Seit einem Jahr mischt die United Battle Culture (UBC) die Wiener Battlerap-Szene auf – mit regelmäßigen Events, Freestyle- und Acapella-Battles, spannenden Gästen und einem mittlerweile festen Platz in der hiesigen HipHop-Landschaft. Anlässlich des Jubiläums haben wir mit drei Gesichtern hinter dem Format gesprochen: Sascha (Gründer & Host), Martin (Audio & Orga) und Nex (Video & Grafik). Ein Gespräch über Stromausfälle, übervolle Venues, Battles bei Regen und eine Community, die durch alles hindurch zusammenhält.
The Message (TM): Gratulation zum Einjährigen! Wie war’s, das letzte Jahr mal Revue passieren zu lassen?

Sascha: Schwer greifbar. Wir haben damals bei der Blockparty mit einem kleinen Freestyle Slot gestartet, einfach aus Leidenschaft. Da hat keiner von uns gedacht, dass wir zwei Jahre später, bei unserer eigenen Veranstaltung, vor ausverkauftem Haus stehen. Zwischen den UBC Events bleibt kaum Zeit zum Reflektieren – du bist immer schon mit einem Fuß beim nächsten Abend. Beim Geburtstagsevent haben wir uns zum ersten Mal erlaubt, kurz durchzuschnaufen. Das ganze Team stand vorne auf der Bühne und erst da hat’s wirklich „Klick“ gemacht. Ich kann es immer noch nicht ganz realisieren was alles so in einem Jahr passieren kann. Wir sind sehr stolz.
„Das dritte Event war unser Knackpunkt“
TM: Gibt’s einen Moment, der für euch sinnbildlich für dieses erste Jahr steht?
Alle (gleichzeitig): Drei, zwei, eins .. Stromausfall!
Sascha: Das war das dritte Event (Outdoor). Es war das größte Unwetter, das ich je in Wien erlebt habe. 91 Blitzeinschläge, Wind, Starkregen. 200 Leute flüchten unter die Überdachung – und dann fällt der Strom aus. Wir holen gerade Fellowsoph und Toast auf die Bühne, und plötzlich heißt es: A Cappella! Handylichter an, Kreis gebildet, und los geht’s. Da war so viel Energie vor Ort. Das war nicht einfach Improvisation – das war ein Statement. Und das Battle davor – Flocke gegen Yaamann – war schon absolut ikonisch. Flocke ist ja als MC jemand, der im Battle gerne den „Dämon direkt aus der Hölle“ mimt, so richtig böse, düster – und dann blitzt es hinter ihm auf der Bühne. Das war wie aus einem Film. Der Blitz hat seine Aura einfach perfekt unterstrichen. Es war, als würde das Universum selbst Regie führen. Das ist für mich wirklich ein Moment, den ich meinen Enkelkindern erzählen werde.

Martin: Diese Energie vom Unwetter hat sich richtig auf uns übertragen. Niemand ist gegangen, keiner war genervt – im Gegenteil. Diese Stimmung war elektrisierend. Das hat uns und das Publikum auf eine ganz andere Ebene gehoben.
Sascha: Danach war klar: Das hier ist kein kleines Nebenprojekt mehr. Die Szene hat’s gesehen, die Videos haben sich verbreitet, die Nachfrage ist gestiegen. Das war definitiv der Moment, an dem alles in eine neue Dimension gegangen ist.
TM: Hat sich dann mit der gestiegenen Nachfrage auch das Publikum verändert?
Sascha: Anfangs war’s ein Art Freundeskreis-Format. Man kennt sich, man trifft sich. Aber irgendwann hat sich das gesprengt.

Nex: Unsere Social-Media-Arbeit hat da extrem geholfen. Wir müssen den Leuten nichts verkaufen – die Artists liefern. Ein kurzer Clip reicht oft schon. Die Crowd wächst, das Feedback ist positiv, und es kommen regelmäßig Leute zum ersten Mal. Letztes Mal gingen bei der Frage „Wer ist heute zum ersten Mal da?“ 100 Hände hoch.
