoner Instrumentalband Khruangbin Glauben, haben ihre drei Mitglieder einst bei Diskussionen über Thai-Funk-Platten aus den 1960er-Jahren zusammengefunden. Kein Wunder also, dass der Bandnamen aus dem Thailändischen kommt (Übersetzung: Flugzeug) und auch einige Tracks eine Reinkarnation fernöstlicher Klänge darstellen – kombiniert mit feinsten, psychedelischen Surf-Rock-Klängen, Soul-Elementen und vereinzelt eingesetzten, fast stoisch vorgetragenen Vocals. Am neuen Album „Con Todo El Mundo“ sind die Einflüsse mannigfaltiger: neben orientalischen Gitarrenmelodien, die an iranische Musik aus der Zeit vor der Islamischen Revolution im Jahr 1979 erinnern, ist etwa auch eine Hommage an kreolischen Zouk aus den Französischen Antillen vertreten. Ein runder Instrumental-Trip, der beim Hören effektiv in Gedankenwelten versetzt. Mehr dazu gibt es hier. – Simon Nowak
The Jefferson Park Boys – Casual Horns, Dog
Als „Contemporary Dinner Music“ bezeichnen The Jefferson Park Boys den Sound von „Casual Horns, Dog“. Das Trio aus Los Angeles kommt aus dem Soulection-Umfeld und besteht aus den begnadeten Musikern und Produzenten Kenny Segal, Mr. Carmack sowie Mike Parvizi, also durchaus eine Beat-Supergroup. Die Track ihres gemeinsamen Debüts bewegen sich erwartungsgemäß in lebhaft-doper Manier an der Schnittstelle von Jazz- und HipHop-Sounds. Ein extrem feines Album, in dessen Verlauf diverse Instrumente die Hauptrolle einnehmen. – Simon Nowak
Drae Da Skimask – Gucci Vai Para Baile | Pistola
Als Produzent für zahlreiche Neo-Rap-Artists hat sich Drae Da Skimask in den vergangen Jahren einen guten Ruf erarbeitet. Auf seine druckvollen, trappigen Produktionen haben etwa Yung Hurn („Grauer Rauch“), Meilner („Christus & Blitz“), Black Josh („Yung Ratchet“) oder Caramelo („Wassermann“) zurückgegriffen. Nachdem es kürzlich etwas ruhig um den jungen Londoner Produzenten wurde, sind im Jänner gleich zwei Instrumentalreleases erschienen. „Gucci Vai Para Baile“ und „Pistola“ klingen weitaus experimenteller als sein bisheriges Schaffen, weisen dabei überwiegend portugiesischsprachige, wohl aus Brasilien stammende Samples auf. Fraglich bleibt, wieso er die fünf Tracks von „Pistola“ nicht ins umfangreichere „Gucci Vai Para Baile“ integriert hat. – Simon Nowak
V.A. – PDX2MUC
Mit „MUC2PDX“ wurde Mitte 2016 offiziell das Label Bumm Clack ins Leben gerufen und mitunter auch die Idee für diese Rubrik angestoßen. Nun, gut eineinhalb Jahre und etliche Releases später verbrüdern sich erneut zahlreiche Produzenten aus München und Portland, um erneut ein gemeinsames Tape zu produzieren. Dieses wurde konsequenterweise auf den Namen „PDX2MUC“ getauft und wird von Thirsty City Recordings vertrieben. Wie gewohnt ein von experimentellen und abwechslungsreichen Produktionen durchzogenes Tape, bei dem keine Langeweile aufkommt. – Simon Huber
Stu Bangas – Bane Venom
Als Teil des AOTP-Umfeldes ist Stu Bangas soundtechnisch stark in brachialeren Ausformungen von Eastcoast-Sounds verwurzelt. Das selbstauferlegte Etikett „Brutal Music“ passt zu den wuchtig-düsteren Boombap-Produktionen des Bostoners. Der MPC-Muskelprotz hat bereits Alben mit Blacastan und Czarface-Mitglied Esoteric veröffentlicht, zudem ist eine LP mit Apathy in Planung. Sein jüngstes Instrumentalwerk „Bane Venom“ schlägt stilistisch in eine ähnliche Kerbe, geht dabei durchwegs solide ins Ohr. Im direkten Vergleich lässt Stu Bangas den im selben musikalischen und örtlichen Umfeld stationierten C-Lance alt aussehen, der mit „Mentalz“ kürzlich ebenfalls ein Beattape releast hat. An das Level der comichaften 7L–Produktionen für Czarface kommt er dagegen nicht heran. – Simon Nowak
rzuma – Nightshift // noise. – strains.
