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Aufarbeitung des Weltuntergangs // Eloquent & Hulk Hodn Interview

Aufarbeitung des Weltuntergangs // Eloquent & Hulk Hodn Interview

Eloquent by Daniel Shaked © 2016-7480-2
Eloquent

„Für schlechten Rap gibt’s nur einen Grund und das ist der falsche Grund.“ Wenn diese Zeile von Eloquent auf „Fussballprofi“ stimmt, dann haben Hulk Hodn und er eindeutig den richtigen Grund gefunden. Seit Jahren liefern die beiden „konstant hohen (qualitativen) Output“ – Hulk Hodn hauptsächlich im Duo mit Retrogott, Eloquent mit verschiedenen Produzenten (von FloFilz über I.L.L. Will bis Wun Two). Vergangenen September haben die beiden in einer wohl längst überfälligen Kollaboration ihre Kreativität auf „Mit Kanonen auf Spatzen schießen“ gebündelt. Nach einer ausgiebigen Tour dient die „jiggy“ Rote Bar im Volkstheater als Abschluss-Location. Bevor die beiden in diesem besonderen Ambiente ihre Show abliefern, treffen wir sie noch zum Interview. Nachdem es jedoch zu kalt für Käsekrainer und Bier am Würstler ist, begeben wir uns in eines der Cafés am Ring und genießen in der Wärme unser kühles Blondes. Müde von der Tour, dennoch gut aufgelegt, sprechen wir lange über den Tod von Print-Produkten im deutschen Rap, bis wir merken: Langsam sollten wir anfangen, die Jungs haben heute noch einen Auftritt. Also sprechen wir über die platzende Rap-Blase, den stetigen Weltuntergang und schimmlige Hochachtung.

Interview: Jérémie Machto
Fotos: Daniel  Shaked

The Message: Vinyl-Verkäufe boomen laut Medien und Labels. Nehmt ihr davon als Künstler, denen es immer wichtig war, ihre Sachen auf Platte zu pressen und zu verkaufen, Notiz?
Hulk Hodn: Also in meinem Fall nicht. Das ist immer gleich geblieben. Da scheint es eine Fanbase zu geben, die Vinyl kaufen. Aber ich merke nicht, dass die Leute mehr haben wollen. Ich glaube, dass du das in unserem „Kosmos“ nicht merkst. Ich denke eher, dass Major-Acts merken, dass sie mehr Schallplatten verkaufen. Wir haben immer zum größten Teil Schallplatten gemacht. Was mir aber auffällt, ist, dass Fans Platten kaufen, obwohl sie keinen Plattenspieler haben. Einfach nur um Platten zu kaufen. Und dann wollen sie die aufmachen, um sie sich unterschreiben zu lassen und dann wissen sie nicht, wie sie aufgeht. Ich habe einem geholfen und er meinte: „Sorry, ich kenn mich da nicht aus. Ich hab keinen Plattenspieler“. Warum kaufst du dann die Platte? Das ist sehr speziell.

Wollen die Leute einfach etwas Greifbares haben?
Eloquent: Es ist ja nicht zu bestreiten, dass eine Platte einen viel größeren Mehrwert hat als ein MP3-Ordner. Du nimmst es in die Hand, du kannst In-Lays reinmachen, kannst damit spielen. Es ist einfach ein schönes Format. Und um noch mal auf die erste Frage einzugehen: Ich glaube, dass sich in dem Bereich der Musik, die wir so machen, das nicht viel auswirkt.

Hulk Hodn, du meintest in einem Interview, dass die „Rap-Blase bald platzt“. Wie kann man das verstehen?
Hulk Hodn: Die Rap-Blasen platzen alle zwei Jahrzehnte oder jedes Jahrzehnt.

Also in naher Zukunft?
Hulk Hodn: Vielleicht. Aber ich bewege mich nicht in dieser Blase.

Was könnte sie zum Platzen bringen?
Hulk Hodn: Naja, wie früher: Die Major-Labels kamen und haben angefangen, Deutschrap rauszubringen. Dann musste jedes Major einen Deutschrap-Act haben und irgendwann hat einfach keiner mehr Bock darauf gehabt. Und ich habe das Gefühl, dass dieser „Deutschrap-Hype“ schon etwas zurückgeht. Es verändert sich aber auch grad einiges, auch musikalisch.

