Der talentierte Mister BRKN gastiert heute in Wien. Als Support hat sich der Berliner mit Lativ einen regelrechten Newcomer ausgesucht. Lativ hat noch keine Songs veröffentlicht und trat bisher ausschließlich als Feature auf Bausas „Dreifarbenhaus“ und bei dessen Shows in Erscheinung. Heute präsentiert er allerdings nur eigene Nummern, mit Ausblick auf ein baldiges Release. „Wie ihr alle nur dasteht und mir einfach zuhört, aber das ist in Ordnung, ihr kennt ja keinen meiner Songs. Ich weiß, dass es euch trotzdem gefällt!“ Sein Sound, ein Balanceakt zwischen schnulzigem deutschsprachigen R’n’B und Dancehall, ist ein erster Vorbote auf die Liebe, die BRKN im Anschluss erzeugen wird.
Die Bühne im „Flex Café“ schließt direkt an den Publikumsbereich an, kein Fotograben, keine Securitys. Links auf einem weißen Podest steht ein Keyboard, daneben ein Stapel Handtücher. Rechts das DJ-Pult – ebenfalls mit weißer Abdeckung verkleidet – und davor lehnt das Saxophon in der Halterung. Für „Irgendwann“ verteilt BRKN Triangel und Schellenring ans Publikum. „Wien, kommt, jetzt wird getanzt“, er legt das Mikro beiseite und schnappt sich zum ersten Mal sein Saxophon für ein ausgiebiges Solo. Danach nimmt er sich die Zeit, um „ganz natürlich“ für Fotos zu posieren, „schließlich habe ich meine Jacke jetzt noch an, das muss man ausnutzen“. BRKN wirkt mehr als bereit, um das abgesagte Wien-Konzert seiner letzten Tour nun, ein gutes Jahr später, nachzuholen.
„Wir machen heute übrigens das volle Programm, tanzen, ausrasten, dazwischen wieder mal was Ruhiges zum Runterkommen. Und dann kommen auch mal wieder so Espresso-Shots“, er zeigt auf den DJ, dieser spielt James Browns „Sex Machine“ ein und BRKN beginnt voller Energie und mit gewaltiger Selbstsicherheit zu tanzen: „Ja, so läuft das ab“. BRKN präsentiert so sein Moves-Repertoire, bestehend aus „Running-Man“, „Shuffle“, „Poppin'“ und mehr oder weniger „Twerking“. Dabei fordert er jedes Mal dazu auf, es ihm gleich zu tun: „Es sollen einfach alle machen, worauf sie Bock haben – also in einem gewissen Rahmen halt. Heute gibt es nur Liebe, keinen Hass!“ Genau mit dieser facettenreichen Kombination vermag es BRKN, das Publikum in kürzester Zeit um den Finger zu wickeln. Es wird eine energiegeladene Show mit mehr als zufriedenstellender Mitmach-Rate.
Die Scheinwerfer wechseln zu rot, BRKN setzt sich ans Keyboard, spielt die ersten Takte ein und das Publikum beginnt sofort „Ein Zimmer“ zu singen. Plötzlich stoppt er, denn, wie er jetzt bemerkt, ist der Reißverschluss seiner Hose noch offen, „den muss ich mir erst zumachen, sonst kann ich nicht spielen“. Bevor er die zweite Hälfte der Show mit einem neuen Outfit einläutet, spielt er das Interlude aus „Kauft meine Liebe“ am Saxophon. Am Screen wird ein kurzer Sketch von BRKN eingespielt, in dem er versucht, von einem Freund ein günstiges iPhone zu kaufen. Währenddessen zieht sich dieser hinterm DJ-Pult um.
„Wir kommen jetzt zur letzten Phase der Show, die heißt Ausflippen!“, der Dancebreak startet und BRKN springt von der Bühne in die Menge. Er verteilt später noch Wasser und Alkohol ans Publikum, steigt in einem kurzen Smalltalk ein und erzählt, wie er einst – „als echtes Brainwash-Opfer“ – versucht hat, sich eine Playstation auf Raten zu kaufen, aber auch hierfür zu wenig Geld hatte. Im Übrigen sei das Beste, was er je gehört habe, „Kanacken, die Dialekt sprechen“. Umringt von seinen Fans, startet er einen kleinen Moshpit. Als Antwort auf die ihm entgegenschallenden Songwünsche, fragt er kurz, was denn alle sonst so für Musik hören würden, setzt sich wieder ans Keyboard und spielt Coverversionen von Travis Scotts „Goosebumps“, „Pony“ von Ginuwine und Outkasts „Miss Jackson“. Bei „U8“ überrascht er mit der Verwendung einer Talkbox und kombiniert diese abwechselnd mit Keyboard und Mikrofon.
Mit „Uuuh“ präsentiert BRKN als vorletzten Song eine neue Nummer, zu der sein DJ auch gleich seine Scratch-Künste unter Beweis stellt. Das Grande Finale liefert „„Bordeaux“. Hierzu prüft er das Publikum zunächst auf Textsicherheit, ehe er sich beim Einsetzen des Beats sein T-Shirt auszieht, um dann Oberkörper frei am Saxophon zu performen. Über seinem Bauch prangt als Tattoo ein“Kreuzberg“-Schriftzug, den er sich, wie er später The Message erzählt, „einfach so“ tätowieren hat lassen, „weil ich aus Kreuzberg komme“. Verständliches Kopfnicken von Yung Hurn. Nachdem sich BRKN versichert, ob er überziehen darf „ohne Ärger zu kriegen“, spielt er auf Wunsch einiger Zuschauer*innen erneut „Ein Zimmer“, aber „ihr müsst mir helfen, meine Stimme ist nicht mehr so gut. Die guten hohen Passagen müsst ihr singen, ich mach unten“.
Fazit: Auch wenn er im Flex Café vor knapp 200 Zuschauer*innen spielt, ist BRKN auch hierzulande nicht mehr bloßer Kandidat als Support-Act, wie noch beim Prinz-Pi-Konzert im Februar. Und auch die Wunden nach seiner Absage im vergangenen Jahr sind nach dieser Show endgültig geheilt. BRKN lässt bei seiner Performance keine Erwartungen unerfüllt. Mit über 20 (!) Songs stellt er seine Fähigkeiten unter Beweis und zeigt, was in ihm steckt: Ein facettenreicher Entertainer mit enormer musikalischer Expertise, gepaart mit lockerer Ironie und dem gesunden Selbstbewusstsein eines Winnertypen.
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