TM: Wie läuft’s mit den Teilnehmer*innen? Bekommt ihr da auch ständig neuen Zulauf?
Sascha: Wir freuen uns über jedes neue Gesicht. Es gibt viele, die schon lang überlegen, aber sich noch nicht trauen. Ich sag immer: Einfach machen. Komm zur Quali, schau’s dir an, lern von den Anderen. Niemand lacht dich aus – im Gegenteil. Falls man nicht direkt auf die große Bühne will: Es gibt Open Mic Sessions und Workshops. Toast4me ist z.B. stark in der Newcomer Förderung involviert, macht Coachings, gibt Input. Da passiert einiges im Hintergrund. Und viele, die uns schreiben: „Ich glaub, ich bin noch nicht ready.“ Aber wann ist man das schon? Einfach rauf auf die Bühne, probierts euch aus. Die Qualifikation wird auch nicht gefilmt – also es kann eigentlich nichts passieren. Am 23.05 gibt’s zum Beispiel ein ein Smallroom-Event, ein Acapella Battle mit first appearence Fokus. Dabei sind nur ungefähr 100 Leute in einem Raum. Die Energie wird dort komplett anders sein, viel direkter, viel intimer.
Martin: Manche haben sich in wenigen Monaten von Newcomern zu Fixgrößen entwickelt. Andere battlen regelmäßig, ohne zu gewinnen, aber du siehst: Die Entwicklung ist da. Deren Zeit wird kommen.
„Einige fahren sieben Stunden Zug – nur für die Quali“
TM: Einige der Teilnehmer*innen nehmen ja einiges auf sich, um bei den Battles dabei sein zu können. Was ist da bei euch hängen geblieben?
Sascha: Leute wie Frozen oder Valik aus Deutschland. Frozen fährt beispielsweise mit Krücken (!) nach Wien, um zu battlen. Ohne großes Trara – einfach aus Liebe zur Sache. Das ist crazy.
Martin: Oder Leute aus Kärnten und Vorarlberg, die für die Quali sieben Stunden Zug fahren – auch wenn sie’s am Ende vielleicht gar nicht ins Turnier schaffen. Das zeigt, wie viel das Format den Leuten gibt, und dass keine Reise zu weit ist.
TM: Stichwort Reise – wie geht’s 2025 weiter bei der UBC?
Sascha: Wir wollen UBC weiter öffnen – nicht im Sinne von größer, sondern vielfältiger. Neben Freestyle und Acapella soll mehr Platz für andere Ausdrucksformen entstehen. Das Feedback auf das erste Beatbox-Battle war so positiv, dass sofort klar war: Das bleibt nicht einmalig.
Martin: Die Idee von DJ Battles steht auch schon länger im Raum – das wird vermutlich im Sommer passieren. Dazu kommen Songbattles, die wir schon getestet haben, und neue Formate wie zB ein Loopstation-Battle oder Dance Battles.
Sascha: Uns ist wichtig, dass es zur Szene passt, dass es aus der Community kommt. Am Ende bleibt Battle-Rap unser Herzstück – aber warum nicht auch die anderen Elemente von HipHop präsentieren? Die HipHop Kultur ist so vielfältig und Österreich hat so viele Talente, in allen Disziplinen. Wenn wir es schaffen, diese Energie zu bündeln, kann da noch viel entstehen.
TM: Geplant sind ja nicht nur neue Formate. Das Kollab-Event mit DLTLLY steht vor der Tür. Wie kam das zustande?
Sascha: Ich hab selbst zweimal bei DLTLLY gebattlet. Man kennt sich schon länger und irgendwann haben wir angefangen, über ähnliche Visionen zu reden. Da war sofort klar: Wenn sie wieder nach Wien kommen, dann machen wir das gemeinsam. Für uns ist das wirklich ein Ritterschlag. DLTLLY ist eine der wichtigsten Plattformen im deutschsprachigen Raum. Und die Zusammenarbeit bleibt nicht nur bei einem Event. Unsere Battles werden künftig auch auf battlerap.de erscheinen, die Pay per View Plattform von DLTLLY. Wir behalten Patreon weiterhin für exklusiven Content, aber durch die neue Möglichkeit erreichen wir auch die deutsche Szene direkter.