Hat es auch mit „schlechten“ Signings von Majors zu tun?
Hulk Hodn: Das ist jetzt nicht mehr so auffällig, weil das Internet noch mit im Spiel ist. Wenn du früher was „dick machen“ wolltest, musstest du zu einem Major. Heutzutage kannst du ja schon über’s Internet …
Eloquent: … ein Mixtape raushauen, Hype aufbauen.
Hulk Hodn: Es fällt nicht mehr so auf, dass Majors hinter Sachen stecken. Es gibt Leute, die haben ein Label, dass so heißt wie ihr „Shit“, aber im Endeffekt zahlt der große Major. Es hat aber nicht nur mit Labels zu tun. Es hat auch damit zu tun, dass alle so sein wollen, wie das was gerade angesagt ist. Und irgendwann platzt die Blase und dann muss was Neues her. Die Boom-Bap-Blase platzt demnächst bestimmt. Dann gibt’s nur noch Trap und Cloud-Rap.

Was ist eure Meinung zu der „Bewegung“?
Hulk Hodn: Ich kann damit überhaupt nichts anfangen.

Aber gibt es im Mindstate nicht auch Gemeinsamkeiten? Die „Cloud-Rap“-Szene ist ja auch der Plattenindustrie gegenüber recht negativ eingestellt.
Hulk Hodn: Ich verfolge das nicht wirklich, deshalb weiß ich nicht, wofür die Jungs stehen. Aber ich find’s halt musikalisch nicht ansprechend. Ich bin mit diesem „Trap-Style“ nicht groß geworden.
Eloquent: Dem kann ich mich nur anschließen.

Aber es wird toleriert.
Eloquent: Es gibt ja so viel Musik und wenn man etwas nicht mag, dann muss man sich nicht damit befassen. Wenn ich’s mir ständig geben müsste, würd’s mich ärgern – aber es zwingt mich niemand, das anzuhören. Daher ist das total entspannt. Aber wenn ich auf einer Insel wäre und ich hätte nur ein LGoony-Album dabei, dann hätte ich ein Problem.

Auf eurem Album „Mit Kanonen auf Spatzen schießen“ kommt öfter das Thema „Weltuntergang“ vor.
Eloquent: Auf unserem Album?

Vielleicht nicht explizit der „Weltuntergang“ in dem „Der-Maya-Kalender-geht-zu-Ende“-Sinne, aber einfach die Tatsache, dass die Welt vor die Hunde geht. Was wäre dein Traum-Szenario für den Weltuntergang?
Eloquent: Komische Frage, weil ich mir natürlich nicht wünsche, dass die Welt untergeht. Und ich meine tatsächlich nicht eine Apokalypse im biblischen Sinn oder A-Bombe, sondern den Prozess, der schon in vollem Gange ist und den wir alle vorantreiben. Der langsame, stetige Weltuntergang. Das ist aber nichts, was ich mir wünsche.

Aber wie könntest du ihn dir vorstellen?
Eloquent: Es ist das, was gerade passiert! Wir sitzen hier in einem netten Café und machen ein Interview über Rap-Musik und irgendwo anders ist Krieg, Leute fliehen, Leute ertrinken, werden dumm angemacht, wenn sie gerade wo ankommen und müssen Angst haben und mit komischen Stimmungen umgehen. Das ist alles für mich schon „nasty“. Und was in Amerika abgeht. Es gibt so viele Krisengebiete auf der ganzen Welt und uns geht es natürlich nur so lange gut, wie es anderen richtig beschissen geht. Für unseren Wohlstand müssen andere leiden und das ist ekelhaft.