Nachdem Dezi-Belle erst Anfang des Jahres einen Instrumentalsampler veröffentlichte (siehe V.A.), legt einer der dortigen Protagonisten rzuma gleich ein ganzes Album hinterher. Neben dem Samplertrack „Deadpresidents“ umfasst das Album gleich 15 weitere Stücke, einer davon im Team mit MF Eistee, dessen Album „Recovered“ ebenfalls erst kürzlich über das Label erschien. Verträumt, Lo-Fi, perfekt für „Nightshifts“ eben. In die gleiche Kerbe schlägt das dritte Dezi-Belle-Release „strains.“ von noise., das noch ein Stück verspulter daherkommt. Das Cover spricht für sich, dope von vorn bis hinten. – Simon Huber
The New Law – A Bull in the Woods
Nach sechs Jahren Pause melden sich die „Spaghettihop“-Pioniere The New Law mit ihrem neuen Instrumentalalbum „A Bull in the Woods“ zurück. Wie das Cover andeutet, behält das Seattler Duo den rostigen Western-Flavour bei. Das groovige Spektakel wird teilweise von Trompeten unterstützt, weist komplexe Soundgebilde und jede Menge Breaks auf. Dass das Album einem Fleckerlteppich gleichkommt, zeitweise ziemlich überladen und chaotisch wirkt, ist durchaus gewollt: „We wanted to create a more unsettling atmosphere where the listener doesn’t get too comfortable. Something where if you left for a minute and came back, it would be different.“ Ergebnis ist ein extravagantes Instrumentalalbum, bei dem einige Sequenzen wunderbar ins Ohr gehen. Allerdings fällt es auch nach mehrmaligem Durchlauf schwer, das Gehörte einzuordnen. – Simon Nowak
KarmawiN – Noir
Seit einiger Zeit schwirren die Beats des Franzosen KarmawiN durch Soundcloud und ähnliche Gefilde. Mit E1K nimmt sich nun endlich ein Label dieser an und gibt im die Struktiuren für eine erste physische Veröffentlichung. „Noir“ überzeugt durch detailverliebten Sound und spannende Samples. Besonders das im Titeltrack genutzte Sample (dessen Ursprung ich leider bis heute noch nicht gefunden habe) glänzte schon bei Beats von Bojanglez und Hieronymuz. Manche Geheimnisse bleiben wohl am besten unergründet. – Simon Huber
Farazi – Days of 90 Pt. 2
Als Nachfolger des vergangenen Mai über Below System Records erschienenen Beattapes „Days of 90“ liefert Farazi nun ein weiteres starkes Instrumentalrelease. Wie der Titel verspricht, bewegt sich der Boombap-Afficionado aus Istanbul mit den zwischen 2014 und 2016 entstandenen Beats erneut ausschließlich in 90-BPM-Gefilden. Viele der 13 samplebasierten Tracks verfügen dabei über einen melancholischen Einschlag, frohsinnige Klänge stellen hingegen eher die Ausnahme dar. – Simon Nowak
Pawcut – Angel Dust
Nach etwa zweijähriger Soloabstinenz – in der Zwischenzeit arbeitete unter anderem an seinem zweiten Album „Boese Zwillinge“ mit Katharsis zusammen – veröffentlicht Pawcut mit „Angel Dust“ ein weiteres epochales (ja, der Begriff trifft zu), hörspielartiges Instrumentalalbum. Die düsteren, trippigen Beats erzeugen eine fesselnde Stimmung. Bemerkenswert auch, wie ein Remix eine komplett andere Atmosphäre schaffen kann, wie es die Neuinterpretationen von Jedi Mind Tricks, Tricky oder Kool Keith zeigen. – Simon Huber
saib. – Sailing
„Sailing“ hat der Gitarrist und Beatbastler saib. sein frisches Album getauft. Es bietet smoothe, jazzige Klänge, viel Klavier, positive Vibes, südländische Einflüsse sowie ein paar kurze Sequenzen mit der Stimme von James Bond. Die zwölf stimmigen Tracks sind als Hommage an tropische Lounge-Musik konzipiert, mit der sich der Marokkaner in den vergangenen zwei Jahren ausgiebig beschäftigt hat. Offenbar sehnt er sich auch im milden Winter in seiner Heimatstadt Casablanca nach wärmeren Tagen – die gibt’s mit Sicherheit in Los Angeles, wo sein Label Cold Busted beheimatet ist. Hinsegeln ist ja vielleicht eine Option. – Simon Nowak
Mummy Club – Afterlife
Über 20 Jahre Erfahrung weist der in der kalifornischen Bay Area stationierte Mummy Club nach eigenen Angaben auf. Denn hinter dem neu formierten Duo stehen die Produzenten AC und Chaz_Emphatic, die etwa schon mit Sadat X, Devin The Dude oder Fatlip zusammengearbeitet haben. „Afterlife“ haben sie komplett mit einer SP1200 auf Samplebasis produziert. Klassischen Golden-Era-Sound gibt’s trotzdem nicht, denn die beiden möchten zeigen, dass man mit dem altvatrischen Sampler auch etwas ganz anderes kreieren kann. Als Einflüsse ihres melodischen Albums nennen sie atmosphärischen, europäischen Jazz sowie SP-Drums aus dem Memphis der 1990er-Jahre. – Simon Nowak