„Ich will Kreiml & Samurai in einem 2on2 sehen!“
TM: Welche Wirkung haben Battles mit großen Namen – wie zuletzt das Beastboy Battle bei DLTLLY – auf die Szene?
Sascha: Das hat eine extrem große Wirkung! Beastboy hat in kürzester Zeit fast eine Million Klicks generiert. Für den deutschsprachigen Battle Rap ist das riesig – vor allem, weil er eigentlich aus der Musikszene kommt. Das war kein Battle-Head oder Underground-MC, sondern ein Artist mit breiter Fanbase, der gesagt hat: „Ich stell mich da jetzt hin und zeig, dass ich’s kann.“ Und er hat geliefert. Das hat enorm Strahlkraft. Früher sind aus Battle Rap Karrieren entstanden – siehe Finch oder Karate Andi. Jetzt könnte sich das umdrehen: Leute mit Musik Karrieren steigen ins Battle-Game ein. Und das zieht neue Augen auf die Szene. Und es geht nicht um Hype oder Klicks. Es geht um Respekt für die Kunstform. Wer sich auf ein Acapella-Battle einlässt, nimmt sich dafür Monate Zeit. Das ist ein Statement. Es wäre großartig, wenn mehr etablierte Artists das wagen würden – nicht als Gimmick, sondern aus Überzeugung.
TM: Gibt’s Artists aus Österreich, die ihr gerne mal auf eurer Bühne sehen würdet?
Sascha: Ich hab da eine endlos lange Liste (lacht). Liebe Grüße gehen raus: Kreiml & Samurai, Spilif, Monobrother, Donna Savage, Yasmo, Appletree. Es gäbe noch so viele weitere, ich würde alle super spannend finden. Aber Kreiml und Samurai beispielsweise als Duo – das wär krass. Die haben so viel Bühnenerfahrung, so viel Schmäh, das könnte man eins zu eins in ein 2on2-Acapella-Battle übersetzen. Es geht ja gar nicht darum, dass alle auf Battle-Rap umsteigen sollen. Aber schon ein einzelnes Match kann was auslösen – für die Szene, für die Kunstform und auch für die Artists selbst.
Nex: Aber es ist natürlich mit viel Aufwand verbunden. Drei Monate Textarbeit, Vorbereitung, Performance – das ist ein Fulltime-Projekt. Du kannst in der Zeit ein Album schreiben. Aber das Gefühl, wenn im Kreis eine Line zündet, wenn der Raum explodiert – das kriegst du nirgends sonst.
TM: Letzte Frage – was wünscht ihr euch von der Szene?
Nex: Pünktlichkeit (lacht). Und dass es so liebevoll bleibt, wie es ist. Bei uns steht man sich auf der Bühne verbal gegenüber – aber der Respekt ist immer da. Hinter der Bühne liegen sich die Leute in den Armen. Das ist das Geile: Harte Lines und trotzdem Liebe im Raum.
Sascha: Und dass es so weitergeht. Step by step. Die Vision ist groß, aber wir bauen erstmal ein stabiles Fundament. Was in einem Jahr passiert ist, ist verrückt. Wer weiß, was in zwei Jahren ist.

United Battle Culture ist längst mehr als nur eine Battle-Rap-Reihe. Es ist ein Ort, an dem Newcomer und Veteran*innen, Freestyle und Acapella, Humor und Härte aufeinandertreffen.
In der Szene steckt viel Herzblut und Handwerk, genauso wie in den nächsten Events:
- UBC x DLTLLY – am Samstag, den 12. April 2025
- UBC Season 2 Session #4 – am Donnerstag, den 08. Mai 2025
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