Eloquent by Daniel Shaked © 2016-7487-2

Und worauf steuert das deiner Meinung nach zu?
Eloquent:
Also auf Deutschland bezogen kriegt ihr das sicherlich mit. Die Stimmung, die dort vorherrscht, und dass die AfD einen Zuwachs erfährt und solche Strömungen generell stärker werden.
Hulk Hodn: Über diese ganzen Gruppierungen, die es jetzt gibt, lachen ja viele, aber es gab schon Zeiten, in denen auch über solche Gruppierungen gelacht wurde und dann …
Eloquent: Das hatten wir alles schon. Und das nehme ich gerade wahr. Meine Eltern sind selber geflohen, aus dem Iran. Wir sind als Flüchtlinge hergekommen. Vielleicht nehme ich das deswegen auch anders wahr als der Patrick (Anm.: Hulk Hodn). Aber es macht mir echt ein bisschen Angst. Nicht weil ich um mein eigenes Wohl Angst hätte – ich sehe nicht sofort aus wie ein Ausländer – sondern einfach diese Stimmung. Die macht einem Angst. Man wird erinnert, dass das alles schon da war – wie Anschläge auf Asylantenheime. Und das findet alles gerade statt.

Gibt es musikalisch bzw. im Rap zu wenig Positionierungen dazu? Wird das im Rap eurer Meinung nach zu wenig thematisiert?
Hulk Hodn: Es gibt in Deutschland Leute, die sich da positionieren, aber ich habe oft das Gefühl, dass das mit einem gewissen Eigennutzen behaftet ist. Es macht halt Schlagzeilen und verkauft sich dann auch gut.
Eloquent: Ich finde es ganz schwierig, das so zu sehen. Falk hat mal was ganz Kluges zu diesem Thema gesagt. Da ging es auch darum, dass sich Rap heutzutage zu wenig positioniert. Und er meint, dass man immer die Erwartung hat, dass Rapper das machen müssen, weil Rap ja politisch sei und weil es offen und multikulturell ist und auch am Anfang schon immer politisch war. Dabei hätten die ersten Rapper aus den USA gerne in den „fancy“ Clubs gespielt, aber sie durften einfach nicht. Sie haben diese Parkjams gemacht, weil es nicht anders ging. Aus einer Notwendigkeit heraus. Dann gab es halt Uptown mit den Clubs, wo dann Leute wie Curtis Blow mit Backround-Tänzerinnen aufgetreten sind. Aber die anderen hätten alle gern in den Clubs gespielt. Das sagt Falk und da bin ich bisschen bei ihm. Man muss nicht denken: Nur weil Rap auf eine Art entstanden ist, dass es das automatisch mit sich bringt, dass es so sein wollte.

Aber trotzdem ist Rap heutzutage nicht Teil des Establishments und wird – mit ein paar Ausnahmen – nicht in den „fancy“ Clubs gespielt. Und gerade durch die Graffiti-Kultur ist man ja oft gegen das System.
Eloquent: Also ich stelle mir die Frage auch, aber nicht davon ausgehend, dass ich finde, dass Rap die Verantwortung hätte, das tun zu müssen. Ich mach’s ja selber auch nicht. Es ist einfach schwierig, politischen Rap zu machen, weil für mich Rap immer eine gewisse Entspanntheit haben muss. Egal, was du machst, es sollte so wirken, als würdest du es „easy“ machen. Sobald das zu politisch aufgeladen ist, wird es hölzern und krampfhaft. Guck dir die Beispiele an politischen Acts an, die es in der Vergangenheit gab. Ich kann damit von vorne bis hinten nichts anfangen.

Man kann’s ja verpacken.
Eloquent: Ich hab ja zwischen den Zeilen Bezüge zu Dingen.

Für die, die’s verstehen.
Hulk Hodn: Genau. Das finde ich aber angenehmer.
Eloquent: Ich glaube, allein aus der Tatsache, dass ich darüber rede, dass ich seit etlichen Jahren „issues“ mit der Ausländerbehörde habe und hatte, ergibt sich, dass ich eine gewisse Meinung habe.
Hulk Hodn: Und es gibt auch genügend „Rap-Leute“, die seit Jahren sozial-kritisch, politische Themen in ihren Sachen haben. Auch wenn es Battle-Rap ist. Hiob, Retrogott zum Beispiel. Und es gibt echt eine Menge. Es ist einfach nur nicht so plakativ.
Eloquent: In meinem Fall muss ich auch sagen, dass ich einfach kein politischer Mensch bin. Ich befasse mich nicht so viel damit, wie ich vielleicht sollte und es ist nichts, was mich jeden Tag beschäftigt. Ich bin auch kein Zeitungsleser. Das ist zwar doof, sollt ich mal machen, aber ich geh die News im Internet oberflächlich durch. Deswegen wäre es „fake“, politischen Rap zu machen.