B-Jam vs Enos – Starry Night
Über das Downtempo-Label WeGrowWax ist das neue Werk des Schotten B-Jam vs Enos erschienen. Die 13 sauber ausproduzierten, elektronisch gehaltenen Tracks weisen eine extrem entspannte, smoothe Atmosphäre auf, kommen aber dennoch ziemlich lebhaft rüber. Auch stilistisch hat das Album jede Menge Abwechslung zu bieten: „Neo-Soul intertwines with Electronica creating a coherent game of emotions.“– Simon Nowak
The Alchemist – Paris x La x Bruxelles Instrumentals
Im abgelaufenen Jahr hat The Alchemist im Rahmen einer Kooperation mit Red Bull eine Woche in deren Pariser Studio verbracht, um dort mit einigen frankophonen Künstlern zusammenzusarbeiten. Dafür hat sich der Produzent selbst auferlegt, ausschließlich auf französische Samples zurückzugreifen. Letztlich ist ein Mixtape mit acht Tracks entstanden, an dem sich etwa Roméo Elvis oder Deen Burbigo beteiligt haben. Auch die nun erschienenen Instrumentals sind – eh wie fast immer bei The Alchemist – absolut hörenswert. – Simon Nowak
digitalluc – Re:ups
Seine Beats produziert digitalluc meist in der Nacht, hat er vor einigen Jahren in einem Interview verraten. Nichts ungewöhnliches für Produzenten seiner Sorte, die eher die ruhigen, meditativen Rhythmen bevorzugen. Und doch erklärt es, wie Tracks wie der bis dato wohl bekannteste „Ghettos Worldwide“ oder seine Beiträge zum „Wenn der Vorhang fällt“-Sampler ihren ganz eigenen Charme kreieren. Mit „Re:ups“ veröffentlichte der Wahl-Mainzer erneut ein Sammelsurium aus nächtlichen Inspirationen, die er ganz unspektakulär und nonchalant einfach auf Bandcamp hochgeladen hat, ein physisches Release ist leider noch nicht in Aussicht. Dennoch einer der talentiertesten Produzenten, die derzeit im deutschsprachigen Raum aktiv sind. – Simon Huber
DJ Harrison – Lightpower
Der in Virginia lebende DJ Harrison hat für sein neues Beattape „Lightpower“ ausschließlich sich selbst gesampelt, was teilweise bei längeren Zugfahrten in Europa geschehen ist. Stilistisch bewegt sich der bei Stones Throw aktive Produzent und Multinstrumentalist, der 2017 mit „HazyMoods“ ein sehr ordentliches Instrumentalalbum veröffentlicht hat, in smoothen Jazz-Gefilden, wobei er verstärkt Synths und harte Drums einbaut. Als Ergebnis stehen verträumte Sounds für Zwischendurch. – Simon Nowak
Klim Beats – Natural
Klassischer Boombap-Sound mit verstärkten Anleihen aus Jazz-Gefilden ist das Metier von Klim Beats, der bereits vor wenigen Monaten bereits mit „Spacewalk“ bei Beatshizzle vertreten war. Sein jüngster Streich „Natural“ ist über das Londoner Label Village Live erschienen und fügt sich nahtlos in die restliche Kopfnicker-Diskografie des Ukrainers ein. Physisch ist das Album auf Tape sowie einer roten Vinyl erhältlich. – Simon Nowak
Nim Quartet – Nim Quartet
Rund um den Komponisten und Bassisten Nim Sadot hat sich kürzlich das Nim Quartet gebildet, das in leicht wechselnder Besetzung agiert – neben dem Bandleader fungieren der Keyboarder und der Trompeter als Fixpunkte. Das erste, selbstbetitelte Album der in London ansässigen Truppe ist geprägt von Jazz-Fusion-Klängen, die mit extravaganten Basslines ausgeschmückt wurden – dass der Bass bei den acht Tracks durchwegs eine gewichtige Rolle einnimmt, sorgt für einen interessanten Flavour. – Simon Nowak
haircuts for men – ダウンタンブルと死にますep
Erst kürzlich bin ich auf haircuts for men aus Honolulu gestoßen, der sich im Vaporwave-Umfeld verortet und bereits zahlreiche gratis via Bandcamp vertriebene Releases vorzuweisen hat. Das hier aufgelistete Werk stammt eigentlich aus dem Jahr 2016, ist aber nun mit sechs Bonustracks als Tape-Version neu erschienen. Musikalisch punktet es mit smoothen, jazzigen Tracks. Diese erscheinen sauber ausproduziert und ziehen sich dabei (mit einer Ausnahme) über je mindestens vier Minuten. – Simon Nowak
Smuv – Sundays
Smuv hat eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie ein Sonntag auszusehen hat. Wie auch zuletzt „Munchies“ thematisiert „Sundays“ den Konsum des grünen Golds und stilisiert ihn zum sinnvollsten Zeitvertreib am Ende einer Woche. Wenn dabei weiterhin solche Perlen produziert werden, kann man ihm dabei eigentlich kaum etwas vorwerfen. – Simon Huber
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