Aber du machst es wie gesagt zwischen den Zeilen.
Eloquent: Das tue ich aus einer Notwendigkeit heraus, weil es etwas ist, was in meinem Leben präsent ist. Das ist mein persönlicher Kampf, den ich da austrage – zum Beispiel mit der Ausländerbehörde. Aber das ist nicht konstruiert. Das kommt, wenn’s kommt. Wenn ich da gerade einen Termin hatte und abgefuckt bin, dann fließt das in einem Text mit rein. Oder wenn ich bald einen Termin da habe und mir Sorgen mache, ob das klappt. So kann ich mir das anhören, weil es natürlich wirkt.

In dem langsamen Prozess des Verfalls unserer Erde, über den wir vorher gesprochen haben, hast du die USA erwähnt. „Was wenn“ Donald Trump Präsident werden würde?
Eloquent: … würde ich auf jeden Fall hart kotzen. Aber es würde mich nicht mal überraschen, weil es bestätigen würde, dass Wahlkampf – noch mehr als hier – mit sehr viel Geld und Lobbyismus zu tun hat. Der Typ hat halt „mad cash“ und wenn er gewinnt, würde er dieses System einfach nur bestätigen. Es würde mich schocken, aber nicht total überraschen. Aber ich hoffe nicht.

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Eloquent by Daniel Shaked © 2016-7470-2Ende letzten Jahres gab es einen Rechtsstreit zwischen Moses Pelham und Kraftwerk bezüglich eines benutzten Samples. Wie ist das bei euch, hattet ihr schon Probleme mit dem Urheberrecht?
Eloquent: Ich wurde nur einmal angeschrieben, weil wir was benutzt haben. Es war nicht mal der Künstler selbst, der sich da gemeldet hat, sondern sein Management, das da standardmäßig das Netz durchforstet. Das war in einem Intro von einem Tape, das wir mal gemacht haben. Das war eine ganz kleine Auflage, wir haben nur 100 Tapes davon gemacht. Und dann hat mich das Management mit einer subtilen Drohung angeschrieben, dass die einen Anwalt einschalten werden, wenn ich nicht sofort reagiere. Meine Reaktion bestand darin, das Tape runterzunehmen – das war zu der Zeit ein Free-Download – und das Intro zu verändern. Das war das Einzige. Und das kam glaube ich nur, weil irgendein Idiot auf „whosampled“ geschrieben hat, dass wir das gesampelt haben.
Hulk Hodn: Ich hatte bis jetzt noch keine Probleme damit, aber es ist etwas, worüber man sich ab einer gewissen Auflage Gedanken macht. Das verjährt erst nach dreißig Jahren und wenn mich jemand in dreißig Jahren anscheißt für 4000 verkaufte Schallplatten, weiß ich nicht, ob ich das dann bezahlen kann. Bei bestimmten Verkaufszahlen geht es da in Dimensionen, die man selbst als Label nicht mehr stemmen kann. Dann denkst du daran, vielleicht die Auflage kleiner zu halten oder sich mehr Mühe zu geben und das Sample so zu flippen, dass es keiner mehr checkt. Das ist ja eigentlich auch die Kunst. Aber ich versuche, mir nicht zu viele Gedanken darüber zu machen.
Eloquent: „Skizzen in Grau“ habe ich zum Beispiel auf einen Beat geschrieben, den wir dann nicht benutzt haben, weil wir uns Sorgen gemacht haben. Das Hauptproblem war damals, dass das Sample zu neu war. Deshalb ist das auf der Platte quasi ein Remix.

Ist das vielleicht auch das Positive an der Sache? Dass man kreativer werden muss? Vor allem wenn du meinst, dass man probiert, das Sample anders zu flippen und unkenntlich zu machen.
Hulk Hodn: Ich hab mir mittlerweile eine Bass-Gitarre geholt und versuche Sachen selbst einzuspielen und die dann wieder abzusamplen. Das kannst du heutzutage ja alles mit Software zusammenbasteln. Man wird vielleicht etwas kreativer. Verrückt machen will ich mich aber auch nicht. HipHop-Beats funktionieren halt über Sampler. Ich sehe das als Collage. Ich bestehle niemanden, ich mache eine Collage aus Geräuschen. Bei dem Moses-Pelham-Fall ist der Witz, dass diesen Hi-Hat-Loop von Kraftwerk schon andere benutzt haben. Es gibt sogar einen J-Dilla-Beat mit dem Loop. Aber die haben halt alle bezahlt, deswegen fuckt das den Typen nicht ab. Nur bei Moses Pelham, weil der nicht bezahlt hat.
Das neue Album von Retrogott & Hulk Hodn gibt es auch nicht im Vertrieb, wird nur auf Tour verkauft, mit einer kleineren Auflage. Weil es uns in Zeiten des Internets zu gefährlich ist. Die Fans sind zwar teilweise enttäuscht, aber wir sichern uns damit ein bisschen selbst ab. Vielleicht fängt es auch an, dass man Samples jetzt klärt. Damit habe ich kein Problem.

Aber ist der Prozess da nicht etwas zu langwierig?
Hulk Hodn: Ja, das ist das Problem. Das muss man im Album-Release-Plan beachten. Es ist ein Glücksspiel.
Eloquent: Man muss einfach gucken, in welcher Größenordnung etwas stattfindet. Wenn jemand eine Beatplatte macht, von der er 2000 Stück verkauft, weiß ich nicht, ob das irgendwen wahnsinnig juckt. Ich denke, dass die bei 20.000 Stück anfangen zu gucken. Wenn du richtig chartest und das ein Mega-Hit wird.

Dann wird es aber zu einer fairen Geschichte oder?
Eloquent: Genau. Dann kannst du’s ja auch zahlen.

Die Anwaltskosten sind es denen ja sonst auch nicht wert.
Hulk Hodn: Es läuft dann wahrscheinlich so ab, wie wenn du beim Torrentsrunterladen erwischt wirst. Meiner Freundin ist das passiert. Die hat sich zwei Folgen von irgendeinem Schrott angesehen – auf einem Programm, von dem sie nicht wusste, dass das über Torrents läuft. Und dann hat sie zwei Anwaltsschreiben bekommen. Wenn du diese Kanzlei googlest, kriegst du aber direkt andere Anwaltskanzleien, die darauf spezialisiert sind, das zu bekämpfen. Da zahlst du ein bisschen weniger und die drosseln den Preis. Ist so ‘ne Vetternwirtschaft. Ich glaube, dass das beim Sampling auch irgendwann so stattfindet. Da kriegst du dann eine Unterlassungsklage und dann schaltest du auch einen Anwalt ein und das wird dann irgendwie geregelt. Beide haben verdient und du bist der … Ich sample aber gar nicht!
Eloquent: Wenn aber ein Musiker nicht gesampelt werden will, dann muss man das auch verstehen. Und wenn er keinen Rap mag, dann muss man ihn auch nicht vom Gegenteil überzeugen. Aber man muss den Aspekt beachten, dass durch die Sampling-Kultur bei manchen Menschen das Interesse für die gesampelte Musik geweckt wurde. Zum Beispiel für Jazz, Funk oder Soulmusik. Diese Kultur kann viel „breaken“ für Leute. Man wird auf Sachen aufmerksam und interessiert sich über Rap hinaus noch für die Musik dahinter. Bei mir war das so und ich denke, dass das bei vielen anderen auch so ist. Was ist das Grundmaterial? Was ist das Quellmaterial? Und desto unbekannter das Ausgangsmaterial, desto rarer, desto obskurer, desto weniger wirst du Probleme bekommen, auch wenn du einen Hit damit landest. Aber das passiert in dem Rahmen, in dem wir uns bewegen eh nicht. Wenn du einen Nummer-1-Hit landest und Fred Wesley samplest, dann ja. Aber das kann bei uns ja gar nicht passieren, unsere Sachen sind ja teilweise nicht mal im Vertrieb. Das wird gar nicht gewertet.

Das Sampling wird benutzt, um den bestmöglichen Beat zu produzieren. Welche Skills muss ein Rapper an den Tag legen, damit er über einen deiner Beats rappen darf?
Hulk Hodn: Mir muss es gefallen. Mein Hauptkriterium ist: Wenn sich bei mir kein Schamgefühl auftut und ich das funky finde, dann ist das gut. Und alles andere finde ich whack. Wenn irgendwer komische Wörter benutzt und die komisch ausspricht (lacht) und ich das einfach unangenehm finde oder mich schämen würde, wenn ich mit jemandem im Auto sitzen würde und ich das anmache, dann ist das nicht gut. Alles was ich straight pumpe, finde ich geil. Man muss also keine krassen Skills haben. Außerdem muss der Rapper auch Bock auf meine Beats haben.

Umgedrehte Frage: Was muss ein Beat für dich vorweisen, damit du darüberrappst?
Eloquent: Ich kann seine Antwort übernehmen. Es ist ungefähr dasselbe. Ich höre schon sehr lange diese Musik und ich merke sehr schnell, ob mir etwas zusagt oder nicht. In seinem Fall war ich einfach ein Fan. Es kann an keinem, der im deutschsprachigen Raum lebt, vorbeigehen, was die beiden (Anm.: Hulk Hodn & Retrogott) in den letzten Jahren gemacht haben. Ich war von ganz früh an ein Riesenfan. Es war auf jeden Fall ein Traum für mich, als sich das ergeben hat. Und die Beats … da brauchen wir nicht drüber zu reden.
Hulk Hodn: Ach!
Eloquent: Tatsächlich hat Patrick mich gefragt. Wir haben uns auf einer Jam getroffen, wo ich zufällig einen seiner Beats in meinem Live-Set benutzt habe. Er hat sich das angehört und meinte dann, ob wir nicht was machen wollen.
Hulk Hodn: „Lass mal was machen.“
Eloquent: Ich will nicht cheesy klingen, aber es ist echt eine Ehre und eine Freude und es wäre echt blöd, wenn ich dazu „nein“ sagen würde. Vom „Fansein“ zum „Miteinandermachen“ ist einfach das Beste, was es gibt.

Weil du von Fantum sprichst: In „Imagesäge“ sagst du „Wenn Hochachtung einen Gewissen Grad erreicht, wird sie schimmelig“. Wann ist dieser Grad erreicht?
Eloquent: Schwierige Frage … Ab wann wird es schimmelig?
Hulk Hodn: Ab da, wo der Hochgeachtete kein fettes Material mehr abliefert.
Eloquent: Es gibt da ein paar Sachen in Deutschland, die ihren verdienten Status haben. Aber wenn man es nur noch feiert, weil es einen Status hat, dann ist das falsch. Entweder fühlt man etwas und weiß es zu schätzen, weil es gut ist oder nicht. Dieses „Aber das ist ein Klassiker!“ – das finde ich ein bisschen eklig. Aber es ist jetzt auch keine bierernst gemeinte Line. Falls du denkst, dass ich das auf die Stieber Twins beziehe: Ich bin ein Riesen Stieber-Twins-Fan und das hat einfach nur geil gepasst mit dem „Das, was ich weiß, das weiß ich!“. Ich fand’s einfach funny. Ich mache mir beim Schreiben nicht so viele Gedanken. Ob das jemand komisch auffassen könnte und so.

Passiert das manchmal?
Eloquent: Ja so etwas ist schon vorgekommen, aber nicht mit Leuten, die dir ein Begriff wären. Es war immer so, dass ich diejenigen nicht gemeint habe. Die haben sich aber dann angesprochen gefühlt. Am Ende denke ich mir: Wenn du dich angesprochen fühlst …
Hulk Hodn und Eloquent im Chor: … dann meine ich dich auch.